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ZurückDiese Woche fanden in Brüssel zwei Workshops zum geplanten EU-USA-Freihandelsabkommen (TTIP) statt. Die linke GUE/NGL-Fraktion veranstaltete ein Hearing im Europäischen Parlament, Gewerkschaften und zivilgesellschaftliche Organisationen, darunter AK und ÖGB, organisierten einen Workshop über die geplanten unabhängigen Schiedsgerichte (ISDS) in TTIP.
Bei der Veranstaltung der GUE/NGL präsentierte Jeronim Capaldo von der amerikanischen Tufts University eine Studie über die Auswirkungen von TTIP auf Wachstum und Beschäftigung. Für den Wissenschaftler war relativ klar, dass TTIP eher negative Effekte auf den europäischen Arbeitsmarkt habe, während die USA minimal davon profitieren würden. In Europa würde die Arbeitslosigkeit durch TTIP steigen und die Privatverschuldung höher werden, da den Menschen weniger Geld zur Verfügung stünde. Als Grund führte er den verstärkten Wettbewerb an, der durch eine transatlantische Freihandelszone entstehe, welcher Produktivitätssteigerungen und eine Reduzierung der Lohnquote auf amerikanisches Niveau erfordere. Während in den USA der Anteil der Löhne am BIP um die 53% betrage, liege dieser Wert in europäischen Staaten in der Regel (noch) über 60%. Der Anpassungsdruck durch TTIP werde somit laut Capaldos Prognosen dazu beitragen, dass die europäischen ArbeitnehmerInnen weniger an der gesamten Wirtschaftsleistung teilhaben werden. TTIP sei also im Gegensatz zu den Beteuerungen der Kommission kein Motor für Wachstum und Beschäftigung in Europa, sondern verschlimmere eher bekannte Probleme wie Arbeitslosigkeit, niedrige Löhne und Instabilität des Finanzsektors.
Der Vertreter der Europäische Kommission, Lucien Cernat, kritisierte Capaldos Studie heftig. Diese erfülle nicht die Qualitätskriterien der europäischen Institutionen und vergesse, die Auswirkungen der Abschaffung der nichttarifären Handelshemmnisse adäquat einzuberechnen. Zudem argumentierte er, dass die Löhne in exportorientierten Betrieben in der Regel höher seien als in anderen, was der Lohnsenkungsthese von Capaldo widerspreche. Dass es gewisse Umstrukturierungen und Verlagerungen im Arbeitsmarkt geben werde, sei klar. Bestimmte Sektoren würden wichtiger, andere unwichtiger. Dies wäre aber auch ohne TTIP der Fall.
Alex Izurieta von der UNO-Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD) verteidigte Capaldos Ergebnisse, die auf einem innovativen Berechnungsmodell basierten, das von UNCTAD ausgearbeitet worden war. Aus seiner Sicht habe Freihandel in der Praxis immer zu Instabilitäten in der Finanzwelt und zu einem Einbrechen der Binnennachfrage geführt. Es handle sich um ein „race to the bottom“. Weiters sei es unglaublich schwierig, aus Freihandelsabkommen wieder „hinauszukommen“, wie Beispiele auf der ganzen Welt zeigten. Länder, die dies versucht hätten, seien von PrivatinvestorInnen verklagt worden.
Der zweite Teil der Veranstaltung beschäftigte sich vor allem mit „Regulatory Cooperation“ in TTIP. Geplant ist zurzeit, einen Mechanismus auszuarbeiten, der gemeinsame Regulierungen von USA und EU ermöglicht. KritikerInnen befürchten nicht nur eine Senkung der Qualitätsstandards, sondern auch eine Umgehung des demokratisch gewählten Gesetzgebers. Ronan O’Brien, ein unabhängiger Forscher, legte dagegen die Vorteile von Regulierung dar, die positive Effekte z.B. auf die Gesundheit der Menschen habe. Die geplante „Regulatorische Kooperation“ bringe laut EU-Kommission jeder Bürgerin bzw. jedem Bürger ca. 2 Euro pro Woche. Wegen so eines geringen Betrages das Wohlbefinden der Menschen aufs Spiel zu setzen, sei laut ihm nicht gerechtfertigt.
Myriam Vander Stichele von SOMO, einer unabhängigen Organisation welche die Auswirkungen der Tätigkeit multinationaler Konzerne auf Mensch und Umwelt untersucht, sprach über die Gefahren, die TTIP für die Finanzmarktstabilität bedeute. Durch mehr Wettbewerb würden Banken und InvestorInnen wieder mehr Risiken eingehen, was sie an die Situation vor der derzeitigen Krise erinnere. Eine gemeinsame Aufsichtsbehörde oder Kapitalverkehrskontrollen, die durchaus nützlich wären, seien dagegen nicht angedacht. Insgesamt fand sie es unverständlich, warum dieser Bereich überhaupt in TTIP aufgenommen werde, da sich daraus kein Mehrwert für die Gesellschaft ergebe.
Bei dem zweitägigen AktivistInnentraining zu ISDS, an dem auch AK EUROPA und das ÖGB-Europabüro teilnahmen, tauschten sich unterschiedliche Organisationen und Gewerkschaften zum geplanten Investitionsschutz in TTIP aus. Die rund sechzig TeilnehmerInnen aus ganz Europa berieten über gemeinsame Strategien gegen ISDS. Gus Van Harten, Professor der Rechtswissenschaften in Kanada, gab einen tiefen Einblick in laufende Investitionsschutzverfahren. Als praktisches Beispiel, wie eine ISDS-kritische Kampagne aussehen kann, führten Vertreterinnen der AK und des ÖGB ihre Erfahrungen mit der online-Kampagne gegen ISDS an. Der zweitätige Workshop zeigte, wie wichtig die Koordination und Kooperation innerhalb der Zivilgesellschaft ist, vor allem zwischen NGOs und Gewerkschaften, da nur gemeinsame Aktionen ein relevantes Gegengewicht zum dominanten Einfluss der Wirtschaftslobbies auf die EU-Politik schaffen können.
Der Vertreter der Europäische Kommission, Lucien Cernat, kritisierte Capaldos Studie heftig. Diese erfülle nicht die Qualitätskriterien der europäischen Institutionen und vergesse, die Auswirkungen der Abschaffung der nichttarifären Handelshemmnisse adäquat einzuberechnen. Zudem argumentierte er, dass die Löhne in exportorientierten Betrieben in der Regel höher seien als in anderen, was der Lohnsenkungsthese von Capaldo widerspreche. Dass es gewisse Umstrukturierungen und Verlagerungen im Arbeitsmarkt geben werde, sei klar. Bestimmte Sektoren würden wichtiger, andere unwichtiger. Dies wäre aber auch ohne TTIP der Fall.
Alex Izurieta von der UNO-Konferenz für Handel und Entwicklung (UNCTAD) verteidigte Capaldos Ergebnisse, die auf einem innovativen Berechnungsmodell basierten, das von UNCTAD ausgearbeitet worden war. Aus seiner Sicht habe Freihandel in der Praxis immer zu Instabilitäten in der Finanzwelt und zu einem Einbrechen der Binnennachfrage geführt. Es handle sich um ein „race to the bottom“. Weiters sei es unglaublich schwierig, aus Freihandelsabkommen wieder „hinauszukommen“, wie Beispiele auf der ganzen Welt zeigten. Länder, die dies versucht hätten, seien von PrivatinvestorInnen verklagt worden.
Der zweite Teil der Veranstaltung beschäftigte sich vor allem mit „Regulatory Cooperation“ in TTIP. Geplant ist zurzeit, einen Mechanismus auszuarbeiten, der gemeinsame Regulierungen von USA und EU ermöglicht. KritikerInnen befürchten nicht nur eine Senkung der Qualitätsstandards, sondern auch eine Umgehung des demokratisch gewählten Gesetzgebers. Ronan O’Brien, ein unabhängiger Forscher, legte dagegen die Vorteile von Regulierung dar, die positive Effekte z.B. auf die Gesundheit der Menschen habe. Die geplante „Regulatorische Kooperation“ bringe laut EU-Kommission jeder Bürgerin bzw. jedem Bürger ca. 2 Euro pro Woche. Wegen so eines geringen Betrages das Wohlbefinden der Menschen aufs Spiel zu setzen, sei laut ihm nicht gerechtfertigt.
Myriam Vander Stichele von SOMO, einer unabhängigen Organisation welche die Auswirkungen der Tätigkeit multinationaler Konzerne auf Mensch und Umwelt untersucht, sprach über die Gefahren, die TTIP für die Finanzmarktstabilität bedeute. Durch mehr Wettbewerb würden Banken und InvestorInnen wieder mehr Risiken eingehen, was sie an die Situation vor der derzeitigen Krise erinnere. Eine gemeinsame Aufsichtsbehörde oder Kapitalverkehrskontrollen, die durchaus nützlich wären, seien dagegen nicht angedacht. Insgesamt fand sie es unverständlich, warum dieser Bereich überhaupt in TTIP aufgenommen werde, da sich daraus kein Mehrwert für die Gesellschaft ergebe.
Bei dem zweitägigen AktivistInnentraining zu ISDS, an dem auch AK EUROPA und das ÖGB-Europabüro teilnahmen, tauschten sich unterschiedliche Organisationen und Gewerkschaften zum geplanten Investitionsschutz in TTIP aus. Die rund sechzig TeilnehmerInnen aus ganz Europa berieten über gemeinsame Strategien gegen ISDS. Gus Van Harten, Professor der Rechtswissenschaften in Kanada, gab einen tiefen Einblick in laufende Investitionsschutzverfahren. Als praktisches Beispiel, wie eine ISDS-kritische Kampagne aussehen kann, führten Vertreterinnen der AK und des ÖGB ihre Erfahrungen mit der online-Kampagne gegen ISDS an. Der zweitätige Workshop zeigte, wie wichtig die Koordination und Kooperation innerhalb der Zivilgesellschaft ist, vor allem zwischen NGOs und Gewerkschaften, da nur gemeinsame Aktionen ein relevantes Gegengewicht zum dominanten Einfluss der Wirtschaftslobbies auf die EU-Politik schaffen können.