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Zur Überwindung der verlangsamten konjunkturellen Erholung in der Europäischen Union

Vergangene Woche hat die EU-Kommission den Jahreswachstumsbericht 2017 im Rahmen des Europäischen Semesters vorgestellt. In diesem setzt die EU-Kommission die Schwerpunkte in den Bereichen Wirtschafts- und Sozialpolitik für das kommende Jahr für die Europäische Union und ihre Mitgliedsstaaten. Im heurigen Jahreswachstumsbericht wird anerkannt, dass die Wirtschaft wiederbelebt werden muss, und dass die soziale Dimension des Binnenmarktes gestärkt werden muss. Dies geschieht allerdings unter der Drei-Säulen-Strategie „Investitionen – Strukturreformen – verantwortungsvolle Haushaltspolitik“.

Zeitgleich mit dem Jahreswachstumsbericht der Kommission wird jährlich auch ein „Alternativer Jahreswachstumsbericht“ des Think-tanks „Progressive Economy“ unter aktiver Mitwirkung der AK vorgestellt. Dieser ist aus ArbeitnehmerInnenperspektive höchst relevant, da er ein Gegengewicht zur neoliberalen Position der EU-Kommission darstellt.

Fast 9 Jahre nach Ausbruch der Wirtschafts- und Finanzkrise befindet sich die Europäische Union immer noch in einem sehr schwachen Erholungsprozess, und dies trotz vorteilhafter Entwicklungen, wie etwa niedriger Rohölpreise, niedriger Zinsraten, niedriger effektiver Wechselkurse für den Euro oder unkonventioneller geldpolitischer Maßnahmen der Europäischen Zentralbank. Dies hat zur Folge, dass Arbeitslosigkeit und Ungleichheit sich zu sozialen Krisen manifestieren.

Es braucht einen systemischen Strategiewechsel!

Um dieses zaghafte Wachstum anzukurbeln und die vielfältige Unsicherheit zu bekämpfen, braucht es einen systemischen Policy-Mix, der nicht nur ökonomische Lösungen bietet, und auf vier Grundpfeilern aufbaut: aktive Nachfragesteuerung, Stärkung der Europäischen Union durch Bekämpfung von Ungleichverteilung und Leistungsbilanzungleichheiten, Verstärkung der Finanzstabilität und eine mutige Herangehensweise an Umweltfragen.

Im Detail bedeutet dies unter anderem, dass es für eine aktive Nachfragesteuerung mehr fiskalpolitischen Spielraum braucht. Staaten müssen wieder mehr und aktiver investieren – aber klug und effizient. Mit einer goldenen Regel für öffentliche Investitionen ist eine klar positive Wirkung für das Wirtschaftswachstum zu erwarten. Zu einer aktiven Nachfragesteuerung gehört jedoch auch eine Lohnpolitik, welche die Binnennachfrage stärkt und den deflationären Tendenzen entgegenwirkt.

Innerhalb der Europäischen Union kann durch eine besser koordinierte Lohnentwicklung, etwa durch Mindestlohnnormen, Miteinbeziehung der Gewerkschaften oder fiskalpolitische Instrumente, den internen Missverhältnissen der Leistungsbilanzen der Mitgliedsstaaten entgegengewirkt werden. Die Europäische Union muss hier klar der steigenden Divergenz der Mitgliedsstaaten entgegenarbeiten, um ihre Legitimität nicht zu verlieren.

Zusätzlich zu diesen makroökonomischen und gesellschaftlichen Herausforderungen braucht es eine Stärkung der Finanzmarktstabilität (Stichwort Bankenunion) und eine mutige Herangehensweise an Umweltprobleme. Durch adäquate Rahmenbedingungen könnten hier private Investitionen ihren Beitrag zum Klimawandel leisten, etwa durch einen CO2-Emmissionshandel.

Weiterführende Informationen:

Jahreswachstumsbericht 2017 der EU-Kommission (nur in Englisch verfügbar)

Alternativer Jahreswachstumsbericht 2017 (nur in Englisch verfügbar)