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ZurückAnlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März steht Brüssel ganz im Zeichen der Gleichstellung der Geschlechter. Bereits im Vorfeld wurden viele Veranstaltungen organisiert, um die immer noch gravierenden, meist strukturellen Benachteiligungen aufzuzeigen und zu diskutieren.
Der Internationale Frauentag am 8. März ist jener Tag, an dem Frauen- und Gleichstellungspolitik auch auf großer Bühne diskutiert wird. Der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) hat dies zum Anlass genommen, um einen Aufruf für die anstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament zu machen: Der EGB fordert dazu auf, besonders Kandidatinnen bei den anstehenden Parlamentswahlen zu unterstützen, da Frauen mit einem Anteil von 36 % im EU-Parlament immer noch deutlich unterrepräsentiert sind. Die anstehende Wahl wäre nun eine Chance, um dieses Ungleichgewicht zu beheben. Auch die Europäische Kommission forderte in einer Presseaussendung, dass mehr Frauen auf der höchsten Ebene aller EU-Ebenen stehen sollten und veröffentlichte zum Anlass des Internationalen Frauentags den Bericht über die Gleichstellung von Frauen und Männern.
Rund um den Weltfrauentag fanden zudem eine Vielzahl von Veranstaltungen in Brüssel statt, um über nach wie vor bestehende Diskriminierungen zu diskutieren und eine feministischere Welt ohne Ausbeutung, Patriarchat und sexuelle bzw. geschlechtsspezifische Gewalt zu gestalten. Neben einer Ausschusssitzung im FEMM Ausschuss des Europäischen Parlaments zum Thema „Rechte der Frau und Gleichstellung der Geschlechter“ organisierte auch die Linke Fraktion (GUE/NGL) zum dritten Mal in Folge das mehrtägige „Feminist Forum: Building a feminist world“. Im Besonderen wurden Themen rund um Feminismus und Markt diskutiert, aber auch die Thematik Migration stand im Zentrum der Debatten. Außerdem wurde ein Stakeholder-Workshop abgehalten, der sich mit dem Thema „Better work-life balance: closing the gender employment gap?“ auseinandersetzte.
Work-Life Balance: Gender Pay Gap durch alternative Karenzmodelle schließen
Viele Paare greifen in der Zeit der Kindererziehung immer noch auf klassische Rollenkonzepte zurück, in denen tendenziell Frauen für die Kindererziehung und Männer für die finanzielle Absicherung der Familie Sorge tragen sollen. Dies zeigen auch Studien der europäischen Statistikinstitute: In Österreich ging 2018 der Anteil von Vätern in Karenz im Vergleich zu den Müttern sogar zurück - von 4,2 % auf 3,8 %. Vorreiter in der EU bei der Teilung der Karenzzeit ist Schweden, wo der Anteil der Väterkarenz bei etwa 27 % liegt. Diese genderspezifische Verteilung der Aufgaben bringt eine Reihe von finanziellen Nachteilen und Abhängigkeiten für Frauen mit Kindern mit sich. Neben schlechteren Karrierechancen haben sie auch geringere Pensionsansprüche, die sich auch im Gender Pension Gap widerspiegeln, der europaweit 36,6 % beträgt (Stand: Oktober 2018).
Die von den EU-Institutionen kürzlich geschlossene Vereinbarung über eine Richtlinie zur Work-Life Balance soll ein erster Schritt sein, um diesem strukturellen Problem entgegenzuwirken. Ziel ist es, Männer verstärkt in die Kinderbetreuung einzubinden und damit eine fairere Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern im Bereich der unbezahlten Familienarbeit zu erreichen. Durch die Einigung wird ein zehntägiger Mindestvaterschaftskarenzurlaub in allen Staaten der EU verpflichtend einzuführen sein. Wenngleich dies als Schritt für mehr Gleichheit in der Kinderbetreuung bewertet werden kann, ist noch ein weiter Weg zu gehen, um eine strukturelle Veränderung herbeizuführen. Katharina Ivanković-Knežević von der Europäischen Kommission wies bei der Diskussion zu „Better work-life balance“ darauf hin, dass mit diesen Regelungen in Staaten, in denen hierzu noch keine Bestimmungen existieren, Mindeststandards geschaffen werden sollen, um eine Entwicklung voranzutreiben. Besonders betonte sie aber die Bedeutung vom Ausbau flexibler Kinderbetreuungsstätten, die speziell auf die Anforderungen der Familien ausgerichtet sind, aber auch die Wichtigkeit der Entwicklung neuer Lösungsansätze, um Arbeit und Kindererziehung besser verbinden zu können. Hier kann beispielsweise eine bessere Einbindung und Nutzung von Technologie und Teleworking eine positive Veränderung bringen.
Europäisches Parlament: Was wurde eigentlich aus der #MeToo Debatte?
Die Kampagne #MeToo zog 2018 viel Aufmerksamkeit auf sich und machte auf das Ausmaß von sexuellen Übergriffen und Gewalt gegen Frauen aufmerksam. Auch im Europäischen Parlament meldeten sich MitarbeiterInnen zu Wort, die von männlichen Abgeordneten, aber auch von Kollegen betatscht, verfolgt oder anderweitig belästig wurden. Daraufhin wurde die Kampagne #metooEP ins Leben gerufen. Ein Jahr nach dem Aufflammen der Diskussion wurden zwar Zeichen gesetzt und eine MeToo-Resolution im Parlament diskutiert, die ein angemessenes Verhalten von EU-Abgeordneten gegenüber Frauen einfordern sollte. Einige Abgeordnete im EU-Parlament wehren sich jedoch immer noch gegen die Maßnahmen. Allen voran regte sich Wiederstand aus den Reihen der deutschen Abgeordneten der Europäischen Volkspartei. Der CDU-Abgeordnete Werner Langen meinte im Jänner 2019 zur Debatte: „Das ist der größte Schwachsinn, den ich je im Parlament erlebt habe“. Dies zeigt deutlich die geringe Sensibilisierung mancher Abgeordneter zum Thema Diskriminierungsschutz. Die Europaabgeordnete Evelyn Regner hielt dem entgegen, dass sich auch Abgeordnete an einen Verhaltenskodex halten müssen: "Wenn man die letzten Jahre nicht unter einem Stein verbracht hat, weiß man, dass wir im EU-Parlament bessere Regeln gegen Belästigung und sexuelle Gewalt brauchen".
Weiterführende Informationen:
Position Paper: Gender Pay Gap in Austria and the European Union
EURACTIV: Better work-life balance – closing the gender employment gap
Europäische Kommission: Equal Pay Day
#MeTooEP: Actions speak louder than words
Europäische Kommission: 2019 Annual report on equality between women and men