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Die Europäische Kommission veröffentlichte am 13. Februar den Bericht 2009 über Sozialschutz und Eingliederung. Der Bericht wurde auch vergangenen Montag von den EU-Arbeits- und Sozialministern geprüft und dient ebenso als Diskussionsgrundlage für den Frühjahrsgipfel am 19. und 20. März. Die Kernaussage ist, dass sozialpolitische Maßnahmen ein Schlüsselinstrument im Kampf gegen die Wirtschaftskrise sind.
Vor dem Hintergrund der angespannten Arbeitsmarktsituation wird im Bericht darauf hingewiesen, dass Sozialpolitik nicht nur die negativen Folgen der Wirtschaftskrise abfedern kann, sondern auch maßgeblich zur Erholung der Wirtschaft beitragen kann. Sozialschutz wirkt antizyklisch und wird als wichtiger automatischer Stabilisator bezeichnet. Gute sozialpolitische Systeme können zur Stabilisierung der Gesamtnachfrage beitragen, Vertrauen der VerbraucherInnen stärken und Arbeitsplätze schaffen. Trotz dieser Bedeutung der Sozialpolitik beschränkt sich die Kommission auf die Koordinierung der nationalen Sozialpolitiken im Rahmen der „offenen Methode der Koordinierung“, durch die Mitgliedsstaaten voneinander lernen sollen. Im Bericht wurden die nationalen Strategien in Bezug auf soziale Inklusion, Pensionen, Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege analysiert.

Armut und soziale Ausgrenzung
Die Daten von 2007 zeigen, dass durchschnittlich 16 % der Europäer unter der Armutsschwelle, d.h. mit einem Einkommen unter 60 % des Medianeinkommens, leben. Ein erhöhtes Armutsrisiko besteht für Kinder und ältere Menschen (19 %). Auch wenn nach wie vor ein guter Arbeitsplatz am besten vor Armut schützt, ist die Tatsache äußerst problematisch, dass durchschnittlich 8 % der Europäer trotz Erwerbstätigkeit arm sind („working poor“).

In Österreich liegt die Armutsschwelle bei € 911. Im Jahr 2006 mussten 12 % der österreichischen Bevölkerung mit diesem Betrag oder weniger auskommen. Das höchste Armutsrisiko besteht in Österreich für Arbeitslose (42 %), Alleinerziehende (31 %), MigrantInnen aus Nicht-EU-/EFTA Staaten (26 %), Rentnerinnen in Einpersonenhaushalten (24 %) und Menschen mit Behinderung (18 %). Die Armutsgefährdungsquote von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren liegt in Österreich bei 15 %. Weiters sind 6 % der ÖsterreicherInnen trotz Erwerbstätigkeit armutsgefährdet. In Österreich bedarf es vor allem Maßnahmen, um der intergenerationellen Weitergabe von Armut entgegenzuwirken. Hierbei ist die Verbesserung von Bildungschancen für benachteiligte Jugendliche entscheidend.

Gesundheitsversorgung
Im Bericht wird kritisiert, dass nach wie vor Unterschiede zwischen sozioökonomischen Gruppen und Regionen in Bezug auf den Gesundheitszustand und Lebenserwartungen bestehen. Die Mitgliedsstaaten werden aufgefordert, die finanziellen Mittel der Gesundheitsversorgung effizienter einzusetzen, Ungleichheiten zu verringern und sich stärker auf die Grundversorgung, Prävention und Gesundheitsförderung zu konzentrieren.

Das österreichische Gesundheitssystem wird in Bezug auf die personelle und technische Ausstattung als sehr gut beurteilt. Im internationalen Vergleich weist Österreich auch eine sehr hohe Krankenhausdichte auf. Die Kommission kritisiert jedoch, dass Österreich zu jenen Ländern mit den höchsten Gesundheitsausgaben in der EU zählt. Im Jahr 2006 lag der Anteil der Gesamtausgaben für die Gesundheitsversorgung einschließlich Langzeitpflege am BIP bei 10,1 %.

Alterversorgung
Um die Tragfähigkeit der Pensionssysteme zu gewährleisten wird im Bericht gefordert, dass sich das allgemeine Arbeitsleben verlängert und sich die Beschäftigungsquote bei älteren ArbeitnehmerInnen erhöht. Das angestrebte Lissabon-Ziel ist für 2010 eine Beschäftigungsquote bei älteren ArbeitnehmerInnen von 50 %. Bei der privaten freiwilligen Altersversorgung wurde ein starkes sozioökonomisches Gefälle beim Erfassungsgrad und der Beitragshöhe festgestellt. Anders ausgedrückt ist eine private Pensionsvorsorge nur für einen kleinen Teil der Gesellschaft leistbar. Es wurde auch – wenn auch nur kurz – erwähnt, dass angesichts der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise die Ausgestaltung kapitalgedeckter Altersversorgungssysteme geprüft werden muss.

In Österreich haben ältere Menschen (65+) durchschnittlich ein höheres Armutsrisiko (14 %) als die Gesamtbevölkerung. Dies gilt insbesondere für ältere Frauen (18 %). Im Bericht wird die geplante bedarforientierte Mindestsicherung in Österreich positiv beurteilt, da diese die Lage für ältere Menschen ohne Pensionsanspruch, entscheidend verbessern würde.


Weiterführende Informationen:

Pressemitteilung der Kommission

Bericht über Sozialschutz und soziale Eingliederung 2009


Länderspezifisches Kapitel über Österreich