Nachrichten

Zurück
Nach Monaten des Zögerns und Wartens haben die Griechenlandkrise und die Krise des Euro den Mitgliedstaaten und der Kommission die Augen geöffnet. Es geht darum, die Finanzmärkte mit harten und effizienten Regeln in ihre Schranken zu weisen. Und die VerursacherInnen der Krise müssen endlich zur Kasse gebeten werden. Diese Woche hat die Europäische Kommission wieder wichtige Ankündigungen gemacht und versprochen, das Tempo bei der Regulierung der Finanzmärkte deutlich zu erhöhen. Und der Kommissionspräsident hat erstmals nahezu Revolutionäres über die Lippen gebracht. "Ich bin persönlich für eine Finanztransaktionssteuer", erklärte er vor versammelten JournalistInnen. AK und Gewerkschaften werden sich auch weiterhin mit aller Kraft dafür einsetzen, dass es nicht wieder nur bei Ankündigungen bleibt. Denn es besteht akuter Handlungsbedarf an allen Ecken und Enden.
Den Mantel des Schweigens über 1,2 Billionen Euro ausbreiten

In den vergangenen Monaten sah es so aus, als hätten manche PolitikerInnen und auch die EU-Kommission ihren anfänglichen Elan bei der Regulierung der Finanzmärkte verloren. Viele hatten gehofft, dass die akute Krise schnell wieder vorbeiziehen würde, und mit ihr auch die Wut der Bevölkerung auf die Finanzmärkte. Die Banken machten wieder blendende Gewinne, und die BankmanagerInnen freuten sich wieder über die üblichen milliardenschweren Boni. Dass dafür ein noch nie dagewesenes Hilfspaket der Mitgliedstaaten für die Banken auf Kosten der Steuerzahler geschnürt werden musste, belegt ein neuer Bericht der Kommission. Demnach haben die Mitgliedstaaten seit 2008 die Finanzinstitute mit unvorstellbaren 1.235 Milliarden Euro unterstützt. Und weitere 3.000 Milliarden stehen auf Abruf bereit.

Zurück zum Anfang: Wieder die alten neoliberalen Rezepte?

Die Großzügigkeit der Mitgliedstaaten und der Europäischen Zentralbank hat zwar wieder zu einer blühenden Bankenlandschaft geführt, allerdings auf Kosten der Budgets in den Mitgliedstaaten. Über 20 Jahre haben sich die Mitgliedstaaten den neoliberalen Rezepten gebeugt und haben erhebliche Sparanstrengungen unternommen, oftmals auf Kosten der ArbeitnehmerInnen und der Qualität der öffentlichen Dienste. Die Unterstützung der Finanzinstitute in der Krise hat diese Sparanstrengungen, wie auch die Kommission zugesteht, mit einem Schlag zunichte gemacht. Und jetzt soll wieder mit den alten Rezepten von vorne begonnen werden: Sparen, Privatisieren, Arbeitsmärkte "flexibilisieren", Pensionen kürzen.

Demokratie gegen Finanzmärkte

Mit der Krise in Griechenland und den wilden Spekulationsattacken der sogenannten "Märkte" auf den gesamten Euroraum wurde den PolitikerInnen wieder bewusst, dass ein "Weiter so wie bisher" nicht möglich ist. Es geht um die Frage, ob die Politik überhaupt noch in der Lage ist, den Finanzmärkten Grenzen zu setzen, und damit ihrem demokratischen Auftrag nachzukommen. Und so versucht vor dem wichtigen Treffen der 20 größten Volkswirtschaften der Welt Ende Juni in Toronto die Kommission einen Neuanfang bei der Finanzmarktregulierung, um nicht international in die Bedeutungslosigkeit zu verschwinden.

26 neue Kommissionsvorschläge in den nächsten 9 Monaten

Der zuständige Binnenmarktkommissar Barnier präsentierte diese Woche in Brüssel zusammen mit Kommissionspräsident Barroso den Arbeitsplan der Kommission für die nächsten Monate. Die Kommission gelobt wieder mal, ehrgeizig sein zu wollen. Alle noch ausstehenden Regulierungsvorschläge - unglaubliche 26 an der Zahl - sollen innerhalb der nächsten 9 Monate auf den Tisch gelegt werden. Und alle Regulierungsvorhaben sollen bis Ende 2011 mit den Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament verhandelt und bis Ende 2012 in nationales Recht umgesetzt worden sein.

Wer bewertet die Ratingagenturen?

Baustelle über Baustelle. So hatte die Kommission im vergangenen Jahr eine Verordnung zur Regulierung der Ratingagenturen beschlossen, die noch nicht mal von den Mitgliedstaaten umgesetzt wurde. Dennoch präsentierte Barnier gestern schon erste Änderungen an dieser Verordnung. In Zukunft sollen die europäischen Ableger der Ratingagenturen von der neuen Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde überwacht werden, die auch weitgehende Befugnisse haben soll, die Arbeit der Agenturen genau unter die Lupe zu nehmen. Und weitere Änderungen sollen folgen. Barnier kündigte an, dass auch über die Gründung einer Europäischen Ratingagentur nachgedacht wird. Höchste Zeit, dass die Kommission hier aufwacht, haben doch die Finanzkrise und die Eurokrise das oftmals absurde und krisenverschärfende Verhalten der Ratingagenturen bloßgelegt.

Begrenzen ManagerInnen freiwillig ihre eigenen Gehälter und Boni?

Baustelle Managervergütung. Im vergangenen Jahr präsentierte die Kommission zwei rechtlich unverbindliche Mitteilungen zur Managervergütung bei börsennotierten Unternehmen und bei Finanzinstituten. Von Beginn an kritisierten AK und Gewerkschaften - so wie bereits vor der Krise - dass Appelle an die Freiwilligkeit der Unternehmen zur Eindämmung der Bonikultur und des riskanten Verhaltens der Manager erfolglos sind. Diese Woche präsentierte die Kommission zwei Berichte, in denen sie die bisher in den Mitgliedstaaten gemachten Erfahrungen mit den unverbindlichen Regeln untersucht. Dazu Barroso: "Ich muss sagen dass die Ergebnisse enttäuschend sind". Es wäre begrüßenswert, wenn die Kommission endlich einsehen würde, dass die Zeit freiwilliger Verhaltenkodizes der Vergangenheit angehören sollte.

Barroso: Wenn Deutschland für die Finanztransaktionssteuer ist, bin ich es auch

Baustelle Finanztransaktionssteuer. Von der Finanzindustrie gefürchtet und mit aller Vehemenz bekämpft, haben sich auch viele PolitikerInnnen nicht getraut, sie öffentlich zu fordern. Löbliche Ausnahme ist hier die österreichische Bundesregierung, die dazu einen Regierungsbeschluss hat. Lange Zeit hat hier vor allem Deutschland blockiert, scheint sich nun aber unter dem Druck der Öffentlichkeit umzubesinnen. Und da Deutschland mitzieht, kann sich jetzt auch Barroso - zwei Jahre nach Ausbruch der Krise - eine Finanztransaktionssteuer vorstellen. Ein mehr als sinnvolles Instrument, das das enorme Volumen der oftmals maschinengesteuerten Tagesspekulationen, die für die reale Wirtschaft völlig nutzlos und für die Stabilität der Finanzmärkte gefährlich sind, eindämmen und gleichzeitig wichtige Einnahmen für die Haushaltskassen bringen würde, die wegen der schiefgelaufenen Geschäfte der SpekulantInnen derzeit leer sind.

Mitteilung: Regulierung der Finanzdienstleistungen für nachhaltiges Wachstum

Verordnung zu Ratingagenturen (nur auf Englisch)

Bericht über Umsetzung der Mitteilung zur Vergütung in börsenotierten Unternehmen

Bericht über Umsetzung der Mitteilung zur Vergütung im Finanzdienstleistungssektor