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Diese Woche veranstaltete das ÖGB Europabüro zusammen mit AK EUROPA und den britischen und schwedischen Gewerkschaften eine Podiumsdiskussion zum Thema „BREXIT“. Diskutiert wurde unter anderem, wie sich ein eventueller Ausstieg Großbritanniens aus der EU auf die ArbeitnehmerInnen auswirken würde, wie die Gewerkschaftsbewegung sich in der „BREXIT“-Frage positionieren wird, und wie man um eine EU kämpfen kann, die man in so vielen Punkten kritisieren müsse.

TUC - Steve TURNER: Cameron braucht die Gewerkschaften

Steve Turner, Europasprecher des britischen Gewerkschaftsbundes TUC, führte in die aktuelle Situation in Großbritannien ein: Es herrsche eine starke Desillusionierung über Politik im Generellen. Bei der Frage des BREXIT gäbe es die klassische Teilung in ein rechtes und ein linkes Lager nicht, da es sowohl auf der Linken als auch der Rechten Für- und GegensprecherInnen eines BREXIT gebe.

Auch die Regierung Cameron habe sich in der Frage noch nicht festgelegt. Das Referendum sei entstanden, weil die Tories UKIP etwas entgegenhalten wollten. Eine konsistente Strategie der Regierung gebe es jedoch nicht. Um den BREXIT zu verhindern brauche Cameron daher die Stimmen der ArbeitnehmerInnen und sei deshalb auf eine Kampagne der Gewerkschaften angewiesen.

Für den TUC stehe fest, dass die Gewerkschaften innerhalb der EU stärker seien. Er stehe daher vor der Herausforderung, die Menschen dazu zu motivieren, wählen zu gehen. Die Gewerkschaften müssten daher ein Narrativ finden, das die Menschen inspiriere und motiviere.

EGB - Esther Lynch: Kampagne für das Sozialprotokoll fahren

Auch Esther Lynch, politische Sekretärin des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB), zeigte sich überzeugt, dass die Interessen von ArbeitnehmerInnen auf europäischer Ebene am effektivsten in einem gemeinsamen Europa durchgesetzt werden könnten, da sonst die Gefahr bestehe, dass ArbeitnehmerInnen verschiedener Länder gegeneinander ausgespielt würden. Außerdem überträfe die Wirtschaftskraft einiger multinationaler Konzerne mittlerweile das BIP kleiner Volkswirtschaften, weshalb Nationalstaaten sich nur vereint dieser Übermacht entgegenstellen könnten.

Cameron habe eine schlechte Entscheidung getroffen, wenn er darauf zähle, die ArbeiternehmerInnen zu mobilisieren: Diese seien nach zahllosen Angriffen auf Sozial- und Arbeitsrechte demoralisiert und gegen ihn aufgebracht. Es stelle sich auch die Frage, wie Gewerkschaften für einen Verbleib in der EU kampagnisieren sollten, wenn sie selbst massive Kritik an ihr haben und in den letzten Jahren wenig Positives von dort gekommen sei. Deshalb müsse man u.a. eine Kampagne um die Verankerung sozialer Rechte auf EU-Ebene in Form eines Sozialprotokolls, also einer Ergänzung der EU-Verträge um soziale Rechte, fahren.

ÖGB - Erich Foglar: Lohn-, Steuer- und Sozialdumping sind, woran die EU tatsächlich leidet

Erich Foglar, der Präsident des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB), stellte zunächst fest, dass sich die Unzufriedenheit mit der EU aus verschiedenen Quellen speise: Die einen wollen in erster Linie weniger Bürokratie und die anderen ein sozialeres Europa. Bei vielen stelle sich die Frage: „Ist das die EU, die die ursprünglichen Erwartungen erfüllen kann? Bleibt sie eine „Freihandelszone de luxe“ oder tritt Solidarität endlich an dieselbe Stelle wie die vier Marktfreiheiten?“ Sozialpolitik werde bisher komplett vernachlässigt, der reine Fokus auf Wettbewerbsfähigkeit zieht sich wie ein roter Faden durch die gesamte EU-Politik. Dabei seien Grundrechte für ArbeitnehmerInnen und Löhne keine Wettbewerbshemmnisse.

Trotz aller Kritik: Ein Rückfall in den Nationalstaat würde die ArbeitnehmerInnen am schwersten treffen. Die EU sei daher an einem Scheideweg: Soziale Grundrechte müssen denselben Stellenwert wie die Marktfreiheiten bekommen. Lohn-, Steuer- und Sozialdumping seien, woran die EU tatsächlich leide. Es sei viel leichter, gegen die EU zu emotionalisieren, weil ArbeitnehmerInnen kaum Positives mit der EU verbinden: Etwa die Arbeit mit Null-Stunden-Verträgen in Großbritannien, oder die Zerstörungswut der Troika in Griechenland.

LO - Karl-Petter Thorwaldsson: Progressive Ideen und Lösungen finden

Laut dem Präsidenten des schwedischen Gewerkschaftsbundes, Karl-Petter Thorwaldsson, seien die schwedischen Gewerkschaften davon überzeugt, dass Großbritannien in der EU bleiben solle. Man solle sich fragen, ob man sich tatsächlich eine Verbesserung erwarte, wenn Großbritannien aus der EU aussteige. Man müsse daher die Fragen finden, die die Herzen der ArbeiterInnen treffen. Mit guten Argumenten müsse wieder Hoffnung auf eine bessere Zukunft gemacht werden. Dazu brauche es natürlich progressive Ideen und Lösungen für die Probleme der ArbeitnehmerInnen. Etwa bei der ArbeitnehmerInnen-Entsendung und der dadurch fallweise entstehenden Aushöhlung von arbeitsrechtlichen Standards: Dort wo gearbeitet wird, müssten die (länderspezifischen) Regelungen Gültigkeit haben und die entsprechenden Abgaben entrichtet werden.

Weiterführende Informationen:

Fotos von der Veranstaltung