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Vergangene Woche tagte in Brüssel der Wirtschafts- und Finanzausschuss (ECON) des Europäischen Parlaments, um die anstehenden Themen im Bereich der Finanzmarktregulierung zu diskutieren. Die Beratungen der Parlamentarier standen dabei ganz unter dem Eindruck der weitreichenden neuen Vorschläge des US-Präsidenten zur Bankenregulierung, die für viel Aufsehen sorgten.

Wie sollen Banken in Zukunft reguliert werden?

Zu Beginn der Beratungen stand ein Meinungsaustausch mit dem neuen Vorsitzenden des Ausschusses der Europäischen Bankenaufsichtsbehörden (CEBS), Giovanni Carosio. Er schilderte die Schwerpunkte des Ausschusses für 2010: Die von der Europäischen Kommission (EK) vorgeschlagene neue europäische Finanzarchitektur, die aus CEBS eine europäische Agentur (European Banking Authority EBA mit Sitz in London) mit verstärkten Befugnissen machen soll; die Mitarbeit an neuen Eigenkapitalregeln für Banken im Rahmen des Basler Ausschusses bis zum Ende des Jahres; sowie die Arbeiten an einem EU-Rahmen für das grenzübergreifende Krisenmanagement auf dem Bankensektor. In der Diskussion mit den Abgeordneten standen die neuen US-Vorschläge im Mittelpunkt. Der deutsche S&D-Parlamentarier Udo Bullmann sprach von großer Unruhe in den Hauptstädten beim Thema Bankenregulierung, es sei noch immer keine angemessene Form gefunden. Carosio meinte, dass eine Trennung zwischen Geschäftsbanken und Investmentbanken, wie von Obama vorgeschlagen, für Europa nicht der beste Weg sei. Besser sei es, die Eigenkapitalerfordernisse zu erhöhen. Auch bei der Frage, ob Banken eine bestimmte Größe nicht überschreiten sollten, da sie dann im Fall der Insolvenz zu einem Systemrisiko werden und der Staat gezwungen ist, sie aufzufangen („Too big to fail“) sprach sich Carosio für ein Modell aus, bei dem mit zunehmender Größe die Eigenkapitalanforderungen steigen. Dieser Ansatz sei besser als feste Größenlimits.

„Banken verrichten Gottes Werk auf Erden“

Im Anschluss kam es zu einer Aussprache über Änderungen an den Eigenkapitalrichtlinien in Bezug auf Handelsbuchgeschäfte, Weiterverbriefungen und die Überprüfung der Vergütungspolitik (CRD 3). Die Berichterstatterin Arlene McCarthy übte generelle Kritik. Das EP und die EU hinkten der Debatte hinterher, die EU sollte – wie im vergangenen Jahr bei den Rating Agenturen – führen und nicht bloß reagieren. Generell sei das Problem, dass die Eigenkapitalausstattung der Banken vor Ausbruch der Krise auf dem historisch niedrigen Niveau von 3 Prozent lag. Auch bei der Vergütung schreiten die Ereignisse sehr schnell voran, wie man am Beispiel Frankreichs, Großbritanniens und der Niederlande erkennen könne. Tiefgreifende Kritik kam auch vom österreichischen EVP-Politiker Othmar Karas. Es seien mehr Fragen offen als geklärt. „Wir implementieren Basel II, reden über CRD 3, 4 und 5 und hinken immer dem Basler Ausschuss hinterher“, so Karas. Weiterverbriefungen der Banken müssten mit mehr Eignkapital unterlegt werden, wo es einen Bonus gibt müsse es auch einen Malus geben. Der liberale Abgeordnete Wolf Klinz kritisierte, dass die Arbeiten in Europa und den USA nicht parallel erfolgen. Er kritisierte die Aussagen des Goldman Sachs Chef Lloyd Blankfein, wonach „die Banken Gottes Werk auf Erden verrichten“ und „keine soziale Verantwortung haben“.

Spanische Präsidentschaft für mehr wirtschaftspolitische Koordinierung

Auch ein Meinungsaustausch mit der spanischen Präsidentschaft stand auf der Tagesordnung. Die spanische Vize-Regierungschefin und Finanz- und Wirtschaftsministerin Elena Salgado skizzierte die Pläne für die nächsten 6 Monate im Wirtschaftsbereich. Eine bessere Koordinierung der Wirtschaftspolitiken, ambitionierte Exitstrategien und die neue europäische Finanzarchitektur stehen auf der spanischen Erledigungsliste. Beim umstrittenen Vorschlag der EK zu Hedgefonds und Private Equity streben die Spanier eine Einigung zwischen den Mitgliedstaaten in den nächsten Wochen an, ebenso bei den Eigenkapitalregeln CRD3.

Parlament wird zu Derivaten aktiv

Neues auch zu den Derivaten. In Erwartung des angekündigten konkreten Gesetzesvorschlags der EK arbeitet der ECON an einem Initiativbericht. Berichterstatter ist der deutsche EVP-Abgeordnete Werner Langen. Er schilderte nochmals die Ausgangslage. Man unterscheide Derivate, die an Börsen gehandelt werden, von solchen, die nicht an Börsen gehandelt werden (sogenannte „Over the Counter“ oder OTC-Derivate). Besonders problematisch seien die OTC-Derivate, da hier keinerlei Aufsichtsmöglichkeit bestehe. Das Handelsvolumen mit OTC-Derivate betrug im Juni 2009 605 Billionen US$, das sei mehr als das 10-fache des Weltsozialprodukts, so Langen. Wichtig sei auch hier die internationale Zusammenarbeit. Aus den USA sei mit Regeln bis Mitte des Jahres zu rechnen. Die EU-Mitgliedstaaten seien gerade dabei, technische Details zu besprechen. Langen kündigte an, dass das EP ein ausführliches Hearing vor der Vorlage eines Gesetzestextes durch die EK organisieren wolle. Der Berichtsentwurf von Langen zu den Derivaten wird für den 22. Februar erwartet, Änderungsanträge können bis zum 1. März eingebracht werden.