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ZurückAm 29. Februar steht das Handels- und Investitionsabkommen der EU mit Chile zur Abstimmung im Europäischen Parlament. Aus Sicht der AK ist das Abkommen hochproblematisch, denn es wirkt sich unter anderem negativ auf Umwelt- und Sozialstandards aus. Von dem Ziel, mit Hilfe der Handelspolitik zu den Zielen des Green Deals beizutragen, rückt die EU damit ein weiteres Stück ab.
Die EU-Kommission hat Ende 2020 eine Neuausrichtung der EU-Handelspolitik angekündigt, sodass der Außenhandel im Sinne des europäischen Grünen Deals eng mit den EU-Klimazielen verknüpft wird. Damit sollte ein wesentlicher Beitrag zur Lösung der Klimakrise sowie zur Verbesserung von Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards geleistet werden. Doch das Abkommen mit Chile weist erhebliche Schwächen auf, welche diese Ziele gefährden und aus Arbeitnehmer:innensicht hochproblematisch sind.
Sonderklagerechte. Bevorzugung von Konzernen gefährdet sozialen und ökologischen Fortschritt
Das Abkommen mit Chile enthält Sonderklagerechte für Konzerne. Damit können Unternehmen Staaten aufgrund einer Verbesserung von Arbeitsrechten oder des Klimaschutzes vor privaten Schiedsgerichten verklagen, sollten Gewinnerwartungen nicht erfüllt werden. Der Investitionsschutz in diesem Abkommen fördert also weiterhin die ungerechte Bevorzugung ausländischer Konzerne. Sonderklagerechte müssen zurückgedrängt statt weiter ausgedehnt werden. Im Fall von Chile können sie zukünftig notwendige Gesetzesinitiativen in den Bereichen Umweltschutz, Arbeitsrecht oder der Rechte indigener Völker ausbremsen.
Landwirtschaft. Schlechte Arbeitsbedingungen und gefährliche Pestizide
Niedriglöhne, Kinderarbeit und Landraub: All diese Probleme stehen für Arbeiter:innen in der chilenischen Exportlandwirtschaft an der Tagesordnung. Das Abkommen wird sie weiter verschärfen, da es den Handel nochmals steigert. Es begünstigt aber auch die Ausfuhr von Pestiziden aus der EU nach Chile. Diese sind zwar hierzulande verboten, dürfen jedoch nichtsdestotrotz von europäischen Firmen hergestellt und exportiert werden. Der Einsatz dieser Mittel wird mit Vergiftungen, steigenden Krebsraten und Missbildungen bei Kindern in Verbindung gebracht. Und nicht nur das: Durch das Abkommen landet pestizidbelastetes Obst und Gemüse noch häufiger auch auf unseren Tellern in Europa.
Bergbau. Ausbeutung statt eigener industrieller Entwicklung
Chiles Rohstoffreichtum gilt als wichtiges Argument für das neue Abkommen, doch die unmenschlichen und ausbeuterischen Bedingungen im Bergbau werden dabei meist ausgeblendet. Kinderarbeit, schwere Unfälle, Behinderung von Gewerkschaften und giftige Chemikalien sind bittere Realität und gefährden Arbeiternehmer:innen, Bewohner:innen, indigene Gemeinschaften und die Natur. Das Abkommen wird Chile außerdem weitgehend Maßnahmen zum Aufbau einer eigenen rohstoffverarbeitenden Industrie verbieten, nämlich etwa über den Weg von Exportbeschränkungen und Exportmonopolen. Statt zu wirtschaftlicher Entwicklung beizutragen, verunmöglicht es sie.
Nachhaltigkeit. Zahnlose Willensbekundungen statt wirksamer Sanktionen
Das Nachhaltigkeitskapitel des interimistischen Handelsabkommens soll Arbeits-, Umwelt- und Klimastandards schützen. Allerdings unterliegt es – wie leider üblich - nicht dem allgemeinen Streitbeilegungsverfahren, wonach bei einem Bruch der geltenden Vorschriften, Sanktionen folgen können. Damit kann es, anders als es auch die EU-Kommission eigentlich vorsieht, nicht durchgesetzt und Verstöße dagegen können nicht sanktioniert werden. Das Nachhaltigkeitskapitel ist damit zahnlos und wird den großen Problemen in Arbeitswelt, Landwirtschaft und Bergbau nicht gerecht.
Daseinsvorsorge. Lückenhafter Schutz
Kritische Bereiche der Infrastruktur und Daseinsvorsorge sind aus dem Abkommen nicht lückenlos ausgenommen, auch nicht in essenziellen Bereichen wie der Wasserversorgung. Sollten etwa Privatisierungen zurückgenommen werden, ist die öffentliche Hand durch Konzernklagerechte bedroht. Die Daseinsvorsorge muss aus Handelsabkommen lückenlos ausgenommen werden, um öffentlichen Handlungsspielraum und Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Der Ausbau und die Absicherung von Liberalisierungen wie in diesem Abkommen bedrohen außerdem die notwendige wirtschaftliche Regionalisierung und die sozial-ökologische Ausrichtung öffentlicher Aufträge.
Die Arbeiterkammer hat sich in einem Brief an alle Mitglieder des Handelsausschusses des EU-Parlaments gewandt und ausdrücklich dazu aufgefordert, gegen das Abkommen zu stimmen. Am 24. Januar wurde das Abkommen im Ausschuss allerdings angenommen. Im Februar folgt dann die Abstimmung im Plenum. Hier bleibt zu hoffen, dass das Abkommen doch noch abgelehnt wird.
Weiterführende Informationen
AK EUROPA: Nein zum Handels- und Investitionsabkommen der EU mit Chile
AK EUROPA: EU-Chile Abkommen: Nein zu veralteter Handelspolitik!
EU Kommission: EU-Chile Advanced Framework Agreement
EU-Kommission: EU trade relations with Chile. Facts, figures and latest developments.
HesaMag: The bitter taste of Chilean fruit sold in Europe