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Am 8. Februar 2011 veranstaltete die EU Kommission eine Konferenz anlässlich der Veröffentlichung der Binnenmarktakte im Oktober 2010. Barroso betonte in seiner Einführungsrede die Wichtigkeit von Reformen zur Schaffung von Arbeitsplätzen. Die konkreten Ideen der Kommission erinnern jedoch eher an eine Fortsetzung der wenig erfolgreichen Strategie der Kommission aus der Vergangenheit.
Arbeitsplätze durch Wettbewerb
In der Kommunikation mit dem Titel „Für eine in hohem Maße wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft“ stellt die Kommission 50 Vorschläge zur Verwirklichung des Binnenmarktes und zur Schaffung von ‚starkem, nachhaltigem und fairem Wachstum‘ vor. Sowohl in den Vorschlägen als auch in den Diskussionen der Konferenz zeigt sich, dass nicht Arbeitsplätze oder soziale Fragen, sondern die Schaffung eines freien Marktes im Vordergrund steht. Wirtschaftswachstum wird als Folge der Verwirklichung des Binnenmarktes gesehen. Die Umsetzung der Binnenmarktakte solle zu einem Wachstum von 4 Prozent des BIPs in den kommenden zehn Jahren führen und Beschäftigung schaffen. Bernadette Ségol, Generalsekräterin der Dienstleistungsgewerkschaft Uni Europa, kritisierte, dass nur darüber nachgedacht werde wie der Markt liberalisiert werden könne, ohne darüber nachzudenken, wie der Arbeitsmarkt und Binnenmarkt aussehen sollen, damit sie für die Bevölkerung akzeptabel sind. Es sei fraglich, ob eine Konzentration auf die Vollendung des Binnenmarkts ohne nachfrageseitige oder soziale Maßnahmen ausreiche, um überhaupt Wirtschaftswachstum zu generieren.
Soziale Standards werden im Rahmen der Schaffung des Binnenmarktes unterminiert, betonte John Monks, der Generalsekretär des Europäischen Gewerkschaftsbundes EGB. Ein Beispiel hierfür ist die Entsenderichtlinie: Ein Vorschlag der Kommission behandelt zwar die Entsenderichtlinie, sie soll jedoch nicht geändert sondern nur besser umgesetzt werden. Im Gegensatz zur jetzigen Richtlinie sollten hingegen die Standards des Ziellandes angewandt werden, um Lohn- und Sozialdumping zu vermeiden, fordert der EGB unter anderem mit seinem Vorschlag für ein Protokoll zum sozialen Fortschritt.
Im ersten Bericht zur Erneuerung des Binnenmarktes von Mario Monti wurde noch gefordert, dass soziale Fragen wichtig sind, doch dies wurde von verschiedenen Mitgliedsländern und Teilen der Kommission zurück gedrängt, so John Monks. Monks strich heraus, dass es nach wie vor Widerstände gegen die soziale Seite des Marktes gäbe. Würde die EU der französisch-deutschen Route der Wirtschafts-Governance folgen, so würde ein völlig neues Gebiet den Arbeitsmarkt betreffend geöffnet: billiger, flexibler und mit immer weniger Reglementierung.

Steuern und Binnenmarkt

In seiner Rede zu starkem, nachhaltigem und fairem Wachstum sprach Algirdas Šemeta, EU-Kommissar für Steuern und Zollunion, über steuerpolitische Maßnahmen. Um die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Unternehmen, die in mehreren EU-Ländern tätig sind, zu vereinfachen und deren Kosten zu senken, soll eine gemeinsame Bemessungsgrundlage bei der Körperschaftsteuer eingerichtet werden. Šemeta betonte, dass es dabei nicht um eine Harmonisierung der Steuersätze in Europa gehe, sondern nur um eine Vereinheitlichung der Basis, von der Unternehmen – und hier vor allem KMUs – profitieren sollen. Steuerwettbewerb und -vermeidung, sowie die Verlagerung der Steuerlast von Kapital auf Arbeit und Konsum werden mit dieser Harmonisierung nicht bekämpft.
Als zweite Initiative soll das Umsatzsteuersystem reformiert werden. Die Kommission will bis Ende 2011 eine neue Strategie veröffentlichen, um das System zu vereinfachen. Auch hier stehen in der Mitteilung der Kommission Vorteile für Unternehmen im Vordergrund. „ Das komplizierte System von Steuersätzen und Steuerbefreiungen […] ist dem ordnungsgemäßen Funktionieren des Binnenmarkts und der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen abträglich.“

Und nun?
In der Binnenmarktakte wird die bisherige Politik der Liberalisierung und der Ausrichtung des Marktes auf Unternehmen fortgeführt, auch wenn sich einige positive Ansätze, wie zum Beispiel die Forderung nach besserer Regulierung der Finanzmärkte, finden lassen. In den nächsten Monaten sollen das Europäische Parlament und der Rat Prioritäten innerhalb der 50 Vorschläge setzen. Zehn bis 12 von ihnen sollen schlussendlich übrig bleiben und weiter verfolgt werden.


Mitteilung der Kommission: Auf dem Weg zu einer Binnenmarktakte Für eine in hohem Maße Wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft

AK-Stellungnahme zum Monti-Bericht: Eine neue Strategie für den Binnenmarkt

EGB-Vorschlag für ein Protokoll zum “Sozialen Fortschritt” (Englisch)