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Die liberale EU-Abgeordnete Diana Wallis und EU-Kommissar Maroš Šefčovic, zuständig für interinstitutionelle Beziehungen und Verwaltung, luden diese Woche zu einem Informationsseminar ins Europäische Parlament (EP). Präsentiert wurden erste konkrete Ergebnisse, auf die sich die von EP und Kommission besetzte Arbeitsgruppe für ein gemeinsames Lobbyregister bisher geeinigt hat. Ob dieser Vorstoß die Frage „Who´s knocking on our doors?“ – so der Titel der Veranstaltung – beantworten kann, ist zu bezweifeln.
In der EU-Hauptstadt herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass Lobbying ein zentraler Bestandteil der politischen und gesetzgeberischen Tätigkeit ist. Brüssel gilt nach Washington als zweitgrößter Tummelplatz für LobbyistInnen. Industrie, Banken, verschiedene NGOs, Gewerkschaften und viele andere versuchen Einfluss zu nehmen, in erster Linie auf die Kommission und das Parlament. Umso wichtiger ist es, die Tätigkeiten der verschiedenen InteressensvertreterInnen transparent und nachvollziehbar zu machen.

Davon sind die europäischen Institutionen allerdings weit entfernt. So gibt es beispielsweise nicht einmal ein zentrales Register, in dem sämtliche InteressensvertreterInnen erfasst sind.
Genau daran arbeitet die erwähnte Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz von Wallis und Šefčovic. Ziel ist es, das Erfassungssystem des Parlaments und jenes der Kommission zusammenzuführen. Ein zentrales Lobbyregister soll Abgeordneten und KommissionsbeamtInnen ebenso wie BürgerInnen dazu dienen, sich Informationen über lobbyierende Personen und Organisationen zu verschaffen. Ziel der Arbeitsgruppe ist es, so rasch wie möglich eine Vereinbarung zwischen Parlament und Kommission zu unterzeichnen und in den nächsten 12 bis 18 Monaten ein solches Register auf die Beine zu stellen.

Ist drinnen was drauf steht?

Die am Mittwoch präsentierten Ergebnisse auf dem Weg zu einer Einigung können als erster kleiner Schritt in die richtige Richtung bezeichnet werden, erfüllen jedoch noch lange nicht den Anspruch der Transparenz und Vollständigkeit.

Man habe sich, so Šefčovic, auf den Namen Transparenzregister an Stelle von Lobbyregister geeinigt. Das Verzeichnis soll laut Wallis 6 Untergruppen umfassen:

  • Beratungsfirmen und Anwaltskanzleien
  • So genannte „In house lobbyists“, unter anderem aus Unternehmen und Gewerkschaften
  • NGOs
  • Think Tanks und Forschungseinrichtungen
  • Organisationen die Kirchen und Religionsgemeinschaften vertreten
  • Behörden

Die Eintragung in das Register ist nicht verpflichtend, das heißt weder Termine bei Abgeordneten und KommissionsbeamtInnen noch die Möglichkeit, schriftliche Stellungnahmen zu Gesetzesinitiativen einzureichen, ist an eine Registrierung gebunden. Darüber hinaus ist nicht klar, welche Angaben, etwa über Budget, MitarbeiterInnen oder Lobbyingziele, Organisationen machen müssen, um sich registrieren zu können.

Wallis sprach sich ebenso wie ihr sozialdemokratischer Kollege in der Arbeitsgruppe, Jo Leinen, erneut für eine Verpflichtung aus. Šefčovic setzt darauf, dass sich lobbyierende Organisationen schon allein aus Sorge um ihre Reputation registrieren werden.

Transparenz meint mehr
In der anschließenden Diskussion schlug der grüne Abgeordnete Carl Schlyter im Sinne der Transparenz noch viel weiter gehende Maßnahmen vor. So soll es etwa auch ein Register der eingegangenen Dokumente geben und Termine sollen zu gleichen Teilen an InteressensvertreterInnen aus Wirtschaft, NGOs und andere vergeben werden.

Gestreift wurde auch die Frage, inwieweit der Rat als dritte der gesetzgebenden Institutionen Aufrufen zu mehr Transparenz folgen soll. Wallis und Šefčovic haben etwa eine Einladung an den Rat geschrieben, sich ebenfalls am gemeinsamen Register zu beteiligen. Der eingeladene Vertreter der belgischen Ratspräsidentschaft meinte dazu, dass größtenteils in den Mitgliedsländern versucht werde, Einfluss auf Entscheidungen des Rates zu nehmen. Nichtsdestotrotz folge man sehr aufmerksam den Tätigkeiten von EP und Kommission. Über die Einladung werde man in naher Zukunft in der dafür zuständigen Ratsarbeitsgruppe sprechen.

Weiterführende Informationen:

EU-Kommission: Register der Interessensvertreter

Presseaussendung des Parlaments (nur in Englisch)

Parlamentsmagazin mit einem Artikel von Diane Wallis (nur in Englisch)