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Jetzt hat auch die Europäische Kommission die Katze endlich aus dem Sack gelassen. Nachdem die vergangenen Prognosen zu Wirtschaftswachstum und Beschäftigung zum Teil deutlich daneben lagen und zu optimistisch waren, legt die Kommission jetzt endlich die Fakte auf den Tisch. Und die sehen alles andere als rosig aus.
Die jüngste Zwischenprognose für 2009-2010 zeigt eine deutliche Konjunkturabschwächung im gesamten EU-Raum. Die Finanzkrise ist endgültig in der Realwirtschaft angekommen. Der Konjunktureinbruch wird zu einem dramatischen Rückgang der Beschäftigung, einem Anstieg der Arbeitslosigkeit und damit verbunden einem Anwachsen der öffentlichen Ausgaben in den meisten europäischen Ländern führen.

Gemäß der am 19. Januar in Brüssel veröffentlichten Zwischenprognose der Kommission wird das BIP-Wachstum der EU-27 2009 um 1,8 % sinken. Dieser Rückgang des Wirtschaftswachstums hat nach Ansicht der ExpertInnen zur Folge, dass es zu einem Abbau von 3,5 Millionen Arbeitsplätzen kommen wird und dass die Arbeitslosenquote in der EU 2009 auf 8,75 % ansteigen wird. Die europaweiten Wellen der Finanzkrise werden auch Österreich treffen. Für Österreich rechnet die Kommission mit einem Rückgang des BIP-Wachstums 2009 um 1,2 %. Das bedeutet am österreichischen Arbeitsmarkt einen Beschäftigungsrückgang von 0,8 % in diesem Jahr. Für 2010 geht die Kommission zwar derzeit von einem minimalen Wachstum von 0,5 % aus, muss aber zugeben, dass diese Schätzung mit erheblichen Unsicherheiten behaften sein könnte. Es kann also auch noch viel schlimmer kommen.

Besonders betroffen von den Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise ist die Automobilindustrie inklusive der Zulieferbetriebe. 2008 wurden in der EU bereits um 8 % weniger Autos verkauft und 2009 wird ein weiterer Verkaufsrückgang von 10 – 20 % erwartet. Die Probleme der Automobilindustrie sind besonders dramatisch, da dieser Zweig einer der wichtigsten in der europäischen, aber auch in der österreichischen Wirtschaft ist. In ganz Europa sind 12 Millionen ArbeitnehmerInnen im Automobilsektor beschäftigt.

Aus diesem Grund hat Industriekommissar Günther Verheugen am 16. Jänner ein informelles Treffen der Wirtschaftsminister zu diesem Thema in Brüssel einberufen. Inhalt des Treffens war zunächst eine gemeinsame Analyse über die Problemlage im Automobilsektor. Hierbei kristallisierten sich drei zentrale Faktoren heraus, die für die Probleme verantwortlich sind. Erstens der kurzfristige Nachfragerückgang. Zweitens ein generelles Strukturproblem innerhalb der Automobilindustrie: Der Automobilsektor verzeichnet eine strukturelle Überproduktion von 20 %. Und drittens ein Engpass beim verfügbaren Kapital auf Grund der Zurückhaltung von Banken bei der Kreditvergabe. Dies macht es vor allem Klein- und Mittelbetrieben aus der Zulieferindustrie schwer, die Krise durchzutauchen.

Im Anschluss wurde die Rolle der EU bei der Bekämpfung der Krise im Automobilsektor diskutiert. Es herrschte Konsens darüber, dass die EU eine wichtige Koordinierungsfunktion hat und für die Einhaltung der Prinzipien des fairen Wettbewerbs und des Binnenmarkts sorgt. In Bezug auf Empfehlungen oder Leitlinien zu den diversen nationalen „Rettungspaketen“ für die Automobilbranchen der Mitgliedstaaten blieben die Ergebnisse jedoch (bewusst) vage. Es wird nur festgehalten, dass auf nationaler Ebene sowohl Maßnahmen auf der Angebots- sowie auch auf der Nachfrageseite notwendig sind. Hierbei wird an Verschrottungsprämien, Steueranreize, Pläne zur Arbeitsplatzsicherung und besseren Zugang zu Krediten für Autohersteller gedacht. Zum letzt genannten Punkt verweist die Europäische Investitionsbank darauf, dass bereits jetzt fast sämtliche Autohersteller in Europa mit ihr kooperieren. Der angedachte Projektumfang beträgt € 6 Milliarden, die insbesondere für „grüne“ Projekte investiert werden sollen.

Auf die Frage, wo die ArbeitnehmerInnen in der Finanz- und Wirtschaftskrise bleiben, geben die aktuellen Wirtschaftsprognosen eine klare Antwort: Die ArbeitnehmerInnen sind die Hauptleidtragenden der Krise – durch Arbeitsplatzverlust, Kurzarbeit und Kaufkraftrückgang. Die ArbeitnehmerInnenvertreter werden weiter darauf pochen, dass klare Regeln für die Finanzindustrie gelten. Es gilt um jeden Preis zu verhindern, dass in guten Zeiten Gewinne privatisiert werden und in schlechten Zeiten die öffentliche Hand und die ArbeitnehmerInnen für die Verluste und Schulden von unverantwortlichen Marktteilnehmern und Managern gerade stehen müssen.


Weiterführende Informationen:

EU-Zwischenprognose 2009-2010 (nur auf Englisch verfügbar)

Kurfassung der EU-Zwischenprognose 2009-2010

Die europäische Antwort auf die aktuelle Krise im Automobilsektor (nur auf Englisch verfügbar)