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„Bessere Rechtsetzung“ im Sinne von Deregulierung und weniger Gesetzen ist zu einem europaweiten Trend geworden. Komplizierte Verwaltungsvorschriften, aber auch Sicherheitsstandards werden zunehmend als Wachstumshemmnis für die Wirtschaft und besonders KMU gesehen. Auch die Europäische Kommission ist auf den Trend auf gesprungen und hat am 19. Mai 2015 ein umfangreiches Paket zum Thema „Bessere Rechtssetzung in der EU“ vorgestellt. Zu befürchten ist allerdings, dass mit dem Programm wichtige Regelungen im Bereich Sozial-, Umwelt- und Verbraucherschutzstandards auf dem Prüfstand stehen und mit dem Argument des Bürokratieabbaus weitere Rechtsetzung in diesen Bereichen überhaupt blockiert wird. Zu diesem aktuellen Thema diskutierten Bernhard Achitz, leitender Sekretär des ÖGB, zusammen mit den EU-Abgeordneten Richard Corbett, Fabio De Masi und Claude Turmes sowie Gabriele Bischoff, Präsidentin der Arbeitnehmergruppe im EWSA.

Achitz: Rechtsetzung darf nicht nur im Sinne der Unternehmen stattfinden

Bernhard Achitz warnte zu Beginn der Diskussion davor, dass „Bessere Rechtsetzung“ im Sinne der Kommission nicht automatisch für bessere Gesetze steht. „Tatsächlich stammen viele der infrage gestellten Regeln aus dem Bereich des ArbeitnehmerInnen- und Gesundheitsschutzes. Unternehmen dürften nicht alleinige Profiteure der EU-Gesetzgebung sein. „Wer das Geld hat macht die Regeln“ könne nicht das Leitmotiv für Bessere Rechtsetzung sein.

Kommission will Macht mit neuer Interinstitutioneller Vereinbarung ausbauen

Teil des „Better Regulation“- Pakets vom 19. Mai 2015 ist der Vorschlag der Kommission für eine neue Interinstitutionelle Vereinbarung (IIV) über Bessere Rechtsetzung. Die Kommission plant darin den Gesetzgebungsprozess noch weiter zu formalisieren. Abweichungen von Kommissionsvorschlägen sollen in Zukunft schwerer möglich sein. Änderungen durch Rat oder EP sollen noch einmal durch ein bürokratisches Gremium evaluiert werden. Im Zentrum dieser sogenannten Folgenabschätzung stehen wieder die wirtschaftlichen Belastungen für Klein- und Mittelunternehmen. Bei den am Podium vertretenen Abgeordneten stieß dieser Vorschlag auf breite Ablehnung. Fabio De Masi (GUE) sah insbesondere das Instrument der Folgenabschätzung kritisch: „Folgenabschätzung misst nicht die „externalisierten Kosten“ von fehlender Regulierung, sondern nur die Kosten, die Unternehmen entstehen, wenn reguliert wird. Die externalisierten Kosten für die Gesellschaft bestehen etwa in Umweltschäden oder Finanzkrisen und werden ignoriert.“ Auch Gabriele Bischoff kritisierte: „Wir befinden uns in einem Prozess der De-politisierung. Daher ist die bessere Rechtssetzungsagenda jetzt besonders gefährlich. Es ist ein technokratischer Prozess, der die BürgerInnen Europas noch weiter frustrieren wird und ihnen nicht das notwendige Vertrauen in die EU zurückgeben wird. Wir sollten bessere Rechtssetzung als politisches Thema diskutieren und nicht als rein technisches.“

Better Regulation Watchdog

Anlässlich der Veranstaltung wurde auch die Arbeit des „Better Regulation Watchdog“ vorgestellt. Dieses Informationsnetzwerk wurde auf Initiative von AK, ÖGB und UNI Europa ein ins Leben gerufen, um den Prozess der „Besseren Rechtsetzung“ besser verfolgen zu können. Der Better Regulation Watchdog hat derzeit über 60 Unterstützerorganisationen. Die meisten davon sind in Brüssel vertretene Gewerkschaften (DGB, EGB, finnische Gewerkschaften, IndustriAll, etc.) oder NGOs (BEUC, Friend of the Earth, Financewatch). Auch neue Mitglieder sind weiterhin willkommen: http://www.betterregwatch.eu/

Weitere Infos:

Fotos von der Veranstaltung

Stellungnahme des EWSA

Brief an Frans Timmermans, Vizepräsident der EU-Kommission