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Kommissionspräsident Barroso und der erst kürzlich zum Mr. Euro auserkorene Kommissar Rehn eröffnen damit eine öffentliche Konsultation, die eine Antwort darauf geben soll, ob die gemeinsame Ausgabe von Staatsanleihen durch die Euro-Länder machbar ist. Sowohl Barroso als auch Rehn sehen derartige gemeinsame europäische Anleihen allerdings nur als Teil eines Pakets. Priorität hätte vor allem die stärkere Haushalts- und wirtschaftspolitische Überwachung der Mitgliedsstaaten der Eurozone. Das Europa der zwei Geschwindigkeiten nimmt zunehmend Form an. Barroso sagte, dass diese stärkere Überwachung notwendig sei, weil die EU-Mitgliedstaaten über ihre Verhältnisse gelebt hätten. Ein schwerer Trugschluss, der die Schuld an der Misere der Schuldenkrise nicht den entarteten Finanzmärkten zuschreibt, sondern den Bürgern und Bürgerinnen der EU, die angeblich nicht brav genug gespart hätten. Euro-Stabilitätsanleihen hätten beträchtlichen Marktwert

Aus dem Grünbuch geht hervor, dass sich der Marktwert der von den 17 Euro-Ländern begebenen europäischen Stabilitätsbonds etwa auf EUR 7,822 Billionen oder 84% des BIP belaufen würde. US-Schatzpapiere sind vergleichsweise EUR 10,3 Billionen oder 94,4% des BIP wert. Die Renditen für 10-jährige Staatsanleihen der 17 Euro-Länder schwanken mit jeweils 1,8% für Deutschland sowie 11,6% und 27,8% für Portugal und Griechenland beträchtlich. Solche Schwankungen könnten mit den nunmehr Stabilitätsanleihen genannten “Eurobonds“ der Vergangenheit angehören, wobei sich Länder wie Deutschland, die bisher sehr vorteilhafte Rendite für Ihre Staatspapiere genossen, noch gegen die Einführung europäischer Staatschuldenpapiere wehren. Auch die Bestnoten (Triple AAA) von Standard & Poors für die sechs Euro-Länder Deutschland, Österreich, Niederlande, Frankreich, Luxemburg und Finnland sind nicht in Stein gemeißelt, was sich negativ auf den europäischen Rettungsschirm (EFSF) auswirken könnte. Eine mögliche Herabstufung von Frankreich würde den Wert des EFSF deutlich verringern. Dazu kommt noch, dass die Beteiligung Privater am Schutzschirm, auch Hebelung genannt, hinter den Erwartungen zurückbleibt. Während die Kommission im Gegensatz zu Deutschland für eine rasche Umsetzung der “Eurobonds“ ist, so ist sie ganz im Einvernehmen mit Deutschland für eine verstärkte Haushaltsüberwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken innerhalb der Eurozone. Das bedeutet nichts anderes, als dass sich die hoch verschuldeten Euro-Länder wie Griechenland noch mehr dem deutschen Spardiktat fügen müssen, was aber die Wachstumsaussichten dieser Länder noch weiter eintrübt. Ein wahrer Teufelskreis! Auch ein Eingriff in die Steuerhoheit der Mitgliedstaaten der Eurozone ist laut Kommission künftig möglich.

Kommission sieht 3 mögliche Varianten für “Eurobonds“

Die Kommission schlägt in ihrem Grünbuch drei Varianten von Euro-Staatsanleihen vor. Die erste Variante sieht vor, alle bisher national begebenen Staatsschuldenpapiere der 17 Euro-Länder in einen echten gemeinsamen Eurobond mit gemeinschaftlicher Haftung umzuwandeln. Diese Option bedarf allerdings einer Änderung der EU-Verträge, ein bekanntlich langwieriger Prozess. Das Risiko von Triffbrettfahrern, die durch geringere Zinsen munter weiter Schulden aufnehmen würden, sei ebenfalls sehr hoch.
Die zweite Variante gleicht dem vom Think Tank Bruegel entwickelten Modell von „Blue Bonds“ und „Red Bonds“. Es besagt, dass es bis zu einer Gesamtverschuldung von Staaten von 60% des BIP “Eurobonds“ (Blue Bonds) gibt, welche von den Märkten wahrscheinlich Bestnoten bekämen. Für die Bedienung der Schulden über der 60%-Marke müsste sich ein Mitgliedstaat dann mit „Red Bonds“, deren Rendite weit ungünstiger ausfielen, begnügen. Diese Variante ist zwar weniger ambitioniert, die Gefahr von Trittbrettfahrern ist aber weit geringer.
Last but not least die dritte Variante: “Eurobonds“ ersetzen dabei nur einen Teil der Staatsanleihen und es gibt keine gemeinsame Haftung. Hierfür seien auch keine Vertragsänderungen notwendig. An der öffentlichen Konsultation als Folge des Grünbuchs kann man sich noch bis zum 8. Januar 2012 beteiligen.

Links:
Grünbuch der Kommission (derzeit nur auf Englisch)
Red und Blue Bonds-Modell von Bruegel