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Diese Woche stimmte das Plenum des Europäischen Parlaments (EP) in Straßburg über den Bericht zum Grünbuch Pensionen ab. Große Überraschungen waren nicht zu erwarten, denn der - nicht gerade im Interesse der ArbeitnehmerInnen – verfasste Bericht war ein Kompromiss aller Fraktionen. Just beim heiklen Thema der Kopplung des gesetzlichen Eintrittsalters bei Pensionen an die Lebenserwartung kam es jedoch zu einer erfreulichen Wende. Mit einer hauchdünnen Mehrheit von zwei Stimmen, bei insgesamt 736 stimmberechtigten Abgeordneten, wurde diese Forderung zunichte gemacht. Dies war aber auch schon der einzige Lichtblick bei der Abstimmung.
Absage an Kopplung des gesetzlichen Eintrittsalters bei Pensionen an die Lebenserwartung

Das Grünbuch Pensionen beschäftigt seit seiner Präsentation vor mehr als einem halben Jahr die breite Öffentlichkeit, denn schließlich betrifft das Thema Pensionen jede/-n einzelne/-n von uns. Aber auch das EP beschäftige sich damit und verfasste dazu einen Bericht. Nachdem im zuständigen Ausschuss des EP bereits eine breite Mehrheit für den Bericht stimmte, stellte die Abstimmung im Plenum eigentlich nur mehr eine Formalität dar. Der Bericht wurde von Ria Oomen-Ruijten, einer niederländischen konservativen Politikern, verfasst. Ein ganz zentraler und heikler Punkt war die mögliche Kopplung des gesetzlichen Eintrittsalters bei Pensionen an die Lebenserwartung. Die Arbeiterkammer lehnte diese Forderung von Beginn an ab, denn ein Automatismus würde bedeuten, dass sich die Politik bei allfälligen zukünftigen Entscheidungen der Alterssicherung der politischen Verantwortung entledigen würde. Das EP erkannte spät aber doch, dass in einer modernen Demokratie solch wichtige Entscheidungen nicht Prozessen der Willensbildung und Interessenvermittlung (Gesetzgebungsverfahren) entzogen werden dürfen. Mit einer hauchdünnen Mehrheit von zwei Stimmen wurde der Antrag, das gesetzliche Pensionsalter an die Lebenserwartung zu koppeln, abgelehnt. Interessant ist aber, dass sich die EU-Kommission in ihrem jüngst veröffentlichten Jahreswachstumsbericht klar dafür ausgesprochen hat. Dies löste, gerade bei den Gewerkschaften und ArbeitnehmerInnenvertretungen, einen Sturm der Entrüstung aus, denn bis dato mischte sich die EU-Kommission, auch aufgrund mangelnder Kompetenz, nicht in diese Angelegenheiten ein.

Wichtigkeit der zweiten und dritten Vorsorgesäule wird zu sehr betont

Die Erfahrungen der Wirtschafts- und Finanzkrise haben eindeutig belegt, dass gerade die öffentlichen und umlagefinanzierten Pensionssysteme als Stabilisatoren und Garanten für eine sichere und angemessene Pension zu verstehen sind. Dies erwähnt sogar die EU-Kommission in ihrem Grünbuch Pensionen. Der Bericht im EP sieht aber die zweite und dritte Säule als Ventil für den Druck, der auf der ersten Säule lastet und fordert die Mitgliedstaaten auf, eine bestmögliche Mischung aus allen Altersvorsorgesystemen sicherzustellen. Der Jahreswachstumsbericht der EU-Kommission bringt es noch klarer ans Tageslicht und spricht sich dezidiert für den Aufbau von privatem Sparvermögen zur Aufstockung von Rentenbezügen aus. Es scheint als ob so getan wird, als wären mit der zweiten und dritten Vorsorgesäule überhaupt keine Kosten und Risiken verbunden. Ziel ist sichtlich die Eindämmung öffentlicher (Pensions-)Ausgaben. Eine kritische Überprüfung der privaten kapitalbasierten Systeme, gerade nach der Krise, findet einfach nicht statt. Dies wäre aber unter anderem die Grundlage dafür, um auf die wesentliche Frage, wie angemessene, sichere und nachhaltige Pensionen gewährleistet werden können, eine Antwort zu finden.

Fazit aus ArbeitnehmerInnensicht: Der Kampf geht weiter


Das Grünbuch Pensionen stellt den Anfang einer nun schon seit Jahren andauernden Diskussion über die Alterssicherung dar. Die Situation wird durch den Konsolidierungsdruck der einzelnen Mitgliedstaaten noch verschärft. Es darf aber nicht soweit kommen, dass man die Brüsseler Vorgaben einfach unwidersprochen übernimmt und es sich dann leicht macht und den schwarzen Peter wieder nach Brüssel schiebt. Fakt ist, dass die Mitgliedstaaten die alleinige Hoheit in Pensionsfragen besitzen und diesbezüglich keine Vorgaben aus Brüssel kommen dürfen. Mit dem Jahreswachstumsbericht hat die EU-Kommission eine Ära eingeläutet, die die VertreterInnen der ArbeitnehmerInnen praktisch zum Kampf aufruft: Denn würden alle Forderungen, wie von der Kommission gewünscht, umgesetzt, hätte das fatale Folgen für die Zukunft Europas.

Weiterführende Informationen:

Presseaussendung des Europäischen Parlaments zur Abstimmung über das Grünbuch Pensionen


Bericht des Europäischen Parlaments zum Grünbuch Pensionen