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ZurückDie Ausarbeitung von europäischen Berichtsstandards (European Sustainability Reporting Standards - ESRS) stellt einen wichtigen Schritt zur Neuausrichtung der Nachhaltigkeitsberichterstattung dar. Jüngst hat die EU-Kommission einen Entwurf für einen delegierten Rechtsakt für diese Standards vorgelegt. Bei den Offenlegungspflichten der Unternehmen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance ist eine deutliche Reduktion vorgesehen. Wenn es in dieser Form beschlossen wird, würde dies eine erhebliche Verschlechterung gegenüber der gerade erst in Kraft getretenen Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung bedeuten.
Mit 5. Jänner 2023 ist die neue Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive CSRD) in Kraft getreten. Diese ersetzt die bisher geltende Richtlinie über die Nichtfinanzielle Berichterstattung (Non Financial Reporting Directive NFRD) aus dem Jahr 2014. Mit der CSRD werden die bestehenden Regelungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung stark ausgebaut. Drei wesentliche Stoßrichtungen sind die Ausweitung des Geltungsbereichs, die Konkretisierung der Berichtspflichten (u.a. in Bezug auf Ziele und Strategien oder die Abdeckung der gesamten Wertschöpfungskette) mit einheitlichen Berichtsstandards sowie die Verankerung einer verpflichtenden externen Prüfung. Die neuen Bestimmungen erhöhen auch die Verantwortung des Vorstands und Aufsichtsrats für die Nachhaltigkeitsberichterstattung im Unternehmen.
Umsetzung der CSRD durch delegierten Rechtsakt der EU-Kommission
Als Rahmenwerk für die Berichterstattung konnten die Unternehmen bisher aus anerkannten nationalen, unionsrechtlichen oder internationalen Rahmenwerken frei wählen. Zahlreiche Studien – beispielsweise auch eine AK Studie – zeigen, dass die Standards der Global Reporting Initiative (GRI) von den meisten Unternehmen herangezogen werden. Die Möglichkeit der Anwendung verschiedener Rahmenwerke erschwert die Nachvollziehbarkeit der zur Verfügung gestellten Informationen und führt zu eingeschränkter Vergleichbarkeit der Berichte. Die EU-Kommission beauftragte daher die private Vereinigung European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG), Vorschläge für neue einheitliche und verpflichtend anzuwendende Europäische Standards für Nachhaltigkeitsberichterstattung (ESRS) auszuarbeiten. Nach einer Konsultations- und Überarbeitungsphase legte die EFRAG im November 2022 einen Vorschlag für ein sog. 1. Set an Berichtsstandards vor. Wie es der Fahrplan der EU-Kommission vorsieht, sollen die fertigen ESRS im Juli 2023 durch einen delegierten Rechtsakt verabschiedet werden. Zum Entwurf für diesen delegierten Rechtsakt fand bis 7. Juli 2023 ein Feedbackprozess statt, in welchen sich auch die AK mit einer Stellungnahme eingebracht hat. Im Anschluss haben das EU-Parlament und der Rat 2 Monate Zeit Einwände geltend zu machen.
Drohende Abschwächung der CSRD durch delegierten Rechtsakt
Im Vergleich zu vorhergehenden Textentwürfen der EFRAG von April bzw. November 2022 kam es im delegierten Rechtsakt nun jedoch zu einer deutlichen Reduktion der Offenlegungspflichten. Kritisch sind aus AK-Sicht, vor allem folgende Punkte:
- Die in der CSRD als verpflichtend vorgesehenen Angaben zu Umwelt- sowie Sozialbelangen sollen künftig einer Wesentlichkeitsanalyse unterliegen: Unternehmen müssten beispielsweise Angaben zu Klimawandel, Diversität, Gesundheit, Sicherheit oder Aus- und Weiterbildung nur mehr berichten, wenn diese als wesentliche Themen im Rahmen der Wesentlichkeitsanalyse identifiziert wurden.
- Die geplante Änderung von bisher verpflichtenden Berichtsinhalten zu nur mehr freiwilligen Angaben im Zusammenhang mit Nicht-Angestellten (etwa bei Leiharbeit, Werkvertrag, Entlohnung, soziale Sicherheit etc.) ist kritisch zu beurteilen. Damit gehen relevante Informationen über diese Beschäftigtengruppen verloren.
- Zu befürchten ist auch, dass der geplante Rückgang des Detailierungsgrades bzw. der Tiefe der Angaben bei etlichen Berichtspflichten zu einem deutlichen Transparenz- und Informationsverlust führen wird.
Aus Sicht der AK muss gewährleistet werden, dass die Europäischen Standards für Nachhaltigkeitsberichterstattung auch das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit und der Stakeholder, insb. Gewerkschaften, Betriebsräten und Beschäftigten erfüllen. Hier muss es insbesondere eine transparente und vergleichbare Berichterstattung zu den Arbeitsbedingungen und den damit verbundenen Nachhaltigkeitszielen und -risiken geben. Auch aus demokratiepolitischer Sicht erscheint es wichtig, dass der finale delegierte Rechtsakt der EU-Kommission nicht die von allen drei europäischen Institutionen ausverhandelte CSRS nachträglich einschränkt.
Weiterführende Informationen:
EU-Kommission: Feedbackprozess zum delegierten Rechtsakt für Europäische Standards für Nachhaltigkeitsberichterstattung (Nur Englisch)
AK EUROPA Policy Brief: Challenges of the new European Sustainability Reporting Standards (ESRS) (Nur Englisch)
AK Wien: Nachhaltigkeitsreporting ermöglicht Mitbestimmung
AK Wien: Corporate Sustainability Reporting: Weit mehr als nur neue Berichtspflichten zu Nachhaltigkeit
AK Wien: Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD): Implikationen zur Prüfung und für den Aufsichtsrat