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Diese Woche veranstaltete AK Europa gemeinsam mit dem ÖGB Europabüro und ALTER-EU eine Podiumsdiskussion zum Thema Lobbyregister und ExpertInnengruppen. Nach der Einführung eines freiwilligen Lobbyregisters und der Praxis, dass KommissionsfunktionärInnen der obersten Ebenen ihre Lobby-Termine veröffentlichen, diskutierten ExpertInnen und InstitutionenvertreterInnen die aktuellen Herausforderungen im Umgang mit Lobbying.

Julia Reda: „Transparenz ist nur der erste Schritt“

Julia Reda, Europaabgeordnete von der Piratenpartei, bemüht sich selbst um Transparenz und veröffentlicht alle ihre Kontakte mit LobbyistInnen. Sie berichtete über Lobbying rund um das Parlament.

Besonders problematisch sei es, dass Entwürfe für Richtlinien zuerst in ExpertInnengruppen mit LobbyistInnen diskutiert würden, und erst lange danach ParlamentarierInnen sich an den Debatten beteiligen könnten. Dadurch bestimmten LobbyistInnen, welche Fragen gestellt würden und beeinflussten dadurch die Lösungen mit.

Für Transparenz brauche es zusätzliche Kapazitäten, denn bisher gebe es nur 2 Angestellte für die Führung des Registers in der Kommission, während es vergleichsweise in Kanada für dieselbe Aufgabe 30 Angestellte gebe. Auch sei es an der Kommission, die anderen Institutionen zu mehr Transparenz zu bewegen – dabei stelle der Rat die größte Herausforderung dar.

Transparenz sei nur ein erster Schritt: Als Nächstes müsse die Überrepräsentation von Wirtschaftslobbies beendet werden, z.B. indem ExpertInnengruppen durch aktive Fördermaßnahmen ausgeglichener besetzt würden. Als Sanktion für Verstöße könne das Parlament Budgets von ExpertInnengruppen einfrieren. Um bei Transparenz etwas weiter zu bringen, sei öffentlicher Druck entscheidend. Deshalb liege es an allen, Bewusstsein für das Thema zu schaffen.

Martin Kröger: „Lobbying transparenter machen“

Martin Kröger, Leiter der Abteilung für Transparenz im Generalsekretariat der Europäischen Kommission, meinte, die Kommission sei weiterhin sehr engagiert, die derzeitige Situation in Bezug auf Lobbying zu verbessern. Es herrsche innerhalb der Europäischen Kommission breite Übereinstimmung darüber, dass Lobbying stattfindet. Grundsätzlich sei auch nichts dagegen einzuwenden, dass Gruppen versuchten, Entscheidungsprozesse zu beeinflussen. Es gehe darum, Lobbying transparenter zu machen.

Nun gehe es in der Diskussion darum, welche Maßnahmen adäquat seien. Die bevorzugte Variante der Europäischen Kommission sei es derzeit, dass LobbyistInnen registriert sein müssen, um Zugang zu den EU-Institutionen zu bekommen. Das wäre ein effektives System, wenn es auch umgesetzt würde. Martin Kröger betonte, dass ein neues System in erster Linie mit dem vorhandenen Personal und den finanziellen Mitteln machbar sein müsse.

Die Kommission versuche, mit den anderen Europäischen Institutionen Fortschritte im Bereich der Transparenz zu erzielen. Eine entsprechende interinstitutionelle Vereinbarung sei vorgesehen, die ab kommendem Jahr verhandelt werden solle. Als nächsten Schritt werde die Kommission eine öffentliche Konsultation zum Thema lancieren.

Aidan O'Sullivan: „Bisher gefällt uns diese Kommission“

Aidan O’Sullivan, Kabinettschef der Europäischen Ombudsfrau Emily O’Reilly, erwähnte in seinem Redebeitrag, dass die neue Ombudsfrau dem Thema Lobbytransparenz große Bedeutung beimesse und auf diesem Gebiet sehr aktiv sei. Die neue Juncker-Kommission sei bisher auf einem guten Weg. Wenn alle anderen EU-Institutionen ähnlich weit fortgeschritten wären wie die Kommission, stünde man beim sauberen Lobbying in der EU besser da.

Defizite verortete O’Sullivan insbesondere bei europäischen Institutionen wie der EZB, der EIB oder auch dem EuGH. Die schlagkräftigsten Lobbies seien aber auf der Ebene der Mitgliedsstaaten aktiv, wie man am Beispiel VW erkennen könne. Hier fehle es noch komplett an Transparenz und Regulierung.

Paul de Clerck: „Die Kommission lässt sich in acht von zehn Fällen von IndustrielobbyistInnen beraten“

Paul de Clerck von Friends of the Earth und ALTER-EU betonte, dass nach der Einführung des Lobby Registers durch die Kommission jetzt der nächste Schritt folgen müsse: Das Lobby Register müsse verpflichtend werden, dazu müsse es Anreize und Sanktionen geben, etwa dass Organisationen ohne Eintrag im Register der Zugang zu Gebäuden der Kommission verwehrt würde. Außerdem sollten alle Lobbytermine, nicht nur jene mit hohen FunktionärInnen, veröffentlicht werden.

Auch NGOs müssten sich um Transparenz bemühen: Daher habe ALTER-EU einen Ratgeber für NGOs veröffentlicht und empfehle ihnen, die Herkunft ihrer finanziellen Mittel zu veröffentlichen.

Die Veranstaltung wurde auch dazu genutzt, um auf eine brandneue AK-Studie zum Thema Lobbying hinzuweisen. Auch Transparency International nutzte die Veranstaltung, um auf eine aktuelle eigene Studie hinzuweisen, welche die offensichtlichen Mängel des derzeitigen freiwilligen Lobbyregisters deutlich macht. Weiters hat auch das Europäische Parlament eine aktuelle Studie zur Zusammensetzung von ExpertInnengruppen veröffentlicht, die im Rahmen der Veranstaltung auflag.

Weitere Informationen:

AK-Broschüre zu Lobbying in Brüssel

www.integritywatch.eu – Datenbank zu Lobbying in der EU von Transparency International

Studie des Europäischen Parlaments zu ExpertInnengruppen (englisch)

Fotos von der Veranstaltung