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Diese Woche präsentierten Kommissions-Vizepräsident Dombrovskis und Steuerkommissar Moscovici einen Aktionsplan gegen Steuervermeidung. Viele multinational tätige Konzerne haben in den letzten Jahren Strategien entwickelt, um unter Anwendung von zweifelhaften steuergesetzlichen Bestimmungen – z.B. im Rahmen von Doppelbesteuerungsabkommen – ihre Steuerleistungen auf Bagatellbeträge zu reduzieren. Das durch die Finanzkrise und die Veröffentlichung von Geheimdokumenten hervorgerufene öffentliche Interesse am unsolidarischen Verhalten mancher Firmen veranlasste die Juncker-Kommission dazu, Steuerpolitik zu einer ihrer Prioritäten zu machen. Ob die vorgestellten Vorschläge sinnvoll sind, wird von manchen bezweifelt.

Effektive Besteuerung von Firmen als Frage der sozialen Gerechtigkeit

Laut Kommission stammt das derzeitige Unternehmensbesteuerungssystem in den europäischen Ländern aus den 1930er Jahren. Es sei somit „veraltet und ineffizient“, da die Märkte und die Art der Produkte heute ganz anders seien. Das Ausnützen von Schlupflöchern durch Firmen führe, so die EU-Behörde, zu höheren steuerlichen Belastungen für die BürgerInnen, die die dadurch entstandenen Verluste durch eigene Steuerleistungen ausgleichen müssten.

Bereits im März legte Kommissar Moscovici den Vorschlag vor, schon ab 1.1.2016 sogenannte Steuervorbescheide automatisch zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission auszutauschen – AK EUROPA berichtete. Durch Transparenz sollten unfaire „Steuerdeals“ von Unternehmen mit den Finanzbehörden offengelegt und „Gruppendruck“ innerhalb der Union ausgeübt werden. Um den Plan umzusetzen, ist jedoch Einstimmigkeit im Rat erforderlich, der diese Woche in Luxemburg über den weiteren Fahrplan diskutiert hat.

Neuer Anlauf bei einheitlicher Bemessungsgrundlage – Steuerwettbewerb bleibt

Am Steuerwettbewerb in der EU wird weiterhin nicht gerüttelt, Steuerharmonisierung durch Mindeststeuersätze, wie u.a. vom Steuerexperten Otto Farny (AK Wien) diese Woche in Brüssel gefordert wurde, stehen derzeit nicht zur Debatte. Stattdessen soll der Steuerwettbewerb durch eine europaweit einheitliche Gewinnermittlung transparenter und vergleichbarer werden. Die Kommission plant, die sogenannte „Gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage“ (CCCTB), die seit einigen Jahren im Rat feststeckt, „wiederzubeleben“. Dazu wird ein mehrstufiger Ansatz gewählt: Zunächst sollen die Regeln für die Bemessungsgrundlage vereinheitlicht werden. Erst später wird dann die „Konsolidierung“ erfolgen, d.h. die gemeinsame Versteuerung für alle europäischen Teile desselben Konzerns. Gewinne in einem Land könnten so mit Verlusten in einem anderen auf einfachem Weg gegengerechnet werden, im Gegenzug soll es aber auch strengere Regeln für konzerninterne Verrechnungspreise - die bei Steuervermeidungskonstruktionen eine wesentliche Rolle spielen - geben. Ob der neue Ansatz wieder Bewegung in die Debatte im Rat, der einstimmig zustimmen muss, bringen kann, wird sich zeigen.

Transparenz für Konzerne verschoben, schwarze Liste der Steueroasen veröffentlicht

Die überparteilich geforderte länderbezogene Berichterstattung für Konzerne kommt in nächster Zeit nicht. Die Idee dahinter wäre, dass Konzerne ihre Abgabenleistung sowie andere Details offenlegen müssen. Unternehmen, die nur wenige Steuern bezahlen, müssten sich somit in der Öffentlichkeit rechtfertigen, was einen gewissen Druck erzeugen könnte. Aufgrund von datenschutzrechtlichen Bedenken (Betriebsgeheimnisse) will die Kommission hierzu eine öffentliche Konsultation durchführen, die bis in den September dieses Jahres für Eingaben offen sein soll.

Durch die neu erstellte „schwarze Liste“ mit den wichtigsten Steueroasen, darunter auch Liechtenstein und Monaco, will die Kommission politischen Druck auf Länder ausüben, die Firmen bei der Vermeidung von Steuerzahlungen in der EU helfen.

Weiterführende Informationen:

„Stand der Dinge im Kampf gegen Steuervermeidung“ im blog.arbeit-wirtschaft.at von AK und ÖGB