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Ein gutes Funktionieren der Lebensmittelversorgungskette ist für KonsumentInnen, Lebensmittelindustrie und Handel von höchster Bedeutung. Hohe Lebensmittelpreise belasten im besonderen Ausmaß Haushalte mit niedrigen Einkommen. Ausgehend von den Höchstpreisen für Agrarrohstoffe vor der Krise fielen die Preise zwar, kamen jedoch erst verzögert oder gar nicht bei den KonsumentInnen an. Die europäische Kommission hat in einer Mitteilung diese Woche Vorschläge zur Verbesserung der Funktionsweise der Lebensmittelversorgungskette eingebracht.
Ausgaben für Lebensmittel stellen mit durchschnittlich 16% einen der größten Budgetposten in Privathaushalten in der EU dar. Im besonderen Ausmaß werden Haushalte mit niedrigerem Einkommen von teuren Lebensmitteln belastet, da diese einen noch größeren Anteil ihres Einkommens für Essen ausgeben. Die Lebensmittelversorgungskette verbindet drei große Sektoren – Landwirtschaft, Lebensmittelproduktion und Handel- in denen 7% der Arbeitskräfte in der EU beschäftigt sind. Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftswachstum entlang der Lebensmittelversorgungskette bleiben jedoch seit 1995 hinter der EU-Wirtschaft insgesamt zurück.

Preise für Lebensmittel bleiben hoch

Vor dem Beginn der Krise litten die EU-BürgerInnen unter hoher Inflation, die unter anderem durch hohe Agrarpreise, welche wiederum die Lebensmittelpreise in die Höhe trieben, ausgelöst wurde. Nun war zu beobachten, dass der Preisverfall bei den Agrarrohstoffen im zweiten Quartal einsetzte. Diese niedrigeren Preise wirkten sich erst im letzten Quartal 2008 auf die Erzeugerpreise aus. Bei den Lebensmittelpreisen ist jedoch erst seit kurzem ein Rückgang zu verzeichnen.

Ein besseres Funktionieren der Lebensmittelversorgungskette ist deshalb von zentraler Bedeutung nicht nur für die KonsumentInnen aber auch für die Verteilung der Wertschöpfung entlang der Kette und somit zur Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit.

Aufklärung über unfaire Vertragspraktiken

Eine Besonderheit der Lebensmittelversorgungskette ist, dass in ihr sehr viele unterschiedliche AkteurInnen vereint sind: Landwirtschaft, Nahrungsmittelproduktion und die Vertriebe – jeweils große und kleine – mit widersprüchlichen Interessen und unterschiedlich großer Verhandlungsmacht. Vertragliche Ungleichgewichte, die aus dieser unterschiedlichen Verhandlungsmacht resultieren, wirken sich negativ auf die Lebensmittelversorgungskette aus. Die Kommission plant mit Informationskampagnen und dem Entwurf von Standardverträgen auf unfaire Vertragspraktiken hinzuweisen, um VertragspartnerInnen mit geringerer Verhandlungsmacht zu stärken und von ihren Rechten besser in Kenntnis zu setzen.

Zusammenarbeit mit den nationalen Wettbewerbsbehörden

Die Kommission hat weiters mit den nationalen Wettbewerbsbehörden zusammengearbeitet und eine beträchtliche Anzahl von gravierenden Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht wie etwa Kartellbildung oder Verkaufspreisabsprachen festgestellt. Es wurde festgestellt, dass andere gängige Praktiken, wie etwas Eigenmarken, aber auch Einkaufsallianzen im Einzelfall für einen lokalen Markt bewertet werden sollen, da eine Abwägung zwischen Effizienzsteigerung auf der einen und Wettbewerbesverzerrung auf der anderen Seite getroffen werden muss.

Erhöhung der Transparenz bei der Preisbildung

Eurostat hat einen Prototyp eines „Lebensmittelpreis-Monitoring-Tool“ entwickelt. Dieser gibt einen – derzeit noch sehr unvollständigen – Überblick über die Preisentwicklung in den einzelnen Stationen der Lebensmittelversorgungskette von den Agrarpreisen, über Produktionspreise zu den Lebensmittelpreisen und soll die Transparenz der Preisbildung bei den Lebensmitteln erhöhen.

Weiters schlägt die Kommission vor, in den Mitgliedsstaaten Webseiten einzurichten, auf denen KonsumentInnen die Preise für ihre Einkäufe im Einzelhandel vergleichen können und so in der Lage sind, den günstigsten Nahversorger zu wählen.

Kontrolle auch bei der Spekulation

Einen wichtigen Teil der explodierenden Rohstoffpreise vor der Krise machte die Spekulation auf den Rohstoffmärkten aus. Die Kommission wird im Rahmen des Gesamtkonzepts für Derivate auch Vorschläge für die Verbesserung der Aufsicht und allgemeinen Transparenz der Märkte für Agrarrohstoffderivate vorlegen.

In der momentanen Situation ist damit zu rechnen, dass die Agrarrohstoffpreise nach der Rezession erneut rapide ansteigen, was zu einem überproportionalen Ansteigen der Lebensmittelpreise für die KonsumentInnen führen und wiederum auch die sich abzeichnende Erholung der europäischen Wirtschaft verlangsamen würde. Ein rasches Handeln, um die bestehenden Asymmetrien in der Lebensmittelversorgungskette zu beseitigen, ist deshalb besonders wichtig!


Weiterführende Informationen:

Mitteilung der europäischen Kommission

Eurostat: Lebensmittel-Monitoring-Tool (nur in Englisch)