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Rund 30 Vorschläge zur Finanzmarktregulierung habe die EU-Kommission seit Beginn der Finanzkrise bereits veröffentlicht, informierte EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier anlässlich einer Konferenz zur Rolle der Zivilgesellschaft in der Finanzmarktregulierung in Brüssel. Zur Kritik vieler VertreterInnen der Zivilgesellschaft, dass in den EU-Beratungsgremien die Finanzindustrie einen deutlichen Überhang habe, meinte Barnier lapidar: Nur 37 Prozent der Mitglieder aus den Gremien seien von der Finanzindustrie, verglichen mit zusammengenommen 36 Prozent der Mitglieder, die aus dem Verbraucherschutz, den Gewerkschaften, den kleinen und mittleren Unternehmen und von Universitäten kämen.
EU-Kommissar Barnier räumte aber auch ein, dass sich in den Gremien manche VertreterInnen mehr Gehör verschaffen könnten als andere. Das sei tatsächlich ein Problem, daher werde nun eine Analyse über die Daseinsberechtigung und die Zusammensetzung der Gremien angestellt. Die Gremien sollen laut Barnier ein neues Gleichgewicht bekommen. Es sei wichtig, dass die europäische KonsumentInnenschutzorganisation BEUC, SparerInnen und Gewerkschaften gehört würden. Transparenz bei den Gremien sei jedenfalls gewährleistet, so Barnier. Alle AkteurInnen sollen gleichermaßen einbezogen werden, teilte Barnier mit. Informationen über das Mandat und die Zusammensetzung der beratenden Gruppen seien auf der Homepage seiner Generaldirektion zu finden. Um eine ausgewogene Finanzexpertise zu ermöglichen, sollen überdies im Rahmen eines Pilotprojekts 1,25 Mio. € zur Verfügung gestellt werden. Schließlich informierte der Kommissar , dass kommendes Jahr weitere Legislativvorschläge im Finanzbereich veröffentlicht werden sollen, beispielsweise die Versicherungsvermittlungsrichtlinie oder die Packaged Retail Investment Products (Anlageprodukte für KleinanlegerInnen). Sollte sich bei der Initiative (derzeit eine unverbindliche Empfehlung der Kommission) zum Recht auf ein Girokonto herausstellen, dass die Banken keine entsprechenden Maßnahmen ergreifen, soll es auch für dieses Thema zu einem Legislativvorschlag kommen.

EU-Abgeordneter Ferber von der Europäischen Volkspartei meinte zur derzeitigen Lage, dass es nicht angehe, wenn SteuerzahlerInnen für etwas zahlen und haften müssten, was sie nicht verursacht hätten. Man solle jedoch nicht Dinge regulieren, die man ohnehin versteht und komplexe Themen außen vor lassen. Zu den Beratungsgremien meinte Ferber, es stimme nicht, dass 200 Finanzlobbyisten in den Stakeholdergruppen säßen, viele VertreterInnen würden aus den nationalen Finanzministerien kommen.

Die Direktorin der europäischen KonsumentInnenschutzorganisation BEUC, Monique Goyens, informierte, dass BEUC gemeinsam mit der europäischen AnlegerInnenvereinigung Euroinvestors eine Beschwerde beim Europäischen Ombudsmann eingreicht hätten, weil die VerbraucherInnen in den Stakeholdergruppen nicht ausreichend berücksichtigt worden seien. Für die KonsumentInnen müssten auch für ausreichende Ressourcen Sorge getragen werden, Goyens fordert zu diesem Zweck öffentliche Mittel ein. Außerdem müsse Zugang zu entsprechenden VerbraucherInnendaten geschaffen werden, beispielsweise müsse Mystery-Shopping gefördert werden, um zu neuen Informationen zu gelangen.

Der Vorsitzende der Financial Services User Group, Mick Mcateer, hält die Regulierung im Finanzsektor für nicht ausreichend. Die Aufsichtsbehörden sollen im VerbraucherInneninteresse agieren, die Unabhängigkeit der Aufsicht von der Finanzindustrie sichergestellt werden. Wichtig sei auch, dass die VerbraucherInnenorganisationen ausreichende Kapazitäten bekämen, um ExpertInnen im Finanzsektor stellen zu können.

Eines hat die Konferenz deutlich gezeigt: Es muss noch sehr viel getan werden, um eine gleichberechtigte Mitwirkung der Zivilgesellschaft bei der Erarbeitung neuer Finanzmarktregeln zu erreichen. Zu hoffen bleibt jedenfalls, dass die Ankündigung von Kommissar Barnier alle AkteurInnen gleichermaßen in die Entscheidungsfindung einzubeziehen, auch tatsächlich in die Realität umgesetzt wird.