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Vor ein paar Monaten erst endete das Hilfsprogramm für Portugal, auferlegt von der „Troika“, bestehend aus der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF). Nach harten finanziellen Korrekturen und Reformen belebt sich nun die Wirtschaft wieder. Ein aktueller Bericht der OECD stellte aber fest, dass weitere Maßnahmen notwendig sind und empfiehlt dem geplagten Land weitere Reformen. Leidtragende werden wieder die ArbeitnehmerInnen sein, als ob diese nicht schon genug schmerzhafte Einschnitte erleben mussten. Sogar die portugiesische Regierung nahm in letzter Zeit Maßnahmen, die sich klar gegen die ArbeitnehmerInnen richteten, zurück.
Allgemeinverbindlichkeit der Kollektivverträge schadet der Wettbewerbsfähigkeit und dem Export Portugals

Alle anderthalb bis zwei Jahre unternimmt die OECD eine umfassende Analyse der Volkswirtschaften ihrer Mitgliedsländer. Diese Woche präsentierte die OECD den Wirtschaftsbericht Portugals. Viel Medienecho erhielt der Bericht nicht, obwohl er brisante Details beinhaltet. So findet sich darin auch ein gezielter Angriff auf das Kollektivvertragssystem Portugals, das der OECD ein Dorn im Auge ist, sei es doch für die geringe Wettbewerbsfähigkeit und die Exportschwäche des Landes mitverantwortlich. Dazu muß man wissen, dass die Kollektivertragsverhandlungen auf Branchenebene zwischen ArbeitgeberInnenverbänden und Gewerkschaften in der Vergangenheit das wichtigste Element im portugiesischen Kollektivertragssystem waren. Nur wenige ArbeitgeberInnen schließen z.B. Kollektivverträge (KV) auf Unternehmensebene ab. Daher gab es traditionell in Portugal einen hohen Anteil kollektivvertraglich abgesicherter ArbeitnehmerInnen, was teilweise auch darauf zurückzuführen ist, dass KVs von der Regierung für allgemeinverbindlich erklärt wurden. Dieser hohe Standard wird nun von der OECD bemängelt und sie fordert sogar, dass es vermehrt zu Vereinbarungen auf Betriebsebene kommen und die Allgemeinverbindlichkeit der Kollektivverträge gänzlich abgeschafft werden soll. Die Troika hatte Gleiches im Sinne und die portugiesische Regierung folgte ihr zwar ursprünglich, revidierte aber vor kurzem diese Entscheidung und führte wieder die Allgemeinverbindlichkeit der KVs ein! Nun sieht es so aus, als ob die OECD der verlängerte Arm der Troika ist und deren Politik munter weiterführt. Man kann nur froh sein, dass die Empfehlungen der OECD nicht verbindlich sind.

Verringerung von Armut und Einkommensungleichheit muss in Portugal vorangetrieben werden


In ihrem Bericht befasst sich die OECD ebenfalls mit der eklatanten Ungleichheit der verfügbaren Haushaltseinkommen in Portugal. Mitgrund dafür sind auch die jüngsten Reformen im Rahmen der Haushaltskonsolidierung, die zwar die Hauptlast in Richtung der Haushalte mit hohen Einkommen verschoben, jedoch auch den untersten Einkommensgruppen erhebliche Verluste als Folge der Reformen zugefügt haben. Der Hauptgrund der Einkommensverluste bleibt aber die weiterhin hohe Arbeitslosigkeit von knapp 14%. Daher schlägt die OECD vor, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld unabhängig vom Alter gestalten wird und man die Zugangsvoraussetzungen zum Arbeitslosengeld reformieren soll, damit mehr Menschen davon abgedeckt werden. Vielleicht eine Maßnahme, die wirklich Sinn macht, im Gegensatz zum Angriff auf das Kollektivvertragssystem. Der Bericht der OECD lehrt uns, dass mit der Troika noch lange nicht das Ende von unliebsamen Reformvorschlägen gefunden wurde.

Weiterführende Information:

OECD Wirtschaftsbericht: Portugal 2014 (nur auf Englisch verfügbar)