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Die soziale Verantwortung von Unternehmen soll nicht nur eine Worthülse bleiben: Das Europäische Parlament verfasste daher einen Initiativebericht, in dem die Kommission aufgefordert wird, ein gemeinschaftliches Rechtsinstrument auf europäischer Ebene zu entwickeln, dass die Rechte von ArbeitnehmerInnen entlang der gesamten Produktionskette, sprich vom Generalunternehmer bis zu allen Subunternehmern, gleich und gerecht regelt. Letzten Montag fand eine erste Debatte im Beschäftigungsausschuss des Europäischen Parlaments dazu statt.
Hintergrund des Initiativberichtes war die europaweit zu beobachtende Entwicklung der verstärkten Vergabe von Unteraufträgen. Seit mehreren Jahrzehnten werden unter dem Credo des „Outsourcings“ Unternehmensaufgaben an Dritte vergeben, die diese angeblich effizienter und flexibler erfüllen können. Dieser Trend macht sich nicht nur im Bausektor, sondern auch in Bereichen wie der Reinigungsindustrie oder im Verkehrswesen bemerkbar. Die Vergabe von Unteraufträgen wurde zur zentralen Managementidee um Kosten zu senken, Produktionskapazitäten und Profite zu steigern.

Die Kehrseite der Medaille verdeutlicht jedoch, dass diese Einsparungspotenziale zum Großteil nur durch die schlechtere soziale Absicherung von ArbeitnehmerInnen in Subunternehmen verwirklicht werden können. Die Vergabe von Unteraufträgen führt zu einer Komplexität von Beziehungen zwischen Muttergesellschaften und ihren Tochtergesellschaften bzw. zwischen Generalunternehmer und Subunternehmer. Dadurch wird es erschwert Zuständigkeiten oder Haftpflichten der unterschiedlichen Akteure auszumachen. Unternehmer schaffen es durch diese Methodik die sozial Verantwortung für ihre ArbeitnehmerInnen, und somit auch die „sozialen“ Kosten, zu externalisieren. Auf diesem Weg werden ArbeitnehmerInnen ihrer sozialpolitischen Errungenschaften beraubt und die Gesellschaft zweigeteilt: Auf der einen Seite stehen jene Menschen in regulären Arbeitsverhältnissen und auf der anderen Seite das sogenannte Prekariat mit schlechter arbeits- und sozialrechtlicher Absicherung.

Im Bericht hebt das europäische Parlament acht Mitgliedsstaaten (Österreich, Belgien, Finnland, Frankreich, Deutschland, Italien, die Niederlande und Spanien) positiv hervor, die bereits nationale Haftungsregelungen eingeführt haben, um dieser Entwicklung entgegen zu wirken. Der Verfasser des Parlamentsberichtes Lasse Lethinen (Sozialdemokratische Partei Europas), ist jedoch davon überzeugt, dass europäische Probleme am effektivsten mit europäischen Lösungen behoben werden können. Daher fordert das Europäische Parlament die Kommission zu folgenden notwendigen Schritten auf:
  • Ein klar umrissenes gemeinschaftliches Rechtsinstrument zur Einführung der gesamtschuldnerischen Haftung auf europäischer Ebene zu entwickeln;
  • Einen Vorschlag über ein Sozialsiegel vorzulegen, der sich auf Kriterien wie Einhaltung von Kernarbeitsnormen, soziale Rechte, Weiterbildung der ArbeitnehmerInnen und Gleichbehandlung stützt;
  • Die gesamtschuldnerische Haftung für die General- oder Hauptunternehmen zu regeln, um so den Missbrauch im Bereich der grenzüberschreitenden Auftragsweitergabe und Auslagerung zu bekämpfen;
  • Behörden werden aufgefordert beim G20-Gipfel in Washington entsprechende Rechtsvorschriften zu erlassen oder weiter zu entwickeln. Die Unternehmen, die nachweislich gegen arbeitsrechtliche Bestimmungen, Tarifverträge oder Verhaltenskodizes verstoßen haben, sollen von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden.
Die Initiative des Europäischen Parlaments ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Nun liegt es an der Europäischen Kommission die Anliegen des Berichts aufzunehmen und danach zu handeln. Denn wenn man einen fairen Wettbewerb will, muss man auch entsprechende Regeln schaffen, damit Unternehmen nicht auf Kosten von ArbeitnehmerInnen Profite maximieren.


Weiterführende Informationen:

Berichtsentwurf über die soziale Verantwortung von Unterauftragnehmern in Produktionsketten