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Vor kurzem hat die Europäische Kommission mit dem „Jahreswachstumsbericht 2015“ ihre Vorstellungen für die europäische Wirtschafts- und Finanzpolitik präsentiert. Die wirtschaftspolitischen Annahmen, auf denen die jährliche Kommissions-Analyse beruht, ebenso wie die darin aufgezeigten Rezepte sind jedoch weder objektiv noch alternativlos. Um dies zu unterstreichen wurde diese Woche in Brüssel zum dritten Mal (nach 2012 und 2013) der sogenannte „Unabhängige Jahreswachstumsbericht“ vorgestellt. Bemerkenswertes Novum in diesem Jahr: erstmals ist die AK mit ihrer wirtschaftspolitischen Expertise als offizieller Kooperationspartner mit an Bord.
Die drei Forschungsinstitute OFCE (Paris), IMK (Düsseldorf) und ECLM (Kopenhagen), die den „Unabhängigen Jahreswachstumsbericht“ zusammen mit den AK ExpertInnen Marterbauer, Feigl, Rehm und Schnetzer verfassten, sagen - ähnlich wie übrigens auch die Europäische Kommission - mit 1,3% im Jahr 2015 und 1,6% für 2016 ein bestenfalls moderates Wachstum für die Eurozone voraus. Kein Wunder, dass die ExpertInnen auch bei der historisch hohen Arbeitslosigkeit (2016 in der Eurozone noch immer nicht unter 10%) keine Trendumkehr erkennen können, falls es bei der derzeitigen wirtschaftspolitischen Ausrichtung bleibt.
Hauptursache dafür, dass die Eurozone - anders als andere Wirtschaftsregionen wie z.B. die USA – noch immer vor sich hin dümpelt und die Arbeitslosigkeit sich immer mehr verfestigt, ist die verfehlte Budgetpolitik, die den Mitgliedsstaaten, unter der Ägide Deutschlands, von der EU übergestülpt wurde. Diese Austeritätspolitik verhindert notwendige öffentliche Investitionen und bremst damit das Wachstum. Von den Auswirkungen dieser Politik, die sich europaweit in Wellen bemerkbar machen, bleibt auch Österreich nicht verschont, das mit 0,7% im Jahr 2014 nur sehr schwach gewachsen ist. Ein weiterer Bremsklotz ist auch die weiterhin steigende Vermögenskonzentration in der Eurozone. Trauriges Resultat: Österreich ist Europameister bei der Vermögensungleichheit.
Der „Unabhängige Jahreswachstumsbericht 2015“ fordert daher einen Richtungswechsel für die europäische Wirtschaftspolitik. Der vom neuen Kommissionspräsidenten Juncker vorgestellte EUR 315 Milliarden-Investitionsplan erkenne zwar die Notwendigkeit eines Richtungswechsels an, sei aber nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Auch den von Juncker unterstellten Hebel von 1:15 (1 Teil öffentliches Kapital zieht 15 Teile privates Kapital an) wird von den AutorInnen als „Wunschdenken“ tituliert.
Die Wege aus der selbstverschuldeten Lähmung, die von den alternativen Wirtschaftsweisen vorgeschlagen werden, decken sich mit langjährigen Forderungen von AK und ÖGB. Das Gipskorsett des Fiskalpakts, der die Eurozone zu ersticken droht, sprengen, zumindest jedoch endlich die „goldene Investitionsregel“ verankern, die öffentliche Zukunftsinvestitionen aus der Berechnung der Maastricht-Kriterien ausnimmt. Und die private Nachfrage ankurbeln, indem die konsumfreudigeren unteren Einkommensgruppen steuerlich entlastet und die sparfreudigen oberen Gruppen stärker besteuert werden.

Weiterführende Informationen:

Der unabhängige Jahreswachstumsbericht 2015 (Nur in Englisch verfügbar)