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Mehr als zwei Jahre haben Rat und Europäisches Parlament über einen Kommissionsvorschlag beraten, der KonsumentenschützerInnen die Haare zu Berge stehen ließ. Dem Verbraucher hätten einschneidende Verschlechterungen ihrer Rechte gedroht. Sowohl der Rat als auch das Europäische Parlament haben in ihren Beratungen den Kommissionsvorschlag entschärft. Nach der Abstimmung im Binnenmarkt- und Verbraucherschutzausschuss im Europäischen Parlament zeigt sich nun ein gemischtes Bild. Neben einzelnen Verbesserungen gibt es leider auch Verschlechterungen gegenüber dem derzeitigen österreichischen Konsumentenschutzniveau.
Ein kurzer Rückblick: Im Oktober 2008 veröffentlichte die Kommission einen Richtlinienvorschlag, der vorsah die nationalen Konsumentenschutzregelungen durch eine EU-weite Verbraucherrechte-Richtlinie zu ersetzen. Für Österreichs KonsumentInnen hätte dies eine Reihe von Verschlechterungen zur Folge gehabt wie zum Beispiel:

•Im Falle einer Gewährleistung hätte der Händler die Wahlfreiheit, das mangelhafte Produkt auszutauschen oder reparieren zu lassen. Bisher hatte der Verbraucher die Möglichkeit darüber zu entscheiden.
•Wenn es nach der Kommission geht, sind Klauseln, die so nachteilig sind, dass sie nach derzeitigem österreichischem Recht unzulässig sind, nicht unbedingt ungültig. Der Unternehmer könnte nach Meinung der Kommission in Zukunft einwenden, dass er die Klauseln mit dem Verbraucher vereinbart hätte.
•Für Versicherungen, die bei einem Haustürgeschäft abgeschlossen wurden, gäbe es kein Rücktrittsrecht.
•Maßgeschneiderte Informationspflichten für den Konsumenten wie im österreichischen Recht, wären nicht vorgesehen.
•Generell wäre es laut dem Kommissionsvorschlag nicht erlaubt, bessere nationale Konsumentenschutzstandards zu setzen beziehungsweise beizubehalten.

Sowohl Rat als auch Europäisches Parlament haben den Kommissionsvorschlag heftig kritisiert. Dazu beigetragen hat die intensive Aufklärungsarbeit der Konsumentenschutzorganisationen, darunter der Europäischen Verbraucherschutzorganisation BEUC und der Arbeiterkammer. Diese Woche nun fand im Binnenmarkt- und Verbraucherschutzausschuss des Europäischen Parlaments eine Abstimmung über die von den EU-Abgeordneten eingebrachten rund 1.600 Änderungsanträge statt.

Positiv hervorzuheben sind Änderungen bei den so genannten Fernabsatzgeschäften (Versandhandel, Online-Shopping, email-Bestellungen): Die Rücktrittsfrist für zugesandte Waren soll nun 14 Tage betragen, bisher waren es in Österreich nur 7 Tage. Rücksendekosten müssen ab einem Wert des Produkts von mehr als 40 € vom Händler getragen werden. Außerdem müssen Händler im Fernabsatz nun zusätzliche Informationspflichten berücksichtigen, die zum besseren Schutz des Verbrauchers beitragen.

Bei Haustürgeschäften würde das Konsumentenschutzniveau jedoch deutlich sinken, sollte es bei dem Text nach der Abstimmung im Ausschuss des Europäischen Parlaments bleiben. Die Informationspflichten des Händlers gegenüber dem Konsumenten wurden erheblich gelockert. So wäre es demnach nicht notwendig, dem Verbraucher eine schriftliche Auftragsbestätigung für die beispielsweise bei SeniorInnen beliebten Werbefahrten oder für ein Zeitungsabo zu schicken, damit der Vertrag überhaupt zustande kommt (erst damit würde die Rücktrittsfrist beginnen). Bei digitalen Inhalten ist ein Rücktritt nach dem Download des Produkts nicht möglich.

Bei der Schlussabstimmung stimmten Sozialdemokraten und Grüne gegen den geänderten Text. Die für den Richtlinienentwurf zuständige EU-Abgeordnete bei den Sozialdemokraten Evelyne Gebhardt begründete die Ablehnung damit, dass es für ihre Fraktion eine Voraussetzung gewesen sei, dass es für die KonsumentInnen zu keinen Verschlechterungen komme. Dies sei jedoch leider nicht der Fall. Neben den Haustürgeschäften führte sie an, dass Finanzdienstleistungen nicht unter die Richtlinie fallen. Die Vergabe von Kleinstkrediten sei damit rechtlich nicht geregelt, insbesondere in den skandinavischen Ländern sei dies ein Problem.

Der Berichterstatter Andreas Schwab von der Europäischen Volkspartei sah den Ausgang der Abstimmung positiv. Die Freiheit im Binnenmarkt und ein Verbraucherschutz auf höchstem Niveau seien in dem Bericht gewährleistet. Endlich gebe es für Online-Shopping einheitliche Regelungen, er sieht im abgestimmten Text keine Verschlechterungen für den Verbraucher.

Auch die Europäischen Liberalen und die Europäischen Konservativen sehen das Ergebnis positiv. Überraschend war das Abstimmungsverhalten der Linken, die sich ebenfalls für den Bericht aussprachen. Die grüne EU-Abgeordnete Turunen hingegen kritisierte das Ergebnis und sieht wenig Fortschritte für den Verbraucher.

Das Abstimmungsergebnis über den Gesamttext: 22 Stimmen dafür, 16 dagegen. Der Berichterstatter signalisierte seine Bereitschaft, über die Hauptkritikpunkte der Sozialdemokraten zu verhandeln. Die für März 2011 vorgesehene Plenarabstimmung könnte daher deutlicher ausfallen, soferne die Hauptforderungen der Sozialdemokraten erfüllt werden.

Eines hat sich aber jetzt schon deutlich gezeigt: Die Kommission hat eine peinliche Abfuhr für ihren Vorschlag zu den Verbraucherrechten erhalten, der in vielen Mitgliedstaaten zu deutlichen Verschlechterungen im Konsumentenschutzniveau geführt hätte. Nach der Informationsarbeit von BEUC, Arbeiterkammer und anderen Verbraucherschutzorganisationen konnten und wollten weder der Rat noch das Europäische Parlament den Kommissionsvorschlag unterstützen und haben stattdessen den Richtlinientext grundlegend zugunsten der VerbraucherInnen verändert.