Nachrichten
ZurückGleich am ersten Sitzungstag beschäftigte sich das Europäische Parlament mit den jüngsten Problemen am Finanzmarkt, die Ende Juli mit einem Kurssturz an den Börsen neuerlich aufgeflammt waren. Der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) Jean-Claude Trichet, der Präsident der Euro-Gruppe Jean-Claude Juncker, der polnische Finanzminister Jacek Rostowksi und der EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn standen den EU-Abgeordneten aus dem Wirtschafts- und Währungsausschuss Rede und Antwort. Die Stellungnahmen der vier Redner waren wenig ermutigend.
Trichet: Situation schlimmer als Turbulenzen im Mai 2010
EZB-Präsident Trichet skizzierte die Wirtschaftslage der Eurozone: Nach einem guten 1. Quartal mit einem Wirtschaftswachstum von 1,8 %, sei das Wachstum mit nur noch 0,2 % im 2. Quartal schwach gewesen. Ende Juli sei es zu Turbulenzen am Finanzmarkt gekommen. Zinssätze für einzelne Staatsanleihen seien stark gestiegen. Trichet zog Parallelen zur Krisensituation von Mai 2010, die nun teilweise sogar noch übertroffen wurden. Daher habe die EZB Anfang August beschlossen die Refinanzierungsaktivitäten fortzusetzen: Das heißt, jede Bank wird gegen Sicherheiten mit voller Liquidität versorgt. Das derzeit vergebene Kreditvolumen belaufe sich auf 530 Mrd. €. 130 Banken beanspruchen diese Liquidität derzeit, grundsätzlich förderfähig wären 6.000 Banken. An Sicherheiten stünden laut Trichet insgesamt 13 bis 14 Bio. € zur Verfügung, damit so der EZB-Präsident sei kein Liquiditätsproblem zu sehen. Das Wertpapierprogramm (zum Kauf von Staatsanleihen) habe die EZB im August wieder aufgenommen. Trichet betonte ausdrücklich, dass die EZB Schuldtitel nicht direkt aufkaufe, weil dies der EZB laut Vertrag verboten sein. Die Zentralbank kaufe die Wertpapiere daher am Sekundärmarkt und möchte damit die Situation auf den derzeit schlecht funktionierenden Finanzmärkten beruhigen. Die so zur Verfügung gestellte Liquidität soll später wieder reabsorbiert werden. Die Mitgliedstaaten mahnte Trichet zu strikter Haushaltsdisziplin und gegenseitiger Überwachung.
Euro-Gruppen-Präsident Juncker: Im Rat beschlossenes Maßnahmenpaket rasch umsetzen
Der Präsident der Euro-Gruppe Jean-Claude Juncker betonte, dass Vertrauen geschaffen und die Ratsbeschlüsse zum europäischen Rettungsschirm vom 21. Juli rasch umgesetzt werden müssen. Richtung Finanzmärkte merkte Juncker an, dass er in seinem Österreich-Urlaub ein Sprichwort kennengelernt habe, das sehr passend sei: „Man soll nicht jeden Tag eine neue Sau durchs Dorf jagen“. Eine Redewendung, die nach Junckers Meinung im Finanzsektor beherzigt werden sollte. Der Ratsbeschluss vom 21. Juli zum so genannten „Six pack“ werde helfen, dass Griechenland aus der Krise kommt. Die Bedingungen, die Finnland an die Hilfe für Griechenland knüpft, seien überhaupt nicht hilfreich. Zufrieden zeigte sich Juncker über die Entwicklungen in Irland und Portugal. Beide Länder hätten gute Fortschritte erzielt.
Wenig Neues von Wirtschaftskommissar Rehn
Enttäuschend der Auftritt von Wirtschaftskommissar Rehn: Strukturreformen seien notwendig ebenso wie Reformen in den nationalen Fiskalpolitiken, der Binnenmarkt solle vollendet werden. Darüber hinaus sei es nun notwendig die Ratsbeschlüsse vom 21. Juli umzusetzen. Zur Frage der Eurobonds fand Rehn leider keine klaren Worte. Laut Rehn wäre mit Eurobonds eine verstärkte Überwachung der nationalen Fiskalpolitiken und Politikkoordination verbunden. In der bevorstehenden Rede des Kommissionspräsidenten Barroso zur Lage der Europäischen Union sollen die Kommissionsvorschläge zur Weiterentwicklung der Economic Governance in der Eurozone vorgestellt werden.
Polnischer Finanzminister Jacek Rostowksi sieht die Lösung im „Six Pack“
Ebenso wie Juncker und Rehn sieht auch der polnische Finanzminister Rostowski die Lösung im am 21. Juli 2011 verabschiedeten Six Pack. Ohne Solidarität sei die Krise nicht zu meistern. Es handle sich um eine ernste Krise, zur Wachstumsverlangsamung sei es durch die Unsicherheiten am Finanzmarkt gekommen. Bei der nationalen Haushaltspolitik gebe es fast keinen Spielraum mehr, man sei am Limit angelangt, so Rostowski.
EU-Abgeordnete loben EZB, kritisieren Rat und Kommission
Die EU-Abgeordneten lobten das Vorgehen der EZB fraktionsübergreifend. EU-Abg. Langen von der Volkspartei betonte, dass es gerade wegen der langsamen Umsetzung der Ratsbeschlüsse notwendig gewesen sei, auf den Finanzmärkten zu intervenieren. Es reichen heute bereits Gerüchte aus, die für Unruhe sorgen und Spekulanten binnen Minuten Gewinne von hunderten Millionen € bescheren. Die Märkte müssten entschleunigt und Mindestbehaltefristen für Wertpapiere eingeführt werden. Harte Kritik übten VertreterInnen der Sozialdemokraten wie der Abg. Hoang Ngoc oder die Abg. Ferreira an der Kommission, die keine entsprechenden Initiativen ergreifen und am Rat, die Lösungen auf bilateraler Ebene suchen. Der Schuldenabbau hänge außerdem eng mit Wachstum zusammen, mahnten die Abgeordneten. Der Rat soll endlich aufhören Legislativvorschläge zu Leerverkäufen, Ausfallversicherungen und ähnlichen Dossiers zu blockieren, forderte EU-Abg. Udo Bullmann.
Heftige Kritik an bilateralen Vereinbarungen von Sarkozy und Merkel
Weitere Abgeordnete kritisierten scharf, dass die Entscheidungen alleine von Sarkozy und Merkel getroffen werden und die EU nun in eine Rezession gestürzt werde. Der liberale Abg. Olle Schmidt merkte an, dass es in der Krise an politischer Führung fehle. Die Situation führe zu Spaltungstendenzen in der Union, eine enge Zusammenarbeit sei nicht nur in der EU 17, sondern in der EU 27 nötig. Der grüne Abg. Giegold kritisierte, dass der Ratsbeschluss vom 21. Juli die Märkte nur sehr kurz beruhigt hätte und die Zentralbank bald eingreifen und Risiken auf sich nehmen musste. Die EZB sei die einzige Institution, die derzeit handlungsfähig sei und dafür auch noch kritisiert werde. Der europäische Rettungsschirm EFSF könne nicht funktionieren, wenn ihn jedes nationale Parlament absegnen müsse. Eine echte europäische Wirtschaftsunion sei notwendig. Lamberts ergänzte seinen Fraktionskollegen und forderte, die Finanztransaktionssteuer in die Überlegungen einzubeziehen und eventuell bereits 2013/2014 einzuführen.
Abgeordnete distanzieren sich von den Forderungen Finnlands bei den Finanzhilfen für Griechenland
Der liberale Abg. Haglund distanzierte sich von seiner eigenen Regierung und sieht die Bedingungen, die Finnland an die Gewährung der Finanzhilfen für Griechenland knüpfen will, als nicht zielführend an. Abg. Portas von den Linken kritisierte, dass bisher noch nie etwas über EU-Bonds und über Jobs gesagt worden sei. Banken sollen sich auf die Finanzierung der Realwirtschaft beschränken, so der grüne Abg. Lamberts.
In einer der nächsten Sitzungen des Wirtschaftsausschusses könnte es zu einer Debatte mit dem französischen und dem deutschen Finanzminister sowie mit dem Ratspräsidenten van Rompuy kommen, die diesmal zwar auch eingeladen waren, der Bitte des Europäischen Parlaments aber nicht Folge leisteten.
EZB-Präsident Trichet skizzierte die Wirtschaftslage der Eurozone: Nach einem guten 1. Quartal mit einem Wirtschaftswachstum von 1,8 %, sei das Wachstum mit nur noch 0,2 % im 2. Quartal schwach gewesen. Ende Juli sei es zu Turbulenzen am Finanzmarkt gekommen. Zinssätze für einzelne Staatsanleihen seien stark gestiegen. Trichet zog Parallelen zur Krisensituation von Mai 2010, die nun teilweise sogar noch übertroffen wurden. Daher habe die EZB Anfang August beschlossen die Refinanzierungsaktivitäten fortzusetzen: Das heißt, jede Bank wird gegen Sicherheiten mit voller Liquidität versorgt. Das derzeit vergebene Kreditvolumen belaufe sich auf 530 Mrd. €. 130 Banken beanspruchen diese Liquidität derzeit, grundsätzlich förderfähig wären 6.000 Banken. An Sicherheiten stünden laut Trichet insgesamt 13 bis 14 Bio. € zur Verfügung, damit so der EZB-Präsident sei kein Liquiditätsproblem zu sehen. Das Wertpapierprogramm (zum Kauf von Staatsanleihen) habe die EZB im August wieder aufgenommen. Trichet betonte ausdrücklich, dass die EZB Schuldtitel nicht direkt aufkaufe, weil dies der EZB laut Vertrag verboten sein. Die Zentralbank kaufe die Wertpapiere daher am Sekundärmarkt und möchte damit die Situation auf den derzeit schlecht funktionierenden Finanzmärkten beruhigen. Die so zur Verfügung gestellte Liquidität soll später wieder reabsorbiert werden. Die Mitgliedstaaten mahnte Trichet zu strikter Haushaltsdisziplin und gegenseitiger Überwachung.
Euro-Gruppen-Präsident Juncker: Im Rat beschlossenes Maßnahmenpaket rasch umsetzen
Der Präsident der Euro-Gruppe Jean-Claude Juncker betonte, dass Vertrauen geschaffen und die Ratsbeschlüsse zum europäischen Rettungsschirm vom 21. Juli rasch umgesetzt werden müssen. Richtung Finanzmärkte merkte Juncker an, dass er in seinem Österreich-Urlaub ein Sprichwort kennengelernt habe, das sehr passend sei: „Man soll nicht jeden Tag eine neue Sau durchs Dorf jagen“. Eine Redewendung, die nach Junckers Meinung im Finanzsektor beherzigt werden sollte. Der Ratsbeschluss vom 21. Juli zum so genannten „Six pack“ werde helfen, dass Griechenland aus der Krise kommt. Die Bedingungen, die Finnland an die Hilfe für Griechenland knüpft, seien überhaupt nicht hilfreich. Zufrieden zeigte sich Juncker über die Entwicklungen in Irland und Portugal. Beide Länder hätten gute Fortschritte erzielt.
Wenig Neues von Wirtschaftskommissar Rehn
Enttäuschend der Auftritt von Wirtschaftskommissar Rehn: Strukturreformen seien notwendig ebenso wie Reformen in den nationalen Fiskalpolitiken, der Binnenmarkt solle vollendet werden. Darüber hinaus sei es nun notwendig die Ratsbeschlüsse vom 21. Juli umzusetzen. Zur Frage der Eurobonds fand Rehn leider keine klaren Worte. Laut Rehn wäre mit Eurobonds eine verstärkte Überwachung der nationalen Fiskalpolitiken und Politikkoordination verbunden. In der bevorstehenden Rede des Kommissionspräsidenten Barroso zur Lage der Europäischen Union sollen die Kommissionsvorschläge zur Weiterentwicklung der Economic Governance in der Eurozone vorgestellt werden.
Polnischer Finanzminister Jacek Rostowksi sieht die Lösung im „Six Pack“
Ebenso wie Juncker und Rehn sieht auch der polnische Finanzminister Rostowski die Lösung im am 21. Juli 2011 verabschiedeten Six Pack. Ohne Solidarität sei die Krise nicht zu meistern. Es handle sich um eine ernste Krise, zur Wachstumsverlangsamung sei es durch die Unsicherheiten am Finanzmarkt gekommen. Bei der nationalen Haushaltspolitik gebe es fast keinen Spielraum mehr, man sei am Limit angelangt, so Rostowski.
EU-Abgeordnete loben EZB, kritisieren Rat und Kommission
Die EU-Abgeordneten lobten das Vorgehen der EZB fraktionsübergreifend. EU-Abg. Langen von der Volkspartei betonte, dass es gerade wegen der langsamen Umsetzung der Ratsbeschlüsse notwendig gewesen sei, auf den Finanzmärkten zu intervenieren. Es reichen heute bereits Gerüchte aus, die für Unruhe sorgen und Spekulanten binnen Minuten Gewinne von hunderten Millionen € bescheren. Die Märkte müssten entschleunigt und Mindestbehaltefristen für Wertpapiere eingeführt werden. Harte Kritik übten VertreterInnen der Sozialdemokraten wie der Abg. Hoang Ngoc oder die Abg. Ferreira an der Kommission, die keine entsprechenden Initiativen ergreifen und am Rat, die Lösungen auf bilateraler Ebene suchen. Der Schuldenabbau hänge außerdem eng mit Wachstum zusammen, mahnten die Abgeordneten. Der Rat soll endlich aufhören Legislativvorschläge zu Leerverkäufen, Ausfallversicherungen und ähnlichen Dossiers zu blockieren, forderte EU-Abg. Udo Bullmann.
Heftige Kritik an bilateralen Vereinbarungen von Sarkozy und Merkel
Weitere Abgeordnete kritisierten scharf, dass die Entscheidungen alleine von Sarkozy und Merkel getroffen werden und die EU nun in eine Rezession gestürzt werde. Der liberale Abg. Olle Schmidt merkte an, dass es in der Krise an politischer Führung fehle. Die Situation führe zu Spaltungstendenzen in der Union, eine enge Zusammenarbeit sei nicht nur in der EU 17, sondern in der EU 27 nötig. Der grüne Abg. Giegold kritisierte, dass der Ratsbeschluss vom 21. Juli die Märkte nur sehr kurz beruhigt hätte und die Zentralbank bald eingreifen und Risiken auf sich nehmen musste. Die EZB sei die einzige Institution, die derzeit handlungsfähig sei und dafür auch noch kritisiert werde. Der europäische Rettungsschirm EFSF könne nicht funktionieren, wenn ihn jedes nationale Parlament absegnen müsse. Eine echte europäische Wirtschaftsunion sei notwendig. Lamberts ergänzte seinen Fraktionskollegen und forderte, die Finanztransaktionssteuer in die Überlegungen einzubeziehen und eventuell bereits 2013/2014 einzuführen.
Abgeordnete distanzieren sich von den Forderungen Finnlands bei den Finanzhilfen für Griechenland
Der liberale Abg. Haglund distanzierte sich von seiner eigenen Regierung und sieht die Bedingungen, die Finnland an die Gewährung der Finanzhilfen für Griechenland knüpfen will, als nicht zielführend an. Abg. Portas von den Linken kritisierte, dass bisher noch nie etwas über EU-Bonds und über Jobs gesagt worden sei. Banken sollen sich auf die Finanzierung der Realwirtschaft beschränken, so der grüne Abg. Lamberts.
In einer der nächsten Sitzungen des Wirtschaftsausschusses könnte es zu einer Debatte mit dem französischen und dem deutschen Finanzminister sowie mit dem Ratspräsidenten van Rompuy kommen, die diesmal zwar auch eingeladen waren, der Bitte des Europäischen Parlaments aber nicht Folge leisteten.