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Wer hat in Brüssel das Sagen? AK und ÖGB machen seit Jahren zusammen mit europäischen Partnerorganisationen gegen das Kräfteungleichgewicht bei den LobbyistInnen in Brüssel mobil. Diese Woche verschärfte das Europäische Parlament noch einmal den Ton. Und eine neue Studie zeigt, wie wichtig das Thema nach wie vor ist.

 

Zu viele Entscheidungen werden in Brüssel noch immer hinter verschlossenen Türen von sogenannten ExpertInnen getroffen, die in den meisten Fällen von Industrie und Co. kommen. Gemeinsame Studien von AK und ÖGB mit Brüsseler NGOs, die sich ebenso für sauberes Lobbying einsetzen, haben diese gravierende Fehlentwicklung in den vergangenen Jahren immer wieder untermauert.

 

Eines der Probleme sind die sogenannten Expertengruppen. Der breiten Öffentlichkeit oftmals unbekannt dienen sie dazu, die Entscheidungen der Kommission vorzubereiten und sie zu beraten. Bei diesen Gruppen handelt es sich nicht um eine Randerscheinung, sondern um ein weitverbreitetes Phänomen. Eine aktuelle Untersuchung des Europäischen Parlaments zählt rund 830 solcher Gruppen, am Höhepunkt vor der Krise im Jahr 2006 waren es sogar mehr als 1.300.

 

Nicht nur, dass wichtige Entscheidungen an eine Vielzahl von oft in Hinterzimmern fernab des Lichtes der Öffentlichkeit tagende Gruppen delegiert werden, ist beunruhigend. Vor allem ist die Zusammensetzung dieser Gruppen demokratiepolitisch mehr als bedenklich. Immer wieder haben NGOs, AK und ÖGB in den vergangenen Jahren die schockierenden Zahlen angeprangert: Im Durchschnitt vertreten 70 Prozent der ExpertInnen in diesen Gruppen Unternehmensinteressen, nur 15 Prozent werden von NGOs und ganze 2 Prozent von Gewerkschaften entsendet.

 

Die völlig unausgewogene Besetzung dieser Expertengruppen hat in der Vergangenheit bereits zu Protesten des Europäischen Parlaments geführt. Bereits zwei Mal hat das EP kurzfristig die Finanzierung dieser Gruppen auf Eis gelegt. Und auch die einflussreiche Europäische Ombudsfrau hat mit massiver Kritik an den Expertengruppen aufhorchen lassen.

 

Auch in dieser Woche wurde im EP ein Bericht des niederländischen Abgeordneten Dennis de Jong, der sich mit den Expertengruppen befasst, mit großer Mehrheit angenommen. In dem Bericht anerkennt das Parlament zwar, dass sich die Kommission zu einer Reform des Expertendschungels bekannt hat, vermisst allerdings entscheidende Fortschritte. Auch ein in dieser Woche publizierter Bericht der Lobby-NGO Corporate Europe Observatory weist auf weiterhin bestehende massive Defizite und erheblichen Verbesserungsbedarf hin.

 

Weiterführende Informationen:

Lobbying in Brüssel - Die Übermacht der Unternehmen brechen