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ZurückHeftige Kritik übten diese Woche der österreichische Bundesminister für Arbeit, Soziales und KonsumentInnenschutz Rudolf Hundstorfer und der Vorsitzende der deutschen Dienstleistungsgewerkschaft ver.di Frank Bsirske an den Vorstellungen der Europäischen Kommission zu einer koordinierten EU-Wirtschaftspolitik im Rahmen einer Podiumsdiskussion der Brüsseler Büros des Österreichischen Gewerkschaftsbundes und der Bundesarbeitskammer Österreich. Der EU-Beschäftigungskommissar László Andor versuchte zu beschwichtigen und meinte, dass die SozialpartnerInnen weiterhin dieselben Rechte genießen sollen wie bisher auch schon.
Mit EU-Beschäftigungskommissar László Andor, dem österreichischen Bundesminister für Arbeit, Soziales und KonsumentInnenschutz Rudolf Hundstorfer und dem Vorsitzenden der deutschen Dienstleistungsgewerkschaft ver.di Frank Bsirske war die Podiumsdiskussion zum Thema „Economic Governance, Pakt für Wettbewerbsfähigkeit, Europäisches Semester…“ hochrangig besetzt. Der Anlass für die Diskussion waren Vorschläge der Kommission sowie der deutschen Bundeskanzlerin Merkel und dem französischen Premier Sarkozy für eine koordinierte Wirtschaftspolitik, die nach Ansicht vieler ArbeitnehmervertreterInnen in die falsche Richtung geht und das erfolgreiche Modell der SozialpartnerInnenschaft gefährdet.
EU-Kommissar László Andor: Von Äpfeln und Tomaten
„Ich habe mich an sehr scharfe Töne gewöhnt“, so die Antwort des ungarischen EU-Kommissars für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, László Andor, auf die massive Kritik von Gewerkschaften und ArbeitnehmervertreterInnen an den wirtschaftspolitischen Plänen der Kommission, insbesondere den Eingriffen in die Tarifautonomie der Mitgliedstaaten. Der von der Kommission vorgeschlagene „Jahreswachstumsbericht“ sei im Vergleich mit den Vorschlägen der Regierungen (Stichwort „Wettbewerbspakt“ von Merkel und Sarkozy) geradezu freundlich, so der Kommissar. Der Kommission sei es mit der Vorlage des „Jahreswachstumsbericht“ darum gegangen, einen Ansatz zu wählen, der mit anderen Arbeitsschwerpunkten möglichst kohärent sei, so z.B. der EU-2020-Strategie, dem Europäischen Semester oder dem Binnenmarktakt. „In welcher Ausgangslage sind die Mitgliedstaaten?“, sei die Frage gewesen, die die Kommission gestellt habe, so Andor.
Die wirtschaftliche Erholung sei noch immer sehr schwach und ungleichmäßig verteilt. Der „Jahreswachstumsbericht“ sei zu einer Zeit der Unruhe an den Finanzmärkten entstanden. Er musste daher klar und scharf in seinen Aussagen sein, um das Vertrauen der Märkte zurückzugewinnen. Das übergeordnete Ziel sei es, Angriffe der Märkte auf den Euro zu verhindern, so der Kommissar. In Bezug auf die harsche Kritik der Gewerkschaften an der Erwähnung von Pensionen und Löhnen im Kommissionsdokument – Politikfelder, die traditionell in den Hoheitsbereich der Mitgliedstaaten und der Sozialpartner fallen – meinte Andor, dass diese auch im sogenannten Wettbewerbspakt der Regierungen enthalten seien. Er versicherte aber, dass die Sozialpartner dieselben Rechte genießen würden wie bisher. Dennoch sei er der Ansicht, dass die Lohnentwicklung mit der Entwicklung der Produktivität und der Wettbewerbsfähigkeit einhergehen müsse. „Der Jahreswachstumsbericht ist ein Apfel, der Wettbewerbspakt eine Tomate“, so der Kommissar, der abschließend dafür plädierte, nicht länger in die Vergangenheit zu schauen und die Realität nicht aus dem Auge zu verlieren.
Bsirske: Ich glaube Beschäftigungskommissar Andor nicht!
Frank Bsirske, Vorsitzender der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, zeigte sich von Beginn seiner Wortmeldungen an sehr kämpferisch und bezweifelte die Aussagen Kommissars Andor, dass von Seiten der EU der soziale Dialog und die Lohnfindung zukünftig nicht in Frage gestellt wird. Bsirske sieht auch kein Ende der Umverteilung von Unten nach Oben, vielmehr werden wieder dieselben Muster angewandt wie vor der Krise. Er sieht die EU auf einem Scheideweg und die Konstruktion von Maastricht bezeichnete er als Irrweg. Bsirske kritisierte, dass in der derzeitigen Debatte die hohen Staatsschulden einiger Mitgliedstaaten als Wurzel allen Übels gesehen werden, man dabei aber oft vergesse, dass diese oftmals deshalb zustande kamen, weil die Staaten massiv Geld für die Rettung der Banken aufwenden mussten. Als Konsequenz dessen den Defizitländern eine gemäßigte Lohnpolitik anzuordnen, hält er für verfehlt. Vielmehr sollten die Finanzmärkte besser reguliert werden. An den Banken übte er ebenfalls Kritik. Banken, so Bsirske, können sich billiges Geld von der EZB holen und dieses „teuer“ an Staaten, die das Geld dringend benötigen, vergeben. In diesem Zusammenhang plädierte er für eine Bank für öffentliche Anleihen und kritisierte die zurzeit herrschende paradoxe Governance. Abschließend forderte er ein mehr an Europa, jedoch mit einer anderen Ausrichtung. Konkret wünscht er sich mehr Regulierung, mehr Koordination, mehr Einnahmequellen und ein besseres Vorgehen gegen den Steuersenkungswettbewerb.
Der österreichische Bundesminister für Arbeit, Soziales und KonsumentInnenschutz, Rudolf Hundstorfer bekennt sich zu einer besseren Koordinierung der Wirtschaftspolitik. Was ihm dabei aber fehlt, sei Soziales sowie die Wachstums- und Beschäftigungspolitik. Man konzentriere sich derzeit nur mehr auf Wettbewerb und Konsolidierung.
Ganz klar spricht sich Hundstorfer für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer sowie einer stärkeren Besteuerung des Vermögens aus. Im Gegenzug dazu soll die Steuerbelastung auf Arbeit reduziert werden, so der Sozialminister.
Hundstorfer machte auch deutlich, welche Prioritäten verfolgt werden müssen: Es müsse in Beschäftigung und Qualifikation investiert werden. Österreich sei beispielsweise bei der Jugendbeschäftigung im Spitzenfeld. Das koste zwar einiges, verhindere aber in weiterer Folge Arbeitslosigkeit und neue SozialhilfebezieherInnen. Kritik übte der Minister für Arbeit und Soziales an der auf EU-Ebene laufenden Diskussion über Pensionen: Es nütze nichts, das gesetzliche Pensionsalter zu erhöhen; Das faktische Pensionsalter müsse steigen, das Problem sei aber, dass 40 Prozent der Leute aus der Arbeitslosigkeit heraus in die Pension gingen. Österreich habe Maßnahmen gesetzt, um ArbeitnehmerInnen länger in Beschäftigung zu halten.
Schließlich merkte Hundstorfer an, dass nicht ein Abbau, sondern eine Stärkung der Sozialpartnerschaft notwendig sei. Gerade die Integration der Sozialpartner habe in den letzten zwei Jahren der Krise sehr geholfen. Österreich habe von diesem Weg profitiert, denn es habe gemeinsam mit den Niederlanden die niedrigste Arbeitslosenrate in der Europäischen Union.
Hart ins Gericht ging der Bundesminister für Arbeit und Soziales mit dem Vorschlag der deutschen Bundeskanzlerin Merkel: Sich bei den Löhnen an den Lohnstückkosten zu orientieren sei angesichts der unterschiedlichen Berechnungsarten dieser Kosten innerhalb der EU nicht möglich. Die neuerliche Absenkung des Ratings von Griechenland kritisierte Hundstorfer ebenfalls. Durch die Herabstufung und die damit verbundenen höheren Zinszahlungen, erhöhe sich die Verschuldung Griechenlands automatisch. Zahlen müssten dies alle. Vor kurzem mussten die US-Banken gerettet werden, nun bedanken sie sich auf diese Weise bei der öffentlichen Hand, meinte Hundstorfer. Abschließend betonte der Arbeits- und Sozialminister Rudolf Hundstorfer, dass Sozialpolitik kein Luxuslabel, sondern der Wachstumsmotor des täglichen Lebens sei.
EU-Kommissar László Andor: Von Äpfeln und Tomaten
„Ich habe mich an sehr scharfe Töne gewöhnt“, so die Antwort des ungarischen EU-Kommissars für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, László Andor, auf die massive Kritik von Gewerkschaften und ArbeitnehmervertreterInnen an den wirtschaftspolitischen Plänen der Kommission, insbesondere den Eingriffen in die Tarifautonomie der Mitgliedstaaten. Der von der Kommission vorgeschlagene „Jahreswachstumsbericht“ sei im Vergleich mit den Vorschlägen der Regierungen (Stichwort „Wettbewerbspakt“ von Merkel und Sarkozy) geradezu freundlich, so der Kommissar. Der Kommission sei es mit der Vorlage des „Jahreswachstumsbericht“ darum gegangen, einen Ansatz zu wählen, der mit anderen Arbeitsschwerpunkten möglichst kohärent sei, so z.B. der EU-2020-Strategie, dem Europäischen Semester oder dem Binnenmarktakt. „In welcher Ausgangslage sind die Mitgliedstaaten?“, sei die Frage gewesen, die die Kommission gestellt habe, so Andor.
Die wirtschaftliche Erholung sei noch immer sehr schwach und ungleichmäßig verteilt. Der „Jahreswachstumsbericht“ sei zu einer Zeit der Unruhe an den Finanzmärkten entstanden. Er musste daher klar und scharf in seinen Aussagen sein, um das Vertrauen der Märkte zurückzugewinnen. Das übergeordnete Ziel sei es, Angriffe der Märkte auf den Euro zu verhindern, so der Kommissar. In Bezug auf die harsche Kritik der Gewerkschaften an der Erwähnung von Pensionen und Löhnen im Kommissionsdokument – Politikfelder, die traditionell in den Hoheitsbereich der Mitgliedstaaten und der Sozialpartner fallen – meinte Andor, dass diese auch im sogenannten Wettbewerbspakt der Regierungen enthalten seien. Er versicherte aber, dass die Sozialpartner dieselben Rechte genießen würden wie bisher. Dennoch sei er der Ansicht, dass die Lohnentwicklung mit der Entwicklung der Produktivität und der Wettbewerbsfähigkeit einhergehen müsse. „Der Jahreswachstumsbericht ist ein Apfel, der Wettbewerbspakt eine Tomate“, so der Kommissar, der abschließend dafür plädierte, nicht länger in die Vergangenheit zu schauen und die Realität nicht aus dem Auge zu verlieren.
Bsirske: Ich glaube Beschäftigungskommissar Andor nicht!
Frank Bsirske, Vorsitzender der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, zeigte sich von Beginn seiner Wortmeldungen an sehr kämpferisch und bezweifelte die Aussagen Kommissars Andor, dass von Seiten der EU der soziale Dialog und die Lohnfindung zukünftig nicht in Frage gestellt wird. Bsirske sieht auch kein Ende der Umverteilung von Unten nach Oben, vielmehr werden wieder dieselben Muster angewandt wie vor der Krise. Er sieht die EU auf einem Scheideweg und die Konstruktion von Maastricht bezeichnete er als Irrweg. Bsirske kritisierte, dass in der derzeitigen Debatte die hohen Staatsschulden einiger Mitgliedstaaten als Wurzel allen Übels gesehen werden, man dabei aber oft vergesse, dass diese oftmals deshalb zustande kamen, weil die Staaten massiv Geld für die Rettung der Banken aufwenden mussten. Als Konsequenz dessen den Defizitländern eine gemäßigte Lohnpolitik anzuordnen, hält er für verfehlt. Vielmehr sollten die Finanzmärkte besser reguliert werden. An den Banken übte er ebenfalls Kritik. Banken, so Bsirske, können sich billiges Geld von der EZB holen und dieses „teuer“ an Staaten, die das Geld dringend benötigen, vergeben. In diesem Zusammenhang plädierte er für eine Bank für öffentliche Anleihen und kritisierte die zurzeit herrschende paradoxe Governance. Abschließend forderte er ein mehr an Europa, jedoch mit einer anderen Ausrichtung. Konkret wünscht er sich mehr Regulierung, mehr Koordination, mehr Einnahmequellen und ein besseres Vorgehen gegen den Steuersenkungswettbewerb.
Bundesminister Hundstorfer: Sozialpolitik ist kein Luxuslabel, sondern ein Wachstumsmotor
Der österreichische Bundesminister für Arbeit, Soziales und KonsumentInnenschutz, Rudolf Hundstorfer bekennt sich zu einer besseren Koordinierung der Wirtschaftspolitik. Was ihm dabei aber fehlt, sei Soziales sowie die Wachstums- und Beschäftigungspolitik. Man konzentriere sich derzeit nur mehr auf Wettbewerb und Konsolidierung.
Ganz klar spricht sich Hundstorfer für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer sowie einer stärkeren Besteuerung des Vermögens aus. Im Gegenzug dazu soll die Steuerbelastung auf Arbeit reduziert werden, so der Sozialminister.
Hundstorfer machte auch deutlich, welche Prioritäten verfolgt werden müssen: Es müsse in Beschäftigung und Qualifikation investiert werden. Österreich sei beispielsweise bei der Jugendbeschäftigung im Spitzenfeld. Das koste zwar einiges, verhindere aber in weiterer Folge Arbeitslosigkeit und neue SozialhilfebezieherInnen. Kritik übte der Minister für Arbeit und Soziales an der auf EU-Ebene laufenden Diskussion über Pensionen: Es nütze nichts, das gesetzliche Pensionsalter zu erhöhen; Das faktische Pensionsalter müsse steigen, das Problem sei aber, dass 40 Prozent der Leute aus der Arbeitslosigkeit heraus in die Pension gingen. Österreich habe Maßnahmen gesetzt, um ArbeitnehmerInnen länger in Beschäftigung zu halten.
Schließlich merkte Hundstorfer an, dass nicht ein Abbau, sondern eine Stärkung der Sozialpartnerschaft notwendig sei. Gerade die Integration der Sozialpartner habe in den letzten zwei Jahren der Krise sehr geholfen. Österreich habe von diesem Weg profitiert, denn es habe gemeinsam mit den Niederlanden die niedrigste Arbeitslosenrate in der Europäischen Union.
Hart ins Gericht ging der Bundesminister für Arbeit und Soziales mit dem Vorschlag der deutschen Bundeskanzlerin Merkel: Sich bei den Löhnen an den Lohnstückkosten zu orientieren sei angesichts der unterschiedlichen Berechnungsarten dieser Kosten innerhalb der EU nicht möglich. Die neuerliche Absenkung des Ratings von Griechenland kritisierte Hundstorfer ebenfalls. Durch die Herabstufung und die damit verbundenen höheren Zinszahlungen, erhöhe sich die Verschuldung Griechenlands automatisch. Zahlen müssten dies alle. Vor kurzem mussten die US-Banken gerettet werden, nun bedanken sie sich auf diese Weise bei der öffentlichen Hand, meinte Hundstorfer. Abschließend betonte der Arbeits- und Sozialminister Rudolf Hundstorfer, dass Sozialpolitik kein Luxuslabel, sondern der Wachstumsmotor des täglichen Lebens sei.