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Die weitreichenden Pläne vom zuständigen EU-Steuerkommissar Semeta gegen Steuerhinterziehung- und vermeidung vorzugehen drohen geschwächt zu werden. Die ExpertInnengruppe der zuständigen Kommissionsabteilung GD TAXUD besteht zu einem großen Teil aus VertreterInnen von Konzernen und deren BeraterInnen, die für Steuervermeidung bekannt sind. Eine Evaluierung der ExpertInnengruppe scheint nichts daran zu ändern, doch es besteht noch Hoffnung.
Die Kritik an der ExpertInnengruppe

Angesichts der Tatsache, dass den europäischen Staaten jedes Jahr bis zu eine Billion Euro durch Steuerhinterziehung- und vermeidung entgehen und das in Zeiten knapper Budgets, waren die Pläne von Kommissar Semeta entschlossener und europäischer dagegen vorzugehen, höchst notwendig und willkommen. In der dazu tagenden ExpertInnengruppe sind neun VertreterInnen von Unternehmensverbänden und UnternehmensberaterInnen entsendet. Die restlichen sechs Mitglieder verteilen sich auf NGOs, Wissenschaft und eine Gewerkschaft. Um den Skandal zu veranschaulichen, hat die lobbykritische Allianz ALTER-EU, gemeinsam mit AK und ÖGB folgende Infografik gestaltet.

Unter den VertreterInnen der Unternehmensseite befinden sich unter anderem BUSINESSEUROPE der Dachverband der europäischen Industrie, sowie der dazu gehörige Bund Deutscher Industrie (BDI), die in der Vergangenheit immer wieder dadurch aufgefallen sind, dass sie für niedrigere Unternehmenssteuern in Europa lobbyiert haben. Ebenfalls ist die American Chamber of Commerce vertreten, die u.a. in Irland erfolgreich dafür lobbyiert hat, dass Lizenzahlungen auf geistiges Eigentum unter bestimmten Umständen dort nicht besteuert werden müssen und direkt in Steueroasen verschoben werden können. Auch die 4 vertretenen Steuerberatungskanzleien sind alles andere als unproblematisch. Sie sind selbst unmittelbar daran beteiligt, das Geld ihrer KundInnen in Steueroasen an den Steuerbehörden vorbei zu verschieben. Es ist nur schwer nachvollziehbar, wie solche „ExpertInnen“ einen positiven Beitrag zur „good Governance“ – wie die ExpertInnengruppe im offiziellen Wortlaut heißt - im Steuerbereich leisten sollen.

Die Kritik wird nicht ernst genommen

In einem offenen Brief haben VertreterInnen der Zivilgesellschaft darunter die AK und der ÖGB einen an EU-Kommissar Semeta geschrieben, um eine Reform der ExpertInnengruppe zu erreichen.

Tatsächlich wurde eine Evaluierung eingeleitet, doch wurde diese intransparent durchgeführt und die Ergebnisse bisher nicht veröffentlicht. Nach Informationen, die VertreterInnen der Zivilgesellschaft von BeamtInnen der Kommission erhalten haben, dürfen aber auch nach der Evaluierung alle Mitglieder bleiben. Zugleich wurde angedeutet, dass doch noch Hoffnung besteht, denn bei einem weiteren Treffen mit VertreterInnen der Zivilgesellschaft versprach die EU-Kommission den Prozess der Evaluierung öffentlich zu machen und erkannte die Problematik an, wenn es Mitglieder in der Gruppe gibt, die direkt gegen die erklärten Ziele der EU-Kommission arbeiten.

Weiterführende Informationen:

Artikel von Corporate Europe Observatory
(EN)

Offener Brief an Kommissar Semeta (EN)

Studie zu ExpertInnengruppen
(EN)