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ZurückSeit dem Jahr 2003 ist die europäische Arbeitszeitrichtlinie in Kraft. Steigende Anforderungen an Beschäftigte in Europa, arbeitnehmerInnenfeindliche Veränderungen bei den Arbeitszeitregelungen in Österreich im Herbst 2018 und nicht zuletzt einige wichtige Urteile des Europäischen Gerichtshofs verdeutlichen, wie wichtig es ist, das Arbeitszeitrecht auf europäischer Ebene zu regeln.
Arbeitszeit und Arbeitsruhe sind zentrale Bestandteile des Rechtsverhältnisses zwischen ArbeitgeberIn und ArbeitnehmerIn. Die europäische Arbeitszeitrichtlinie aus dem Jahr 2003 regelt in diesem Kontext wesentliche Mindeststandards zum Schutz von Gesundheit und Sicherheit der ArbeitnehmerInnen am Arbeitsplatz für die gesamte Europäische Union.
Mindeststandards der Arbeitszeitrichtlinie
Konkret gibt die Arbeitszeitrichtlinie folgenden Rahmen vor: Die maximale durchschnittliche Wochenarbeitszeit darf 48 Stunden nicht überschreiten, und die maximale tägliche Arbeitszeit darf nicht länger als 13 Stunden sein. Die Mindestruhezeit muss täglich mindestens 11 Stunden und zusätzlich einen durchgehenden Zeitraum von zumindest 25 Stunden pro Woche umfassen. Es besteht Anspruch auf mindestens 4 Wochen bezahlten Jahresurlaub. Hinzu kommen zusätzliche Regelungen für Nachtarbeit, Schichtarbeit, Sicherheits- und Gesundheitsschutz sowie Arbeitsrhythmus.
Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs
Der Europäische Gerichtshof hat zuletzt einige arbeitnehmerInnenfreundliche Entscheidungen getroffen. So hat er entschieden, dass auch die Rufbereitschaftszeit Arbeitszeit ist, wenn der/die ArbeitnehmerIn zu Hause auf seinen bzw ihren Einsatz wartet, aber binnen weniger Minuten am Einsatzort sein muss.
Des Weiteren entschied er, dass der Durchrechnungszeitraum der Arbeitszeitrichtlinie kein starrer, sondern ein rollierender Zeitraum ist, wodurch die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 48 Stunden immer eingehalten werden muss. Diese durchschnittliche Stundenzahl muss somit nicht nur in der 1. bis 17., in der 18. bis 34. Woche, usw., sondern zB auch in der 2. bis 18., in der 3. bis 19. Woche sowie in allen anderen 17-wöchigen Zeiträumen eingehalten werden. Damit soll sichergestellt werden, dass es zu keiner übergebührlichen Inanspruchnahme von ArbeitnehmerInnen am Ende des ersten und zu Beginn des zweiten Bezugszeitraums kommen darf.
Nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs sind zudem ArbeitgeberInnen verpflichtet, ein objektives, verlässliches und zugängliches Arbeitszeitsystem einzuführen, mit dem die geleistete tägliche Arbeitszeit von jeder/m ArbeitnehmerIn gemessen werden kann.
Die Bedeutsamkeit des europäischen Arbeitszeitrechts
Die Novellierung des österreichischen Arbeitszeitrechts im Herbst 2018 hat die Wichtigkeit des europäischen Arbeitszeitrechts mit seinen Mindeststandards eindrücklich zur Schau gestellt: Der damalige österreichische Nationalrat hat eine Anhebung der Arbeitszeit, eine Herabsetzung der Ruhezeit in einigen Branchen und weitere Verschlechterungen beschlossen. Ohne die Arbeitszeitrichtlinie wären für die ArbeitnehmerInnen noch deutlichere Verschlechterungen zu befürchten gewesen. Einige dieser Novellen werden derzeit sogar noch auf deren EU-Rechtskonformität geprüft.
Hohe Mindeststandards der Arbeitszeitrichtlinie bilden nicht nur die Grundlage für ein soziales Europa, das ArbeitnehmerInnen grundlegenden Schutz bietet, sondern es hilft den Gewerkschaften, bessere Bedingungen im Rahmen von Kollektivverträgen mit ArbeitgeberInnenvertretungen zu verhandeln.
Die Zukunft des europäischen Arbeitszeitrechts
Die Einhaltung der Judikatur des Europäischen Gerichtshofs ist eine wichtige Forderung von Seiten der ArbeitnehmerInnenvertretungen. Außerdem ist es wichtig, die Mindeststandards im europäischen Arbeitszeitrecht weiter auszubauen. Als wichtige Themen hervorzuheben sind dabei vor allem eine Reduktion der Arbeitszeit sowie das Recht auf Nichterreichbarkeit. Die Arbeiterkammer setzt sich auch in Zukunft auf nationaler und europäischer Ebene für gute Mindeststandards im Arbeitszeit- und Arbeitsruherecht ein.
Weiterführende Informationen
Arbeitszeit: Was sich mit 1. September 2018 ändert
Europäische Arbeitszeitrichtlinie 2003
EU-Kommission: Arbeitsbedingungen – Arbeitszeitrichtlinie
EuGH-Urteil zur Rufbereitschaft
EuGH-Urteil zum Durchrechnungszeitraum
EuGH-Urteil zur Arbeitszeiterfassung