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Bei der Zwischenprognose für das Wirtschaftswachstum in der EU für das Jahr 2009, die diesen Montag Kommissar Joaquín Almunia in Brüssel vorstellte, ließen überraschend positive Aussichten aufhorchen. Das erste Mal seit einem Jahr musste die Gesamtprognose für 2009 nicht in Folge hinunterrevidiert werden. Das reicht in mageren „Zeiten wie diesen“ schon als Erfolgsnachricht. Die Aussichten für den Arbeitsmarkt und die drohende hohe Staatsverschuldung sitzen dem Kommissar jedoch im Nacken. Das Europäische Statistische Zentralamt berichtet von einem Rückgang der Erwerbstätigen in der EU27 binnen nur eines Quartals um 1,4 Millionen Personen (rund 0,6 %).
Trotz Erholung sollen Konjunkturpakete weitergehen

Vor genau einem Jahr crashte die US-amerikanische Investmentbank Lehman Brothers. Letzten Montag gab der Kommissar der Generaldirektion Wirtschaft und Finanzen, Joaquín Almunia, das erste Mal leichte Anzeichen zur Entwarnung. Die von den Mitgliedsstaaten verabschiedeten Konjunkturpakete und die beispiellosen Liquiditätsmengen die von den Zentralbanken in die Wirtschaft gepumpt wurden, dürften maßgeblich zu der Entspannung der Wirtschaftslage beigetragen haben. Sowohl von der Kommission als auch von der Europäischen Zentralbank wurde in der letzten Zeit vermehrt darauf hingewiesen, dass noch nicht der Zeitpunkt gekommen sei, die Konjunktur stützenden Maßnahmen zu beenden, dass jedoch über eine koordinierte Ausstiegsstrategie- nicht zuletzt zur Stabilisierung der öffentlichen Haushalte- nachgedacht werden müsste.

Laut der am Montag veröffentlichten Zwischenprognose für die EU27, die auf sieben großen Volkswirtschaften basiert, dürfte der Tiefpunkt der Rezession im ersten Quartal 2009 (mit -2,4% BIP Wachstum gegenüber dem Vorquartal) erreicht worden sein. Das zweite Quartal fiel, mit nur -0,9% BIP Wachstum, deutlich besser aus als erwartet. Die Gesamtprognose für 2009 bleibt mit -4% sowohl in der EU27 als auch im Euroraum jedoch unverändert. Es sollte an diesem Punkt nicht unerwähnt bleiben, dass im Vergleich zum Vorjahr das BIP in der EU27 um immerhin 5% gesunken ist.

Keine Angst vor Deflation

Die Inflationsprognose der Kommission bleibt für die EU27 ebenfalls unverändert bei 0,9% und für die Eurozone bei 0,2%, womit die Kommission Preisstabilität gewährleistet sieht. Die Gefahr einer Deflation scheint gebannt, auch die Rohstoffpreise steigen wieder leicht an. Für die KonsumentInnen wirkt sich die niedrige Inflation positiv auf ihr verfügbares Einkommen aus.

Mehrer Wirtschaftsindikatoren weisen auf Stabilisierung hin

Aktuelle Umfragen, die das Vertrauen der UnternehmerInnen und KonsumentInnen in die Wirtschaft messen, wie der „Economic Sentiment Indicator“ der Kommission und der „Business Cyle Tracer“, weisen auf eine Stabilisierung der Lage hin und geben leichte Hoffnung für ein positives Wirtschaftswachstum in der zweiten Jahreshälfte.

Exporte und Importe in der EU sind zwar gegenüber dem ersten Quartal 2008 um 17% bzw. 16% respektive gefallen, Nettoexporte trugen im 2. Quartal jedoch das erste Mal wieder positiv zum Wirtschaftswachstum bei.

Auch Bernanke ist zuversichtlich

Die USA hat sich schneller als Europa von der Krise – jedenfalls hinsichtlich des Wirtschaftswachstums – erholt. Bereits im dritten Quartal sollen wieder positive Wachstumsraten anstehen, das verlautete Ben Bernanke, Chef der US-amerikanischen Zentralbank, am Dienstag nach einer Rede zum einjährigen Jubiläum von Lehman Brothers. Das Ende der Rezession dürfte von den ArbeitnehmerInnen in den USA jedoch nicht so bald bemerkt werden, da die Situation am Arbeitsmarkt weiterhin sehr angespannt bleiben wird.

Weiterer Anstieg der Arbeitslosigkeit erwartet

Für die EU27 erwartet die Kommission, dass die schlimmste Zeit am Arbeitsmarkt noch bevorsteht. Unterstützt wird diese Annahme von einer ersten Schätzung des Europäischen Statistischen Zentralamts für das zweite Quartal 2009: Demnach ist die Zahl der Erwerbstätigen in der Eurozone im zweiten Quartal 2009 gegenüber dem Vorquartal um 702.000 Personen bzw. 0,5 % zurückgegangen. Für die EU27 liegt der Rückgang bei 1.443.000 Personen bzw. 0,6 %. Im Jahresvergleich nahm die Beschäftigung sogar um 1,8 % (Eurozone) bzw. um 1,9 % (EU27) ab. Die in Folge der Rezession implementierten Maßnahmen zur Stützung des Arbeitsmarkts gehen zwar momentan noch weiter, jedoch werden einige der positiven Effekte Ende des Jahres auslaufen. Falls die Stabilisierung der Wirtschaft nicht rasch eintritt, ist damit zu rechnen, dass manche der betroffenen Firmen die staatlich geförderten Maßnahmen zur Kurzarbeit nicht weiter nutzen, sondern MitarbeiterInnen kündigen werden.


Weiterführende Informationen:

Zwischenprognose der Europäischen Kommission (nur in Englisch verfüg-bar)

EUROSTAT-Schätzung der Erwerbstätigen für das zweite Quartal