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Die Pläne der deutschen Bundesregierung, eine Autobahnmaut einzuführen, stoßen seit ihrem Bekanntwerden auf massive Kritik von Österreich und anderen EU-Staaten. Sie soll in der Praxis ausschließlich von ausländischen Autofahrenden zu leisten sein, da deutschen AutohalterInnen die KFZ-Steuer in gleicher Höhe gesenkt werden soll. Ursprünglich sah auch die Kommission diese Pläne als EU-rechtswidrig, weshalb sie vergangenen Sommer ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eröffnete. Daraufhin setzte Deutschland die Einführung der Maut vorerst aus.

 

Umso überraschender gab die Kommission am 1.Dezember 2016 bekannt, dass nach intensiven Verhandlungen zwischen der Kommission und der Bundesregierung eine Einigung erzielt werden konnte. Zweifel an der EU-Konformität seien aus der Sicht der Kommission ausgeräumt worden, und das Vertragsverletzungsverfahren wurde bis auf weiteres ausgesetzt.

 

Am Mittwoch verteidigte Kommissarin Bulc ihre Position vor dem Europäischen Parlament. Sie begründete die neue Position damit, dass Deutschland überarbeitete Pläne für die konkrete Tarifgestaltung bei Kurzzeitvignetten vorgelegt hat, um ausländische FahrzeughalterInnen nicht übermäßig zu belasten. Nach diesen Plänen wird die 10-Tagesvignette und die Zweimonatsvignette abhängig von der Schadstoffklasse der PKW in fünf Klassen gestaffelt. Die 10-Tagesvignette für PKW der saubersten Schadstoffklasse ist bereits für 2,50 Euro erhältlich, anstatt nach bisherigen Plänen um 5 Euro. Die Zweimonatsvignette soll für diese Fahrzeuge 7 Euro kosten, im Erstentwurf von 2015 waren es noch 16 Euro.

 

Außerdem betonte Kommissarin Bulc, dass mit der stärkeren Spreizung der Mautsätze in Abhängigkeit der Schadstoffklasse ein stärkerer Anreiz besteht, umweltfreundliche Kraftfahrzeuge zu verwenden. Damit würde dem Ziel der Kommission, emissionsarme Mobilität zu fördern, Rechnung getragen. Gleichzeitig hielt sie fest, dass die überarbeiteten Mautpläne vom deutschen Bundestag noch nicht verabschiedet wurden, weshalb die Wiederaufnahme des Vertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland nicht auszuschließen ist.

 

Ob Deutschland mit diesen Änderungen tatsächlich gesetzeskonform handelt, muss schlussendlich wohl der Europäische Gerichtshof entscheiden. Der österreichische Verkehrsminister Leichtfried kündigte bereits an, in Absprache mit anderen Mitgliedstaaten seinerseits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einleiten zu wollen, wenn die Kommission nicht weiter tätig wird.

 

Abgesehen von der rechtlichen Klärung, ob die deutsche Autobahnmaut letztlich EU-rechtswidrig ist oder nicht, bleibt für Deutschland die Frage nach der Wirtschaftlichkeit der Pläne offen. In Anbetracht der geplanten Tarifgestaltung und des hohen technischen und bürokratischen Aufwandes dieses Mautpakets ist es alles andere als gewiss, dass dem deutschen Staat überhaupt Mehreinnahmen bleiben werden. Eine Studie des ADAC vom Januar 2017 berechnete für Deutschland jährliche Mehrkosten von bis zu 251 Mio. Euro.

 

Weiterführende Informationen:

BMVI: Informationen zum Infrastrukturabgabegesetz

ADAC: Gutachten zur geplanten PKW-Maut