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AK EUROPA, das Brüsseler Büro der Bundesarbeitskammer Österreich, das ÖGB Europabüro, das Brüsseler Büro des Österreichischen Gewerkschaftsbundes und die Österreichische Notariatskammer luden diese Woche zu einer Veranstaltung unter dem Titel „Societas Unius Personae (SUP) – ein trojanisches Pferd?“. Hinter dem Titel versteckt sich ein von der EU-Kommission im April vorgelegter Gesetzesvorschlag, der nicht nur Unternehmen und UnternehmensgründerInnen betrifft, sondern vielmehr auch in nationale Standards im Gesellschaftsrecht eingreift und die Gefährdung von Mitbestimmungsrechten der ArbeitnehmerInnen mit sich bringt. Letzteres war auch der einhellige Tenor der Veranstaltung, die kontroversiell geführt, und wo am Ende festgestellt wurde, dass Europa einen neue Gesellschaftsform in dieser Form einfach nicht braucht.
Röpke: Der EWSA hat als erste europäische Institution den Vorschlag zur SUP mit breiter Mehrheit abgelehnt

Eingeleitet hat die Veranstaltung Oliver Röpke, Leiter des ÖGB-Europabüros, und zuständiger Berichterstatter im Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA). Der EWSA hat als erste europäische Institution den Vorschlag der EU-Kommission zur SUP mit breiter Mehrheit abgelehnt. VertreterInnen unterschiedlichster Interessenverbände stellten sich damals ebenfalls gegen den Vorschlag. Kein Wunder, so sind für die SUP kaum Mindeststandards vorgesehen, z.B. weder bei der ArbeitnehmerInnenmitbestimmung noch beim Stammkapital. Besonders kritisch ist daher auch die geplante Sitztrennung. Durch Online-Registrierung soll die SUP auch als bloße Briefkastenfirma in einem Mitgliedsstaat mit besonders niedrigen Standards gegründet und von dort aus, nach den Regeln des Gründungsortes, EU-weit tätig werden können. Was eigentlich der Stärkung des Binnenmarktes dienen soll, würde in Wirklichkeit grenzüberschreitende Scheinselbständigkeit und Geldwäsche begünstigen und einen Wettlauf um die niedrigsten sozialen und steuerrechtlichen Standards in Gang setzen.

Brandtner: SUP Vorschlag löste unter Mitgliedstaaten skeptische Reaktionen hervor

Thomas Brandtner, Abteilungsleiter im Sekretariat des Rates der Europäischen Union, sah in dem Kommissionsvorschlag eine Initiative zum richtigen Zeitpunkt, die aber auch unter den Mitgliedstaaten auf skeptische Reaktionen stoße.

Bydlinski: Die Gesellschaftsform der britischen Limiteds war bereits kein Erfolg

Sonja Bydlinski, Leiterin der Abteilung für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht im österreichischen Bundesministerium für Justiz und Vertreterin in der für die SUP zuständigen Ratsarbeitsgruppe, äußerte sich kritisch - so wie die österreichische Bundesregierung - zum Vorschlag der SUP und brachte dies in Zusammenhang mit der EuGH-Entscheidung „Centros“, die eine erste Schockwelle durch Europa geschickt hat und in Österreich und Deutschland zu einem starken Zuwachs von britischen Limiteds führte, die jedoch sehr rasch einen schlechtes Image hatten.

Värk: Estland sieht in SUP Beispiel einer modernen Gesellschaftsform

Kristi Värk, Vertreterin Estlands in der zuständigen Ratsarbeitsgruppe, erklärte die grundsätzlich positive Haltung Estlands gegenüber dem Vorschlag. Man sehe in der SUP ein sinnvolles Instrument für Unternehmen, um Gesellschaften einfach und grenzüberschreitend gründen zu können und als ein Beispiel für eine moderne Gesellschaftsform.

Guteland: SUP stellt klare Gefahr für Gewerkschaften und soziale Rechte dar

Jytte Guteland, Abgeordnete der sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, sah in der SUP eine konkrete Gefahr für die Rechte von ArbeitnehmerInnen, den Gewerkschaften und den soziale Rechten. Die SUP würde Möglichkeiten eröffnen, denen sich speziell unseriöse Unternehmen bedienen würden. Auch Steuervermeidung und Lohndumping würden begünstigt, was insbesondere im Lichte der jüngsten „Lux Leaks“-Affäre völlig unverständlich erscheine.

Gahleitner: Wenn wir uns ganz ehrlich sind, dann brauchen wir die SUP in Europa nicht

Helmut Gahleitner, Experte der Arbeiterkammer für das Dossier, sah in der SUP eine unschönes Geschenk der EU-Kommission, denn durch die notwendige Verankerung im nationalen Recht würde auch die österreichische GmbH unter enormen Druck kommen und sah damit in der SUP klar die Form eines trojanischen Pferds. Es sei absurd, so Gahleitner, im Zusammenhang mit der SUP noch von einer „Kapitalgesellschaft“ zu sprechen, in Wahrheit handle es sich um ein Vehikel zum Unterlaufen von sozialen und steuerrechtlichen Standards. Am Ende des Tages haftet nämlich nicht der/die GesellschafterIn, sondern die Allgemeinheit. Eindringlich wies er auch darauf hin, dass die ArbeitnehmerInnenmitbestimmung Teil der Europäischen Sozialmodels ist, die jedoch mit der SUP ausgehebelt werden kann.
Die vielen Wortmeldungen aus dem Publikum zeigten, dass das Interesse am Thema groß ist und die Meinungen zwischen der ArbeitnehmerInnen- und ArbeitgeberInnenvertretung bei der SUP sehr ähnlich sind. So fragte sich z.B. Gerhard Huemer, Direktor bei UEAPME, der europäischen Vereinigung der Handwerks-, Klein- und Mittelbetriebe, welche KMU denn die SUP fordern würden – diejenigen, die er vertrete, würden jedenfalls keinen Bedarf dafür sehen. Am ehesten würden wohl Konzerne profitieren, die über die SUP ihr tax engineering, also ihre steuerschonenden Konstruktionen, weiter verfeinern könnten. Besser kann man es nicht auf den Punkt bringen.

Michael Umfahrer, Notar in Wien und Präsident der Österreichischen Notariatsakademie, fasste in seinen Schlussworten die Ergebnisse der Diskussion zusammen und erinnerte nochmals an die grundsätzlichen Bedenken im Zusammenhang mit der SUP, speziell was die Rechtssicherheit für grenzüberschreitend mobile Unternehmen betrifft, denn diese wäre mit einer Sitzverlegungsrichtlinie viel besser Genüge getan.

Weiterführende Information:

AK Stellungnahmen zur SUP

EWSA Stellungnahme zur SUP

Stellungnahme der österreichischen Notariatskammer zur SUP