Nachrichten

Zurück
Die EU-Kommission sieht das internationale Anti-Piraterieabkommen ACTA (Anti-Counterfeiting Trade Agreement) als wichtigen Schritt zur Durchsetzung von Urheberrechten auch außerhalb der Union. Viele KritikerInnen warnen hingegen vor massiven Einschränkungen der Freiheit von Internet-UserInnen, die durch das Abkommen drohen. Während öffentliche Proteste einige Regierungen bereits veranlasst haben, den Ratifizierungsprozess des Abkommens zu stoppen, weist die Kommission die Kritik an ACTA zurück.
Tausende Menschen trotzten am 11. Februar der eisigen Kälte, um in mehreren europäischen Städten gegen das Abkommen zur Durchsetzung von Urheberrechten ACTA zu demonstrieren. In Wien, Graz, Salzburg, Innsbruck und Bregenz gingen BürgerInnen auf die Straße. Obwohl die Verhandlungen zu ACTA abseits der öffentlichen Wahrnehmung begannen, ist das geplante Anti-Piraterieabkommen längst zum Gegenstand hitziger Debatten geworden.

Aus Sicht der EU-Kommission sind diese Proteste unbegründet. Das Handelsabkommen, das Produktpiraterie, unter anderem im Internet, bekämpfen soll, sei notwendig, um die Rechte an geistigem Eigentum besser durchzusetzen. Viele europäische Industrien beruhen auf Qualität und Innovation, und diese seien durch Raubkopien und Fälschungen bedroht. Laut Aussagen der Kommission ginge es bei ACTA keineswegs darum, bestehende europäische Urheberrechtsgesetze zu verändern, sondern vielmehr, die Durchsetzung dieser Rechte zu verbessern und den hohen Standard geistiger Eigentumsrechte in Europa in andere Länder zu exportieren.

Vage Bestimmungen könnten für Einschränkungen von UserInnenrechten sorgen

Ob ACTA Produktpiraterie tatsächlich zurückdrängen kann, ist hingegen fraglich. Schließlich wurde das umstrittene Abkommen vor allem zwischen den USA, der EU und Japan ausgehandelt, während jene Länder, in denen Urheberrechte oftmals schwierig durchsetzen sind, wie China oder Indien, nicht teilnehmen. Die Kritik einer breiten Öffentlichkeit, darunter die Arbeiterkammer, richtet sich vor allem an die vielen vagen Bestimmungen des Abkommens, die es erlauben könnten, UserInnenrechte zugunsten von Urheberrechten einzuschränken. So könnte es etwa eine Bestimmung des Abkommens möglich machen, Internetprovider zu verpflichten, den Web-Zugang privater NutzerInnen zu sperren, wenn diese möglicherweise Urheberrechtsverletzungen begangen haben. Im Allgemeinen, so der Tenor vieler KritikerInnen, bleibe für die Auslegung einiger Inhalte von ACTA viel Ermessensspielraum bestehen.

Auch die Durchführung des Verhandlungsprozesses hat bislang viele vor den Kopf gestoßen. Dieser hat weitgehend hinter verschlossenen Türen stattgefunden und keine breite zivilgesellschaftliche Diskussion einbezogen.

Österreich hat das Abkommen zwar bereits wie die meisten anderen EU-Staaten Ende Jänner in Tokio unterzeichnet, allerdings muss ACTA noch vom EU-Parlament, sowie den Parlamenten der Mitgliedstaaten ratifiziert werden, bevor es in Kraft treten kann. Einige Mitgliedstaaten, wie etwa Deutschland, Polen und Tschechien haben sich aufgrund des Drucks der Bevölkerungen dafür entschieden, die Ratifizierung vorerst auf Eis zu setzen. Auch in Österreich haben sich Innenministerin Mikl-Leitner und Staatssekretär Kurz kürzlich dafür ausgesprochen, die Entscheidung des EU-Parlaments abzuwarten, bevor ACTA bestätigt werden könnte. Die Entscheidung des EU-Parlaments ist für 12. Juni geplant – und bis dahin ist für weitere Diskussionen gesorgt.