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Die wirtschaftliche Erholung ist Ende 2011 unerwartet ins Stocken geraten, informierte EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn gestern in einer Pressekonferenz. Dass die Kommission von der schlechten Konjunktur überrascht ist, ist angesichts der in vielen EU-Ländern eingeleiteten umfangreichen Sparmaßnahmen bei den öffentlichen Haushalten doch mehr als verwunderlich. Mit entschlossenem Handeln könnte jedoch eine Trendwende hin zu einer Steigerung von Wachstum und Beschäftigung erreicht werden, gibt sich Rehn überzeugt.
Während für die Europäische Union ein Wachstum von 0,0 % und in der Eurozone sogar eine leichte Rezession von -0,3 % des Bruttoinlandsprodukts für 2012 vorhergesagt wird, soll sich laut Kommission für Österreich dieses Jahr ein leichtes Wachstum von 0,7 % ausgehen. Im Vergleich zum vorhergesagten globalen Wirtschaftswachstum ist aber auch das nur sehr wenig: Um 4,4 % soll die Weltwirtschaft 2012 (ohne EU) wachsen, wobei das Wachstum regional sehr unterschiedlich ausfällt, und bei der Prognose außerdem die gestiegenen Energiepreise berücksichtigt werden müssen. Die Kommission sieht für die EU in diesem Jahr im Übrigen eher Abwärtsrisiken als eine Verbesserung der Wirtschaftsaussichten.

Angesichts eines niedrigen UnternehmerInnen- und VerbraucherInnenvertrauens in der EU stellt sich die Frage, welche Maßnahmen Rehn ergreifen will, um die Trendwende zu mehr Wachstum und Beschäftigung zu erreichen. Wie der Wirtschaftskommissar anführt, bleibt die Lage auf den Finanzmärkten leider weiterhin fragil, insbesondere verschärfen sich die Kreditkonditionen für den privaten Sektor weiter – was negative Auswirkungen auf die Realwirtschaft befürchten lässt. Anzeichen für eine Kreditklemme sieht Rehn jedoch keine, die Europäische Zentralbank habe mitgeholfen, dies zu verhindern. Immerhin, so informiert der Wirtschaftskommissar, hätten sich die Märkte bei Staatsanleihen verbessert, das Risiko bei diesen Papieren würde nun geringer eingestuft.

Katastrophal ist die Lage weiterhin in Griechenland: Auch 2012 soll das Land in einer tiefen Rezession verharren. Nach einem Minus von 6,8 % 2011 wird ein Rückgang der Wirtschaftsleistung um 4,4 % für dieses Jahr vorhergesagt. Damit verharrt der Inselstaat bereits das fünfte Jahr in Folge in einer Rezession. Die jüngsten, von der EU ungeduldig erwarteten, Kürzungsmaßnahmen, darunter die Reduktion der Mindestlöhne um 22 %, sollen laut Kommissionsmeinung helfen, die Lohnstückkosten in den nächsten drei Jahren um 15 % zu reduzieren. Selbst die Kommission gibt aber zu, dass die Exporte selbst durch die „wettbewerbsstärkenden“ Maßnahmen der Senkung der Lohnkosten weniger dynamisch seien als noch vor drei Jahren. Eine weitere Überraschung, die sich die Kommission offensichtlich nicht erklären kann.

In einer Rezession werden sich dieses Jahr voraussichtlich auch Portugal mit -3,3 %, Italien mit -1,3 %, Spanien mit -1,0 %, die Niederlande mit -0,9 %, Zypern mit -0,5 % und Belgien, Slowenien sowie Ungarn mit je -0,1 % befinden. Das stärkste Wachstum wird für Polen mit 2,5 % vorhergesagt.
Angesichts der für die Kommission überraschenden Wachstumsdaten bleibt völlig offen, wann die EU-Staaten die durch den Finanzsektor 2008 ausgelöste schwere Krise endlich überwinden und wieder auf den Wachstumspfad zurückfinden werden.

Pressemitteilung der Kommission zur Frühjahrsprognose