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Als weitere Maßnahme gegen die Finanzkrise veröffentlichte die Kommission am 29. April zwei Empfehlungen für Entlohnungssysteme in börsennotierten Unternehmen und in der Finanzindustrie. Durch diese Empfehlungen sollen die „goldenen Handschläge“ für erfolglose ManagerInnen der Vergangenheit angehören und dem kurzfristigen Handeln der Finanzindustrie entgegen gewirkt werden. Ob jedoch die Empfehlungen, die gesetzlich nicht bindend sind, in den EU-Mitgliedsstaaten umgesetzt werden ist mehr als fragwürdig.
Im Lichte der Finanzkrise zeigte sich, dass die bisherigen Entlohnungssysteme für Vorstände immer komplexer wurden, teilweise zu „exzessiven“ Gehältern ohne leistungsbezogener Rechtfertigung führten und den betrieblichen Fokus vor allem auf kurzfristige Erfolge lenkten, folgert die Kommission in ihrer Empfehlung. Ebenso sieht die Kommission einen eindeutigen Zusammenhang zwischen den Vergütungspraktiken der Finanzindustrie und den überhöhten Risiken, die von Banken bzw. Investmentfirmen eingegangen worden sind. Auch wenn diese Entlohnungssysteme nicht als Hauptursache für die Finanzkrise bezeichnet werden können, wurden dadurch langfristige Perspektiven außer Acht gelassen und weltweite systemische Probleme mitverursacht.

Die Empfehlung der Kommission für die Entlohnung der Unternehmensleitung von börsennotierten Unternehmen ist eine Fortführung der Kommissions-Empfehlungen aus den Jahren 2004 und 2005. Der aktuelle Vorschlag der Kommission verkündet die Botschaft, dass sich Vergütungssysteme für Führungskräfte am langfristigen, nachhaltigen Erfolg des Unternehmens orientieren sollen. Die Leistungskriterien für die Entlohnung von ManagerInnen sollen hierbei klar definiert und kontrollierbar sein. Hohe Abfertigungen, die sogenannten „goldenen Handschläge“, sollen in Zukunft bei ManagerInnen die das Unternehmen auf Grund ihres eigenen Fehlverhaltens oder auf Grund von nicht erbrachten Leistungen geschädigt haben, nicht mehr gewährt werden. Als Obergrenze für Abfertigungen schlägt die Kommission die zweifache Höhe eines Jahresgehaltes (des nicht-variablen Teils des Einkommens) vor. Aktienoptionen von ManagerInnen sollen erst nach drei Jahren ausgeübt werden dürfen und sollen ebenfalls an konkrete Leistungsziele gebunden werden. Für Aufsichtsratsmitglieder soll jedoch die Möglichkeit von Aktienoptionen als Teil ihrer Entlohnung nicht bestehen. Die Kommission spricht sich ferner für eine Begrenzung des variablen Teiles von Managervergütungen aus, ohne diese Grenze konkret zu definieren.

Die zweite Kommissions-Empfehlung zur Entlohnungspolitik im Finanzdienstleistungssektor zielt vor allem auf ein besseres Risikobewusstsein von MitarbeiterInnen von Kreditinstituten, Investmentfirmen, Versicherungen, Pensions-Fonds usw. ab. Die Entlohnungssysteme im Finanzdienstleistungssektor sollen keine Anreize für „exzessives“ Risikoverhalten schaffen, im Einklang mit dem langfristigen Interesse der Finanzunternehmung stehen, sowie die Interessen von Klienten und Investoren schützen. Um „exzessives“ Risikoverhalten zu vermeiden, empfiehlt die Kommission spezielle Entlohnungssysteme für all jene MitarbeiterInnen, die durch ihre Tätigkeit einen maßgeblichen Einfluss auf das Risiko-Profil der Finanzunternehmung haben. Auch in dieser Empfehlung ist von einer Begrenzung des variablen Teils der Entlohnung zu lesen. Jahresprämien bzw. Boni sollen die Finanzinstitute erst verzögert auszahlen, damit mögliche zukünftige Risiken berücksichtigt werden können. Ebenso soll es möglich sein, dass Bonuszahlungen im Nachhinein zurückgezahlt werden müssen, falls sich herausstellt, dass der Leistungsnachweis mangelhaft war. Weiters spricht sich die Kommission für Mindeststandards bei der Offenlegung der Entlohnungspolitik, wie z.B. für die genaue Angabe der Zusammensetzung und Mandate in Gremien für die Entlohnung aus.

Die Kommissions-Empfehlungen zu Regulierung von Managervergütungen erscheinen vor allem auf Grund der Erfahrungen mit den Empfehlungen aus den Jahren 2004 und 2005 als „zahnlos“. So stellte jüngst das Europäische Coporate-Governance-Forum, ein von der Kommission selbst eingerichtetes Forum zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts, fest, dass die Wirkung der unverbindlichen Empfehlungen aus dem Jahr 2004 und 2005 minimal war. Es forderte von der Kommission den Erlass einer Richtlinie mit bindendem Charakter, demzufolge börsennotierte Unternehmen ihre Vergütungspolitik offenlegen müssen.

AK EUROPA und das ÖGB Europabüro nehmen die Veröffentlichung der Kommissionsempfehlungen zu den Managergehältern zum Anlass, um im Rahmen ihrer Veranstaltungsreihe „Regulate the Markets! Märkte mit Regeln!“ am 11. Mai in Brüssel mit Top-ExpertInnen über die Sinnhaftigkeit unverbindlicher Regeln für die Entlohnung von Unternehmenslenkern zu diskutieren.


Weiterführende Informationen:

Empfehlung des European Corporate Governance Forum (nur in Englisch verfügbar)

Pressemitteilung zur Vergütung von Mitarbeitern im Finanzdienstleistungssektor

Pressemitteilung zur Vergütung von Mitgliedern der Unternehmensleitung von börsennotierten Unternehmen