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ZurückUm den Weg zur Klimaneutralität bis 2050 zu unterstützen, wurde aktuell von der EU-Kommission im Rahmen des Industrieplans für den Grünen Deal ein Vorschlag für eine Netto-Null-Industrie-Verordnung vorgelegt. Damit die EU beim grünen Wandel wettbewerbsfähig bleibt und wirtschaftlich nicht etwa hinter die USA oder China zurückfällt, bedarf es einer wirkungsvollen europäischen Industriepolitik für erneuerbare Energien und klimaneutrale Produktion.
Die europäische Industrie ist von herausragender Bedeutung, auf sie entfallen mehr als 20% der EU-Wertschöpfung. Sie ist für 80% aller Güterexporte aus der EU verantwortlich und durch sie werden ca. 35 Millionen Arbeitsplätze geschaffen. Angesichts der enormen Herausforderungen, vor die die Klimakrise die gesamte Welt stellt, muss auch die Industrie politisch so ausgerichtet werden, dass Klimaneutralität in der EU bis 2050 erreicht werden kann. Das jüngst von der US-amerikanischen Regierung beschlossene Gesetz zur Senkung der Inflation (Inflation Reduction Act – IRA) soll auch dazu beitragen, dass die Treibhausgasemissionen in den USA bis 2030 um 40% sinken, dabei aber insbesondere auch die lokale Produktion stärken und fördern. Es sieht milliardenschwere staatliche Förderungen für sauberen Strom und saubere Fahrzeuge vor, sofern sie (mit ein paar Ausnahmen) in den USA produziert werden. Diese steuerlichen Anreize wecken in der EU Bedenken. Man befürchtet eine „Standortflucht“ von Unternehmen in die USA, weil die Bedingungen dort günstiger sein könnten. Während ein „globaler Beihilfenwettlauf“ um Schlüsseltechnologien vermieden werden sollte, muss sich die EU doch an diesen Anreizsystemen orientieren, um als Produktions- und Investitionsstandort attraktiv zu bleiben, und zugleich extreme Abhängigkeiten von Staaten wie China abbauen.
Aktive EU-Industriepolitik für klimaneutrale Energie und Produktion
Im Rahmen des EU Industrieplans für den Grünen Deal wurde nun von der EU-Kommission ein Vorschlag für die Netto-Null-Industrie-Verordnung vorgelegt. Die EU möchte mit ihrer Industriepolitik erreichen, die Wettbewerbsfähigkeit der eigenen Industrie zu erhalten, zu stärken und dafür zu sorgen, dass die Wirtschaft nachhaltiger und resilienter ist. So sollen die Weichen für die digitale und grüne Transformation gestellt werden. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen konkretisierte die Ziele der Verordnung: „Sie wird dafür sorgen, dass für alle Sektoren, die für die Erreichung der Klimaneutralität bis 2050 entscheidend sind, wie Technologien für Windkraftanlagen, Wärmepumpen, Sonnenkollektoren, erneuerbaren Wasserstoff und CO2-Speicherung, besonders günstige Bedingungen gelten.“
Darüber hinaus wird ein Fokus auf widerstandsfähige und diversifizierte Lieferketten gelegt. So soll bis 2030 eine Bedarfsdeckung von mindestens 40% durch die EU-interne Produktion erreicht werden, was jedoch ein rein politisches Ziel und keine rechtliche Vorgabe ist. Außerdem werden in der Verordnung günstige rechtliche Voraussetzungen wie kürzere Genehmigungsfristen und -prozesse und eine generelle Verringerung des Verwaltungsaufwands vorgesehen. Saubere Technologien sind bereits jetzt ein boomender Markt, auf dem die EU ihren Wettbewerbsvorteil weiter ausbauen möchte. Wenn es zum Beispiel um die Wasserstoffproduktion geht, liegt die EU im globalen Wettbewerb aktuell weit vorne. Kontrovers ist, dass die EU-Kommission Atomkraft als „klimaneutrale“ Möglichkeit der Energiegewinnung im Rahmen des Industrieplans diskutieren möchte.
AK fordert stärkeren sozialen und ökologischen Fokus
Wenngleich die AK den Verordnungsentwurf begrüßt, fordert sie für die weitere Vorgehensweise und die finale Verordnung „Augenmaß und soziale Standards“. Es ist wichtig, eine rasche Antwort auf die Milliardenmaßnahmen in den USA zu finden, um die grüne Wende zu beschleunigen und qualitative Industriearbeitsplätze zu schaffen. Neben der Stärkung von Industrie und Produktion in der EU darf man aber nicht auf die Arbeitnehmer:innen vergessen. Dazu sind unter anderem Standort- und Beschäftigungssicherheit, Mitbestimmungsmöglichkeiten und Aus- und Weiterbildungschancen zu zählen. Und es braucht EU-weit verbindliche Standards für eine sozial und ökologisch ausgerichtete öffentliche Beschaffung. Auch bei der Verfahrensvereinfachung dürfen Umweltschutz und andere öffentliche Interessen nicht an Gewicht verlieren. Zu Atomkraft hat die AK einen klaren Standpunkt: Sie darf keinesfalls auf eine Stufe mit Erneuerbaren Energien gestellt werden.
Weiterführende Links:
AK EUROPA: Industrieplan für den Grünen Deal. Förderung des grünen Übergangs und der europäischen CO2-neutralen Industrie
EU-Kommission: Der Industrieplan für den Grünen Deal
EU-Kommission: Netto-Null-Industrie-Verordnung
Rat der EU: Die Industriepolitik der EU