Nachrichten

Zurück
Das ÖGB Europabüro, AK EUROPA und UNI Europa veranstalteten diese Woche eine Podiumsdiskussion zum Thema „Digitalisierung“. Bei vollem Haus informierten sich die anwesenden Gäste über die Vorstellungen der Europäischen Union zum digitalen Binnenmarkt und die Auswirkungen auf Arbeitsplätze, Märkte und Verbraucher- und Sozialverhalten.

Katzian: „Der Vorschlag der Kommission ist kritisch zu sehen“.

Nationalrat Wolfgang Katzian, Vorsitzender der GPA-djp, eröffnete die Diskussion mit einer kurzen Keynote zum Kommissionsvorschlag: „Der Gestaltungsbedarf wird erkannt, die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und die soziale Absicherung bleiben – wie so oft im EU-Gesetzgebungsprozess - weitgehend unberücksichtigt“. Es muss gemeinsam mit den Sozialpartnern auf nationaler und europäischer Ebene eine Agenda für digitale Arbeit entwickelt werden, die das Gewicht auf soziale Verteilungsfragen legt. Außerdem benötige die EU dringend ein ArbeitnehmerInnen-Datenschutzrecht. „Wir wollen die zunehmende Digitalisierung nicht verhindern, möchten sie aber als Chance für gute Arbeit nutzen“, so abschließend Wolfgang Katzian.

Starke Belastung durch ständige Erreichbarkeit

Ursula Huws, Professorin an der Universität Hertfordshire, konnte aus ihrer Forschung von starken Belastungen der ArbeitnehmerInnen berichten, die die unzureichend regulierte Digitalisierung bisher mit sich bringt: „In jedem Arbeitsbereich findet eine Explosion von neuen Bezeichnungen statt, etwa „Sharing Economy“, „Crowdsourcing“. In jedem Sektor ist festzustellen, dass sich die ArbeitnehmerInnen einloggen müssen um ihrer Arbeit nachgehen zu können. Dies bedeutet, dass eine Vielzahl von Informationen bzw. Daten gesammelt und nach Indikatoren gefiltert werden können.“ Durch die ständige Erreichbarkeit würden Arbeits- und Freizeit immer weiter verschwimmen: „Firmen bzw. deren Mitarbeiter sollen immer online sein wobei sich dabei das Problem stellt ab wann für die Beschäftigten die Anwesenheit im Netz als Arbeitszeit gilt und wann nicht.“

Oliver Roethig, Regionalsekretär von UNI Europa schlug in eine ähnliche Kerbe: „Ein digitales Europa kann ein besseres Europa sein – ein Europa des wirtschaftlichen Wachstums mit guten Arbeitsplätzen und mehr sozialer Gerechtigkeit“. Der Nutzen der Digitalisierung stellt sich jedoch nicht automatisch her. Es benötigt gezielte politische Maßnahmen um die sozialen Potentiale der Digitalisierung voll auszuschöpfen.

Gemeinsame Erklärung von ÖGB, UNI Europa und GPA-djp

Anlässlich der Veranstaltung wurde auch eine neue Gewerkschaftsposition zu den Herausforderungen der Digitalisierung präsentiert: Gemeinsame Erklärung zu "Digitalisierung, Arbeit und Beschäftigung in der EU". Der ÖGB reagiert damit auf das enttäuschende Paket der Europäischen Kommission zum digitalen Binnenmarkt. In der Strategie der Kommission wurden die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und die einzelnen Beschäftigten bisher komplett ausgeklammert. ÖGB, UNI Europa und GPA-djp rufen daher dazu auf, eine umfassende Agenda zu entwickeln, die die Chancen der Digitalisierung für die ArbeitnehmerInnen und das europäische Sozialmodel erkennt.

EP-Abgeordnete unterstützen Gewerkschafts-Forderungen

Unterstützung fand die Erklärung im Europäischen Parlament. Die Abgeordneten Jutta Steinruck und Evelyn Regner (beide S&D) beteiligten sich auch an der Diskussion. Steinruck sah „aufregende Möglichkeiten für Wachstum in Europa.“ Sie warnte aber vor den Auswirkungen auf die Bereiche Arbeit und Beschäftigung. Diese dürften nicht aus den Augen verloren werden. Es sei die Rolle der EU, sicher zu stellen, dass die digitale Revolution zur wirtschaftlichen Entwicklung aber auch zu guten Jobs und mehr sozialer Gerechtigkeit beiträgt.

Die österreichische sozialdemokratische Abgeordnete, Evelyn Regner meinte: “Ich hoffe die Erklärung bewegt die Europäische Kommission dazu, mit einem breiteren Fokus an das Thema heranzugehen. Es muss sichergestellt werden, dass die großen Potentiale im Sinne der BürgerInnen umgesetzt werden.“ Besonders Arbeitsrechte und die Folgen für die Beschäftigten müssen im Blick behalten werden. Es dürfen die Arbeitsbedingungen nicht aufgrund der Digitalisierung nach untern gefahren werden.


Weiterführende Informationen:

Gemeinsame Erklärung von ÖGB, UNI Europa und GPA-djp

Fotos von der Veranstaltung