Nachrichten

Zurück
Nur wenige Monate ist es her, seit der Finanzsektor in einer Feuerwehraktion von der öffentlichen Hand mit hunderten Milliarden Euro an Stützungsgeldern gerettet werden musste. Viele KleinanlegerInnen verloren ihre Ersparnisse, weil sie nicht oder nicht angemessen über das Risiko der Finanzanlagen, in die sie investierten, aufgeklärt wurden. Diese Woche wurde im Wirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments über eine Überarbeitung der so genannten Prospektrichtlinie abgestimmt, also den Unterlagen, die AnlegerInnen über die spezifischen Risiken der jeweiligen Wertanlage informieren sollen. Das Resultat der Abstimmung: Die Bedürfnisse der KleinanlegerInnen werden kaum berücksichtigt.
Bereits im Vorfeld machte AK EUROPA auf notwendige Änderungen der Prospektrichtlinie aufmerksam, unter anderem:

  • Kapitalmarktprospekte sollen in der Sprache des Mitgliedslandes zur Verfügung stehen, in dem die Wertpapiere verkauft werden;
  • Die Haftungsbestimmungen müssen effektiver gestaltet werden;
  • Der Kapitalmarktprospekt muss verpflichtend an den/die AnlegerIn ausgehändigt werden;
  • Alle Prospekte sollen auf einer zentral dafür geschaffenen Homepage im Internet in jedem Mitgliedsland einsehbar sein.

Die Abgeordneten verständigten sich nun in der Abstimmung darauf, dass der Prospekt nur in jener Sprache abzufassen ist, in der der Prospekt ursprünglich erstellt wurde. Ob der durchschnittliche Anleger über zum Beispiel das englische Fachvokabular verfügt, um die Inhalte derartiger Prospekte auch restlos nachvollziehen zu können, ist fraglich. Außerdem ist eine verpflichtende Aushändigung des Prospekts an die potentiellen AnlegerInnen nun nicht vorgesehen.

Eine Zusammenfassung soll den AnlegerInnen alle wesentlichen Informationen liefern, um die Anlageentscheidung treffen zu können. Der Finanzintermediär, der diese Zusammenfassung vorlegt, haftet für diese Angaben aber auch dann, wenn wesentliche Informationen fehlen.

Abgesehen davon sehen es die EU-Abgeordneten des Wirtschaftsausschusses im Europäischen Parlament offensichtlich nicht als notwendig an, die Transparenz bei der Information der AnlegerInnen zu erhöhen: Die von AK EUROPA vorgeschlagene Veröffentlichung der Prospekte auf einer zentralen Homepage im Internet dürfte nicht kommen.

Das Abstimmungsergebnis zeigt, dass im Europäischen Parlament nun wieder der Alltag eingekehrt sein dürfte. Die tonangebenden wirtschaftsnahen EU-Abgeordneten (rund 60 Prozent der Abgeordneten gehören einer wirtschaftsnahen Fraktion an), betreiben nun wieder business as usual und gehen auf Anliegen der VerbraucherInnen leider nur in Ausnahmefällen ein.


Weiterführende Informationen:

AK-Stellungnahme zum Vorschlag der EU-Kommission zur Änderung der Prospekt-Richtlinie