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Vor kurzem hat der Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn die neue Prognose für die wirtschaftliche Entwicklung Europas 2013 und 2014 präsentiert. Während die Kommission selbst – wie schon in den Wirtschaftsprognosen der letzten Jahre –Licht am Ende des Tunnels zu erkennen glaubt, bieten die aktuellen Zahlen wenig Hoffnung für die europäische Wirtschaft und die 26 Millionen Arbeitslosen: Die Kommission prognostiziert für 2013 eine stärkere Schrumpfung der Wirtschaft als ursprünglich erwartet. Das BIP soll 2013 in Europa das dritte Jahr in Folge sinken, erst 2014 soll es wieder geringfügig wachsen. Verheerend ist insbesondere die Arbeitslosenquote, die 2014 ebenso wie 2013 bei knapp 12% liegen wird. Diese Zahlen belegen einmal mehr das soziale und wirtschaftliche Versagen der aktuellen marktradikalen Wirtschaftspolitik auf europäischer Ebene. Mehr denn je braucht es eine politische Abkehr von dieser dogmatischen und kurzsichtigen Spardoktrin und stattdessen massive Investitionen in qualitatives Wachstum und nachhaltige Beschäftigung.
Nach Ansicht der EU-Kommission rutscht der Euroraum 2013 noch tiefer in die Rezession als bisher angenommen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) werde in der Eurozone um 0,4 % schrumpfen und in Gesamteuropa um 0,1 %. Im zweiten Halbjahr soll das BIP-Wachstum wieder positive Werte erreichen und 2014 in ein leichtes Plus münden: Das BIP soll 2014 in der Eurozone um 1,2 %, in Gesamteuropa um 1,4 % und in Österreich um 1,8 % wachsen – jeweils unter der Annahme unveränderter Politiken in den einzelnen Staaten. Die Neuverschuldung wird 2013 nach der vorliegenden Prognose im Euroraum mit 2,9 Prozent in diesem Jahr unter der Drei-Prozent-Schwelle des Stabilitätspakts liegen. Für die gesamte EU wird ein Defizit von 3,4 % prognostiziert, wobei sich beide Kennzahlen 2014 nicht verändern dürften. Für Österreich erwartet diese Prognose 2013 ein Defizit von 2,2 % und 2014 von 1,8 %. Dementsprechend hoch bleibt die Schuldenquote – das Verhältnis von Staatschulden zum BIP – in den europäischen Staaten. Auch die Inflation soll 2013 und 2014 auf niedrigem Niveau bleiben. All diese Zahlen gewinnen auch deshalb in der europäischen Debatte an Bedeutung, weil die aktuelle Wirtschaftsprognose die quantitative Basis für jene länderspezifischen Empfehlungen der Kommission bildet, die Ende Mai im Rahmen des „Europäischen Semesters“ ausgesprochen werden.

Katastrophale Situation am EU-Arbeitsmarkt


Desaströs hingegen weiterhin die Situation auf den europäischen Arbeitsmärkten. 2013 soll in Europa die Beschäftigung nochmals um 0,4 % sinken (Euroraum minus 0,7 %). Österreich werde mit einer Steigerung von 0,7 % geringfügig besser dastehen. Unter Beibehaltung der aktuellen Politiken werde die Beschäftigung in ganz Europa 2014 dann um 0,4 % steigen. Ebenso wie beim BIP sind diese Zahlen aber mit Vorsicht zu genießen, haben sich doch die Einschätzungen der Kommission in ihren Wirtschaftsprognosen in den letzten Jahren als zu optimistisch erwiesen. Die Arbeitslosenquote selbst verharrt auch 2014 auf noch nie dagewesenen Niveau: Ebenso wie 2013 prognostiziert die Kommission für die europäischen Mitgliedsstaaten eine Quote von 11,1 %. In der Eurozone sollen in beiden Jahren 12,1 % bzw. 12,2 % der erwerbsfähigen Personen arbeitslos sein. In mehreren Staaten liegt die Arbeitslosenquote weit über zehn Prozent – in Spanien und Griechenland wird sie laut Kommission in diesem Jahr auf 27 Prozent klettern und auch 2014 dort verharren. Obwohl Österreich zwar im europäischen Vergleich die geringste Arbeitslosenquote aufweist, wird auch für 2014 keine Erholung am österreichischen Arbeitsmarkt erwartet: 4,7 % Arbeitslosigkeit werden für Österreich nach europäischer Berechnungsmethode im heurigen und nächsten Jahr vorhergesagt.

"Wir müssen tun, was auch immer notwendig ist, um die Beschäftigungskrise in Europa zu überwinden", erklärte Rehn im Rahmen der Pressekonferenz bei der Vorstellung der Wirtschaftsprognose. Die eigenen Zahlen der Kommission bestätigen nun aber, dass die bisherige Wirtschafts- und Fiskalpolitik der Kommission falsch lag – nur scheint dies nicht in die Mehrheit der Kommission selbst vorzudringen. Zwar gibt es in den letzten Wochen auf symbolischer Ebene leichte Zugeständnisse an die KritikerInnen der Austeritätspolitik und es wurde auch entschieden, dass Frankreich und Spanien zwei Jahre mehr Zeit gegeben wird um ihre Ziele beim Defizitabbau zu erreichen. Doch ändert dies kaum etwas an der grundsätzlichen, beschäftigungsfeindlichen Ausrichtung der Wirtschaftspolitik der Kommission: Der Hauptfokus liegt auf Schuldenabbau durch Ausgabenkürzungen, um „die Finanzmärkte“ zu beruhigen. Dieser ideologische Zugang verkennt aber, dass langfristiger Schuldenabbau nur über Investitionen in Wachstum und Beschäftigung funktionieren kann. Es braucht daher mehr denn je europaweite, koordinierte Investitionen in ökonomische Zukunftsfelder und den Aufbau nachhaltiger und sozialer Infrastruktur, die Europa zurück auf den Beschäftigungs- und Wachstumspfad bringt. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, insbesondere der Jugendarbeitslosigkeit, muss oberste Priorität sein.

Weiterführende Informationen:

Die detaillierte Wirtschaftsprognose