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Jahrelang hatten das Europäische Parlament und Arbeitnehmervertreter die lückenlose Regulierung von Hedgefonds und Private Equity Fonds ganz oben auf ihrer Forderungsliste. Im Zuge der Finanzkrise rückte eine entsprechende Initiative der Kommission endlich in greifbare Nähe, nachdem der zuständige Kommissar McCreevy über Jahre dem Druck der Finanzlobby nachgegeben und jede Form der europäischen Regulierung verhindert hatte. Diese Woche war es dann in Brüssel endlich so weit. Der von der Kommission vorgelegte Entwurf scheint jedoch teilweise jenen Recht zu geben, die befürchtet hatten, dass die Kommission wieder nur einen kosmetischen Entwurf vorlegen würde, der zu viele Schlupflöcher offen lässt.
Bereits im Vorfeld der Veröffentlichung des Entwurfs war es zu einer Auseinandersetzung zwischen den Europäischen Sozialdemokraten und der Kommission gekommen. Die Sozialdemokraten ließen am Text der Kommission, der bereits vor dem offiziellen Beschluss durchgesickert war, kein gutes Haar und machten den Kommissionspräsidenten Barroso persönlich dafür verantwortlich, trotz Lippenbekenntnissen für eine effektive Regulierung einen zu schwachen Vorschlag seines umstrittenen irischen Kommissars McCreevy zugelassen zu haben.

In einer ausführlichen Analyse des inoffiziellen Kommissionsentwurfs, den der Führer der Europäischen Sozialdemokraten Poul Nyrup Rasmussen zu Beginn der Woche in Brüssel präsentierte, gibt es auch begrenztes Lob für den Vorschlag der Kommission. So sei der Ansatz, nicht nur Hedge Fonds und Private Equity Fonds, sondern auch alle anderen Marktteilnehmer einer Regulierung zu unterziehen, ebenso zu begrüßen wie die Tatsache, dass die Kommission endlich vom jahrelang praktizierten Ansatz der Selbstregulierung der Industrie durch freiwillige Verhaltenskodizes abrücke.

Damit erschöpfen sich aus Sicht der Sozialdemokraten aber auch die Vorteile des Kommissionsvorschlags. Einer der Hauptkritikpunkte der Sozialdemokraten gilt dem Zulassungssystem, das ein wenig dem Herkunftslandprinzip aus dem ursprünglichen Entwurf der Kommission zur Dienstleistungsrichtlinie ähnelt: Ist ein Fondsmanager einmal in einem Mitgliedsland registriert, so kann er in allen anderen Mitgliedsländern seine Produkte vermarkten. Nationale Bestimmungen, die über jene des Kommissionsentwurfs hinaus gehen, sind damit nicht mehr möglich, soferne sich die Fonds nicht an Kleinanleger wenden.

Gerade vor diesem Hintergrund fordern die Sozialdemokraten ein strenges Regulierungsregime. Wenn die Zulassung für die ganze Union gilt, sei es umso wichtiger, dass ein hohes Regulierungsniveau gewährleistet ist. Und hier sehen die Sozialdemokraten deutliche Schwächen. Die Kommission schlägt nämlich vor, dass nur Fondsmanager reguliert werden sollen und nicht die Fonds selbst – eine dem britischen Modell nachgebildete Regelung. Schließlich werden in Großbritannien und am Finanzplatz London 80% der EU-Hedgefonds gemanagt, während die Fonds selbst vorwiegend aus steuerlichen und juristischen Gründen in der Mehrzahl in Offshorezentren wie den Cayman-Inseln angesiedelt sind. Der Zugriff auf diese Fonds selbst wäre demnach nach dem Kommissionsvorschlag nach wie vor nahezu unmöglich. Offensichtlich haben die Briten ihren Einfluss in der Kommission geltend gemacht, um der Londoner City dienlich zu sein, was dem Vernehmen nach bei anderen Mitgliedstaaten wie Deutschland und Frankreich kritisch gesehen wird.

Auch europäische Investoren – zu denen häufig wichtige institutionelle Investoren wie Pensionsfonds zählen, die die Ersparnisse der ArbeitnehmerInnen verwalten – sind nach Auffassung der Sozialdemokraten in diesem Modell nicht ausreichend geschützt. Die Richtlinie sieht nämlich nur vor, dass Fondsmanager, die in der EU angesiedelt sind, reguliert werden sollen, nicht jedoch Fondsmanager, die nicht in der EU angesiedelt sind, jedoch für Fonds arbeiten, in die europäische Investoren investiert haben. Ferner kritisierten die Sozialisten die Veranlagungsgrenze, ab der die Richtlinie greift. Die Kommission sah nämlich in ihrem ersten Entwurf vor, dass nur Fonds mit einem Anlagevolumen von über EUR 250 Millionen der Richtlinie unterworfen sein sollen. Das sind gemäß Berechnungen der Sozialdemokraten aber nur 15% aller Fonds. Es war zu befürchten, dass es zu regulatorischer Arbitrage kommt, in dem große Fonds einfach in kleinere zerlegt werden, um der Aufsicht zu entgehen.

Weitere fundamentale Kritikpunkte von Rasmussen und Co. an dem Entwurf: Keine ausreichenden Informationspflichten für die Fondsmanager; keine ausreichenden Informationsrechte für ArbeitnehmerInnen und ihre Vertreter, wenn ihr Unternehmen beispielsweise von einem Private Equity Fonds geschluckt wird; unzureichende Bestimmungen über das zulässige Ausmaß der Verschuldung und die notwendigen Eigenmittel von Hedgefonds; keine Berücksichtigung von steuerlichen Aspekten.

Der Druck der Sozialdemokraten auf die Kommission hat zumindest teilweise Früchte getragen. So hat die Kommission in ihrem endgültigen Entwurf die Anlageschwelle, ab der Fondsmanager den Vorschriften der Richtlinie unterliegen jetzt von EUR 250 Millionen auf 100 Millionen gesenkt. Und auch Fondsmanager, die Fonds aus Drittstaaten in der EU vermarkten wollen, sollen in Zukunft den EU-Vorschriften unterliegen – allerdings erst 3 Jahre nach Inkrafttreten der jetzt vorgestellten Richtlinie.

Die Richtlinie selbst wird jetzt von der Kommission den Mitentscheidern, also dem Europäischen Parlament und den Mitgliedstaaten, zur weiteren Befassung weitergeleitet. Die Kommission rechnet hier mit schwierigen „politischen“ Verhandlungen, die allerdings erst frühestens nach den Wahlen zum EP beginnen können. Die endgültige Richtlinie muss dann von den Mitgliedstaaten jeweils in nationales Recht umgesetzt werden. Die Kommission rechnet deshalb mit einem Inkrafttreten frühestens im Jahr 2011.


Weiterführende Informationen:

Pressemitteilung der Kommission (nur in Englisch verfügbar)

Fragen und Antworten aus Sicht der Kommission (nur in Englisch verfügbar)