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EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker schlägt in seiner Rede zur Lage der Union vor, den Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) auf 500 Mrd. Euro aufzustocken und bis 2020 zu verlängern. Doch bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass die Summe vielleicht nicht ganz so beeindruckend ist, wie sie scheint, und wieder einmal Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert werden könnten.

Europa leidet wegen der Sparpolitik seit Jahren unter zu wenig Investitionen, besonders in langfristig wichtigen Bereichen wie Infrastruktur oder Forschung und Entwicklung. Deshalb hat die Europäische Kommission letztes Jahr den Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) gegründet. Das Konzept: Gemeinsam mit der Europäischen Investitionsbank (EIB) stellt die EU insgesamt 63 Mrd. Euro durch eigene Finanzierung bzw. Garantien auf. Das soll private InvestorInnen dazu bringen, sich selbst an den Projekten zu beteiligen, wodurch von 2015 bis 2018 insgesamt 315 Mrd. Euro investiert werden sollen.

Am Mittwoch, den 14. September, schlug EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in seiner Rede zur Lage der Union vor, den EFSI bis 2020 zu verlängern und auf in Summe mindestens 500 Mrd. Euro aufzustocken. Außerdem sollen in diesem „EFSI 2.0“ mehr nachhaltige Projekte zum Schutz des Klimas gefördert, die Beantragung der Mittel vor Ort erleichtert und die soziale Dimension gestärkt werden – letztgenannte durch eine Erhöhung der Mittel für soziale Unternehmen und Mikrofinanzierung von knapp 200 Mio. auf 1 Mrd. Euro, was in Summe 3 Mrd. bedeuten soll.

Der Vergleich mit den USA zeigt: Das reicht nicht.

Positiv ist, dass die Kommission sich des Problems mangelnder Investitionen annimmt – doch ob dieser Plan es lösen kann, bleibt abzuwarten. Am auffälligsten ist dabei, dass damit pro Jahr nur 0,75% des europäischen Bruttoinlandsprodukts in diese Investitionen fließen. Zum Vergleich: die USA haben in der Hochzeit der Finanzkrise 2009 und 2010 ihre Wirtschaft mit rund 2,8% des BIP stimuliert. Währenddessen ist die europäische Wirtschaft nach wie vor nicht in Schwung gekommen, und die Arbeitslosigkeit in der EU verharrt auf inakzeptabel hohem Niveau. Der renommierte Brüsseler Think-Tank Bruegel zeigt sich von der Umsetzung des EFSI im ersten Jahr „nicht beeindruckt“. Der EFSI mobilisiert bisher lediglich 4% aller europäischen Investitionen und es muss darüber hinaus die Frage gestellt werden, wie es etwa Bruegel tut, ob es sich dabei wirklich um zusätzliche Investitionen handelt, oder bloß um solche, die ohnehin getätigt worden wären.

Ganz grundsätzlich muss auch das Risiko aufgezeigt werden, dass mit dem Konzept der privaten Investitionen bei öffentlichen Garantien Gewinne privatisiert, Verluste aber von der Allgemeinheit getragen werden. Auch die geplante Stärkung der sozialen Dimension macht mit 3 Mrd. Euro gerade einmal 0,6% der Gesamtsumme der Investitionen aus und scheint damit nicht ausreichend, die von Juncker zurecht kritisierte soziale Ungerechtigkeit in der EU zu lindern.

Aus Sicht der AK bleibt eine zentrale Forderung unerfüllt: die von der AK schon länger geforderteGoldene Investitionsregel“ endlich auf Schiene zu bringen. So könnten ohne Umweg-Konstruktionen und Sonderprämien für Private die Mitgliedsstaaten selbst zukunftsgerichtete Investitionen tätigen, ohne dass diese vom einseitigen Sparkorsett des Stabilitätspaktes erdrückt werden.

Weiterführende Informationen:

AK-Positionspapier zum EFSI

Zusammenfassung der EFSI-2.0-Pläne der Kommission 2016

„Häufig gestellte Fragen“ und Antworten der Kommission zum EFSI