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Nach zähen Verhandlungen zwischen Rat und Europäischem Parlament wurde diese Woche das EU-Budget für 2011 beschlossen. Dem vorausgegangen war der jährliche Theaterdonner zwischen den beiden EU-Institutionen mit der ebenfalls fast jedes Jahr gestellten Frage, was passieren würde, wenn es zu keiner Einigung kommt. Während über die Unstimmigkeiten bei den Verhandlungen in der Öffentlichkeit breit berichtet wird, bleibt eines meist völlig im Dunklen: Wofür wird das EU-Geld verwendet?
Das EU-Budget soll nächstes Jahr ein Volumen von 126,5 Mrd. € umfassen. Eine Steigerung der Ausgaben von 2,91 Prozent. Das Europäische Parlament forderte ursprünglich einen um 6 % höheren EU-Haushalt. Warum die EU-Volksvertretung trotz der angespannten öffentlichen Haushalte ein größeres Mittelvolumen gefordert hat, wird erst durch einen näheren Blick auf die Struktur des EU-Budgets klar:

Im Unterschied zu den nationalen Haushalten, wird der Umfang des EU-Budgets in einem 7-Jahres-Plan, dem so genannten mehrjährigen Finanzrahmen, festgelegt. Der derzeitige Rahmen läuft über einen Zeitraum von 2007 bis 2013 und fixiert die Ausgabenhöhe für die einzelnen Prioritäten. Konjunkturelle Veränderungen wirken sich auf das EU-Budget fast gar nicht aus, weil die im Finanzrahmen vereinbarten Programme abgewickelt werden, egal ob sich die Wirtschaft in einem Hoch oder einem Tief befindet. Vereinbaren die EU-Institutionen nun in einem Jahr ein niedrigeres Budgetvolumen, muss dies in einem der folgenden Jahre ausgeglichen werden, um die vereinbarten Programme auch gemäß dem Finanzrahmen umsetzen zu können. Die nun vereinbarte Erhöhung des Budgetvolumens um 2,91 % hilft daher zwar einerseits den nationalen Finanzministern ihre Mitgliedstaatenbudgets 2011 nicht überzustrapazieren, andererseits wird in den Jahren darauf eine stärkere Erhöhung des EU-Haushaltsvolumens nötig sein, um die EU-Programme durchführen zu können.

41,7 Mrd. € sollen im EU-Budget 2011 für die Regionalpolitik verwendet werden. Darunter fallen unter anderem Infrastrukturprojekte und Programme aus dem Europäischen Sozialfonds. Vor allem in den ärmeren EU-Regionen besteht ein großer Aufholbedarf bei der Modernisierung der Infrastruktur, beispielsweise im Verkehrs- und im Energiebereich, die durch EU-Förderungen beschleunigt werden kann. Der Europäische Sozialfonds wiederum widmet sich unter anderem Projekten zur Förderung von ArbeitnehmerInnen wie der Aus- und Weiterbildung sowie der Erhöhung der Mobilität von Beschäftigten. Weitere 11,6 Mrd. € stehen für Forschungsprojekte, für „Wettbewerbsfähigkeit“ und teilweise ebenfalls für Infrastrukturvorhaben zur Verfügung. Für die EU-Verwaltung sind Ausgaben in Höhe von 8,1 Mrd. € und für den neuen Auswärtigen Dienst 7,1 Mrd. € vorgesehen.

Der größte Ausgabenposten ist jedoch mit 56,4 Milliarden € der Landwirtschaftsbereich – rund 44,6 % der Gesamtbudgetmittel. Gerade der Agrarsektor steht oft in Kritik unverhältnismäßig viele Gelder aus dem EU-Haushalt zu verschlingen. Tatsächlich zeigen sich im EU-Landwirtschaftsbereich Strukturdefizite, die darin münden, dass große Lebensmittelkonzerne die TopbezieherInnen an Agrarsubventionen sind, während viele kleine LandwirtInnen fast gar keine Subventionen zu Gesicht bekommen. Die Förderung ländlicher Regionen und ihrer Beschäftigten wird ebenfalls zum größten Teil vernachlässigt.

Obwohl der Landwirtschaftsbereich der größte Ausgabenposten ist, wirkt sich die niedrigere Budgeterhöhung fast nur auf die nichtlandwirtschaftlichen Bereiche wie die Regionalpolitik oder die Forschung aus. Denn nur dort können Zahlungen auf ein Folgejahr verschoben werden. Der Landwirtschaftsbereich hingegen besteht zum größten Teil aus Subventionen bzw. Direktbeihilfen, die jedes Jahr ausgezahlt werden und bei denen eine Verschiebung auf ein anderes Jahr daher nicht möglich ist.

Grundlegende Veränderungen beim EU-Haushalt wären erst mit dem Beginn der Verhandlungen zum nächsten mehrjährigen Finanzrahmen, der ab 2014 beginnt, möglich. Das Europäische Parlament konnte sich mit dem Wunsch beim nächsten Finanzrahmen verstärkt mitzureden, in den Verhandlungen zum EU-Budget 2011 nicht durchsetzen. Es ist zu befürchten, dass es im Agrarbereich letztendlich zu keinen großen Änderungen kommen wird und dieser Sektor weiterhin der größte Bezieher von EU-Geldern bleiben wird.

Weiterführende Informationen:

AK EUROPA-Positionspapier zum mehrjährigen Finanzrahmen ab 2014