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Erste Anzeichen einer Änderung der wirtschaftspolitischen Steuerung zeichnen sich ab. Sie gehen jedoch nicht weit genug.

Diese Woche wurde in einer gemeinsamen Sitzung von Wirtschafts- und Beschäftigungsausschuss der vor kurzem vorgestellte Jahreswachstumsbericht 2017 diskutiert. Die Debatte fand mit den EU-KommissarInnen Valdis Dombrovskis (Euro und sozialer Dialog), Marianne Thyssen (Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, Fähigkeiten und Arbeitskräftemobilität) und Pierre Moscovici (Wirtschafts- und Finanzangelegenheiten, Steuern und Zoll) statt. Im Jahreswachstumsbericht 2017 ist die Forderung der EU-Kommission nach einer expansiveren Fiskalpolitik enthalten. Was dies für Wirtschaft und Beschäftigte bedeutet, diskutierten die drei EU-KommissarInnen mit den EU-ParlamentarierInnen.

Alle drei EU-KommissarInnen argumentierten für eine Neusausrichtung der Fiskalpolitik, welche öffentliche Investitionen im Ausmaß von 0,3% bis 0,8% des BIPs fordert. Für Pierre Moscovici etwa ist klar, dass Länder mit einem fiskalpolitischen Spielraum diesen auch nutzen sollten, um Stabilität für die Eurozone zu gewährleisten. Auch für Dombrovskis ist dies die geeignete Strategie, um makroökonomischen Ungleichgewichten entgegenzuwirken. Zusätzlich argumentierte Thyssen, dass die Beschäftigungsquote von 75% der EU-2020-Strategie erreichbar sei, wenn man bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik auf Aktivierung setze. In der Debatte wurde allerdings klar, dass der Rat eine Abweichung von der Austeritätspolitik nicht unterstützt, sondern weiterhin auf einer „neutralen“ Fiskalpolitik besteht.

Alternativer Jahreswachstumsbericht 2017

Von Seiten der EU-KommissarInnen wurde jedoch auch betont, dass man weiterhin an der Drei-Säulen-Strategie „Investitionen – Strukturreformen – verantwortungsvolle Haushaltspolitik“ festhalte und ein grundlegender Kurswechsel damit nicht zu erkennen ist. Wird die gegenwärtige Politik fortgesetzt, so wird sich die Arbeitslosenquote laut aktuellen Prognosen erst 2023 auf das Vorkrisenniveau einpendeln. Daher stellt die Belebung der Nachfrage durch expansive Fiskalpolitik eine zentrale Forderung des sogenannten Alternativen Jahreswachstumsberichts 2017 (an dem auch die AK federführend mitgewirkt hat) dar, wenn das schwache Wirtschaftswachstum und die hohe Arbeitslosigkeit endlich konsequent bekämpft werden sollen.

Der EU-Kommissionsvorschlag geht daher noch nicht weit genug. Die Kriterien der EU-Kommission sind so eng gesetzt, dass der vorgeschlagene expansivere Kurs aktuell nur für Deutschland und die Niederlande zutreffen würde. Für die restliche Eurozone bleibt ein restriktiver Sparkurs vorgesehen. Von einer „Goldene Investitionsregel“, die für einen Wachstumsschub notwendig wäre und von AK und Gewerkschaften gefordert wird, ist man also noch weit entfernt.

Weiters braucht es auch eine expansivere Lohnpolitik, um die Binnennachfrage nachhaltig zu stärken. Durch eine gestärkte Nachfrage hätten Unternehmen auch ohne komplexe Fördersysteme wie den EFSI bzw. Juncker-Plan einen klaren Anreiz, wieder zu investieren und Arbeitsplätze zu schaffen.

Darüber hinaus muss auch die soziale Dimension in der Europäischen Union durch die Verankerung sozialer Rechte gestärkt werden. Diese müssen klaren rechtlichen Vorrang vor wirtschaftlichen Freiheiten haben. Entsprechend heißt es von Seiten der AK und Gewerkschaften ganz klar: „Social Rights First!“. Bis Ende des Jahres kann man hier noch schnell und einfach seine Stimme für ein soziales Europa erheben, damit die EU-Kommission stärker auf die Beschäftigten hört.

Weiterführende Informationen:

Alternativer Jahreswachstumsbericht (Englisch)

Kampagne: Social Rights First!