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Ende Juni bringt die EU-Kommission ein Grünbuch zur Pensionspolitik heraus. Erste Details darüber sind bereits jetzt durchgesickert. Die EU-Kommission warnt eindringlich davor, dass es in Zukunft zu einer „schmerzhaften Kombination aus geringeren Zahlungen und höheren Beiträgen“ kommen wird, sollten die Mitgliedstaaten die Ratschläge der EU-Kommission nicht befolgen. Damit spricht die Kommission indirekt die Verlängerung der Lebensarbeitszeit an – ein EU-weites Reizthema!
Die Mitgliedstaaten entscheiden weiter selbständig über das eigene Pensionssystem

Die Europäische Kommission wollte ursprünglich erst Ende Juni mit dem Grünbuch zur Pensionspolitik Aufmerksamkeit erregen. Undichte Stellen in der Kommission sind aber dafür verantwortlich, dass bereits lange vor dem anvisierten Erscheinungsdatum schon heftigst über den Inhalt der Grünbuchs debattiert wird. Die Kommission dementierte zwar umgehend, dass sie Empfehlungen an die Mitgliedstaaten richtet, doch ganz von der Hand zu weisen ist dies nicht. Fakt ist und bleibt aber weiterhin, dass nur die Mitgliedstaaten über ihr eigenes Pensionssystem entscheiden. Doch über den Umweg der anstehenden Budgetkonsolidierungen, ausgelöst durch die Finanzkrise, wird indirekt Druck auf die Mitgliedstaaten und auf deren Pensionssysteme ausgeübt, da diese einen wichtigen Teil der Staatsausgaben ausmachen.

Reales Pensionseintrittsalter liegt im Durchschnitt der EU bei knapp über 60

Im Vergleich aller OECD Länder ist das reale Pensionseintrittsalter in der EU deutlich niedriger, genaugenommen bei Männern um 3,5 und bei Frauen um 2,5 Jahre im Durchschnitt. Damit kommen in der EU schon heute auf jeden Pensionisten nur drei aktiv Beschäftigte, 2030 würde das Verhältnis bei unverändertem Pensionseintrittsalter auf zwei Aktive pro PensionistIn sinken und 2060 hätten die PensionistInnen die Mehrheit - drei Aktive müssten für vier PensionistInnen sorgen. Eine längere Lebensarbeitszeit und eine höhere Beteiligung am Erwerbsleben könnten diesen Effekt abmildern, heißt es in dem Papier. Bereits 2005 hatten die EU-Staaten sich vorgenommen, das reale Pensionsalter auf 65 zu steigern. Rechnet man nun die zu erwartende längere Lebensdauer bis 2060 im Ausmaß von 7 Jahren dazu, müsste man, laut Kommission, das Pensionsantrittsalter um vier Jahre und acht Monate verlängern. Dann käme man tatsächlich auf ein Pensionseintrittsalter von 70 Jahren - 5 Jahre mehr als ursprünglich vereinbart!

Grünbuch Pensionen ist Diskussionsgrundlage für weitere Schritte der Kommission

Mit der Vorlage des Grünbuchs Ende Juni will die Kommission eine Diskussion anstoßen und ausloten, was die Mitgliedstaaten, aber auch alle anderen relevanten Stakeholder zu sagen haben und in welche Richtung sie in Zukunft tendieren. Nicht gesagt ist, dass daraus gleich legislative Vorschläge zu erwarten sind, denn diese sind nur in spezifischen Fällen rechtlich möglich. Es bleibt aber dabei, dass im Grünbuch davon gesprochen wird, dass es zu einer Verlängerung der Lebensarbeitszeit kommen muss, wenn man angemessene und nachhaltige Pensionssysteme in der Zukunft bewahren will. Damit könnte es tatsächlich zu niedrigeren Pensionen kommen, wenn es nicht gelingt das reale Pensionsantrittsalter gleichzeitig zu heben. Damit kommt auch auf die ArbeitgeberInnen einiges zu, denn sie sind es, die es in der Hand haben, die ArbeitnehmerInnen auch bis zum gesetzlichen Pensionseintrittsalter zu beschäftigen und nicht frühzeitig zu kündigen und damit den Staatshaushalt zusätzlich zu belasten.