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Aus einem neuen Bericht des Ausschusses für Sozialschutz geht hervor, dass in der letzten Dekade des Wirtschaftswachstums die Einkommensungleichheit EU-weit gestiegen ist. Dies ist unter Anderem auf den Anstieg prekärer Beschäftigungsverhältnisse, wie temporäre Arbeitsverträge und Teilzeitarbeit zurückzuführen. Der Anteil der Personen, die aus dem Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind, blieb konstant bei 10%. Auch die Armutsgefährdung in der EU ist nicht zurückgegangen. Sozialversicherungssysteme sind in den Mitgliedsstaaten wichtige Mittel zur Umverteilung und zur Verringerung der Armut. Besonders in Mitgliedsstaaten mit hoher Verschuldung und niedrigem Sozialschutz ist fraglich, ob die dortigen Sozialversicherungssysteme die Auswirkungen der Krise abfedern können.
Diesen Dienstag wurde der Bericht „Growth, Jobs and Social Progress in the EU“, der in Zusammenarbeit des Ausschusses für Sozialschutz, dem Experten aus allen Mitgliedsländern angehören, und der Generaldirektion Beschäftigung und Soziale Sicherheit erstellt wurde, der Öffentlichkeit vorgestellt. Dieser Bericht untersucht das Zusammenspiel von Wirtschaftswachstum, Beschäftigung und Sozialpolitik in der letzten Dekade innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten. Die Ergebnisse des Berichts sollen in die Formulierung einer neuen EU-Strategie für Wachstum und Beschäftigung einfließen.

Wachstum hat zu steigender Ungleichheit geführt
Innerhalb der letzten Dekade hat das Wirtschaftswachstum in den Mitgliedsstaaten dazu beigetragen, dass die Lebensstandards angestiegen sind und mehr in die Sozialsysteme investiert wurde, auf der anderen Seite hat das Wirtschaftswachstum aber auch zu einer ungleicheren Einkommensverteilung geführt. Einer von sechs Haushalten in der EU lebt in der EU in Armut. Die Armutsquote innerhalb der EU ist in den letzten Jahren entweder stagniert oder gestiegen. Die Armutsgefährdung ist in der letzten Dekade insbesondere bei Kindern (0-17 Jahren) stark angestiegen. In Österreich lebten 2007 ca. 12% der Haushalte in Armut.

Innerhalb der EU ist die Umverteilungswirkung von Sozialversicherungssystemen progressiver als von Steuern, wobei eine hohe Variation innerhalb der EU besteht. Im Schnitt verringern Sozialleistungen (wobei Pensionen nicht einberechnet wurden) das Armutsrisiko in der EU27 um 36%. In Österreich wird das Armutsrisiko durch Sozialleistungen sogar um mehr als 50% reduziert, höhere Werte haben nur noch die skandinavischen Länder und Ungarn.

Ein Arbeitsplatz ist der beste Schutz vor Armut, aber …
Vor dem Ausbruch der Krise ist die Beschäftigungsrate innerhalb der EU, vor allem durch die höheren Beschäftigungsquoten von Frauen und älteren ArbeitnehmerInnen gestiegen und die Arbeitslosigkeit gesunken. Der Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass ein Arbeitsplatz im Allgemeinen der beste Schutz vor Armut ist, dennoch sind EU-weit ein Drittel der Beschäftigten von Armut betroffen! Dies ist unter anderem auf die Zunahme von prekären Beschäftigungsverhältnissen zurückzuführen. Im Zeitraum von 2000-2008 ist die Anzahl der ArbeitnehmerInnen zwischen 25-49 in befristeten Verträgen um ein Viertel gestiegen, auch die Zunahme von Teilzeitbeschäftigung folgt diesem Trend.
Der Anteil der Erwerbsbevölkerung, die vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind, ist in der letzten Dekade nicht gesunken und liegt bei ca. 10%. Besonders betroffen sind AlleinverdienerInnen, MigrantInnen und Personen mit schlechter Ausbildung.

In einer neuen Lissabonstrategie müssen diese zwei Problemfelder angesprochen werden. Der Fokus muss darauf gelegt werden, dass nicht nur die Quantität, sondern auch die Qualität des Arbeitsplatzes zählt. Strategien der aktiven Eingliederung der besonders betroffenen Gruppen müssen gefördert werden. Um das Armutsrisiko dieser Gruppen und die Integration in den Arbeitsmarkt voranzutreiben, muss verstärkt in Weiterbildung dieser Gruppen investiert und ihr Zugang zu Kinderbetreuungsplätzen und Gesundheitsversorgung gesichert werden.

Effizientes System – ineffizienter Schutz
Die Modernisierung der Sozialversicherungssysteme in den Mitgliedsstaaten hat zu deren finanziellen Nachhaltigkeit beigetragen, jedoch auf Kosten eines adäquaten Schutzes der Versicherten. In Zukunft werden ausreichende öffentliche Pensionen nur dann zur Verfügung stehen, wenn die ArbeitnehmerInnen mehr und länger arbeiten. Eine Hürde für diese geplante Strategie wird unter anderem die wachsende Ungleichheit innerhalb der Mitgliedsländer bei der Gesundheitsversorgung der ArbeitnehmerInnen sein. Zugang zu adäquaten Gesundheitsdiensten ist von höchster Priorität.

Sozialleistungen als Schutz vor der Krise
Gerade in der Krise ist es wichtig, ein gut funktionierendes Netz an Sozialleistungen zu haben, da diese als automatische Stabilisatoren wirken. Werden die Sozialversicherungssysteme auch in nächster Zeit gut genug sein, um die Auswirkungen der Krise auf die Bevölkerung der Mitgliedsstaaten abfedern zu können? Der Bericht sieht hier besonders auf diejenigen Staaten, deren Sozialversicherungssysteme einen geringen Schutz vor Armut bieten und die hoch verschuldet sind (Estland, Litauen, Lettland und Rumänien), große Probleme zukommen.


Weiterführende Informationen:

Informationsseite der Generaldirektion Beschäftigung mit Bericht zum Download