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Die Europäische Kommission wird bei ihrer alltäglichen Arbeit regelmäßig von externen BeraterInnen in sogenannten ExpertInnengruppen unterstützt. Problematisch dabei ist, dass die überwältigende Mehrheit dieser BeraterInnen Konzerninteressen vertritt. AK und ÖGB haben in der Vergangenheit wiederholt auf diesen gravierenden Missstand hingewiesen. Auch das Europäische Parlament und die neu bestellte Europäische Bürgerbeauftragte Emily O’Reilly sehen diese Entwicklung sehr kritisch. So eröffnete kürzlich O’Reilly in eigener Initiative eine öffentliche Konsultation, um das Problem endlich in den Griff zu kriegen. AK und ÖGB beteiligten sich an dieser Konsultation, ebenso wie der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) und viele Organisationen der Zivilgesellschaft.
Großes Interesse an Veranstaltung

Aus diesem Anlass luden AK und ÖGB in Brüssel zu einer Podiumsdiskussion über die Allmacht von Big Business in den ExpertInnengruppen der Kommission. Mehr als 200 TeilnehmerInnen zeugten vom starken Interesse an diesem Thema. Auf dem Podium diskutierten Patrick Itschert, stellvertretender Generalsekretär des Europäischen Gewerkschaftsbundes; Rosita Agnew, Koordinatorin der Europäischen Bürgerbeauftragten; Ska Keller, Abgeordnete des Europäischen Parlaments für die Grünen; und Pascoe Sabido, Campaigner für das Lobbytransparenz-Netzwerk Corporate Europe Observatory.

Rege Teilnahme an der Konsultation

Eingangs erläuterte Rosita Agnew die Rolle des Europäischen Bürgerbeauftragten, der vom Europäischen Parlament gewählt wird. Agnew erwähnte, dass rund 56 Beiträge eingereicht wurden, davon ca. 15 von Gewerkschaften, 5 von Unternehmen und 21 aus der Zivilgesellschaft. Die Ergebnisse würden jetzt an die (neue) Kommission übermittelt. Die Kommission habe danach drei Monate Zeit um zu antworten. Deshalb sei damit zu rechnen, dass ihre Antwort in den ersten Monaten des Jahres 2015 vorliegt.

Fehlendes Spezialwissen in Kommission und Parlament


Ska Keller kritisierte darüber hinaus die mangelnde Transparenz in den ExpertInnengruppen. Jedoch sei es durchaus möglich Maßnahmen zu ergreifen, um die größten Probleme in den Griff zu bekommen. Ursache für die Unausgewogenheit der Gruppen, so Keller, sei, dass es der Kommission oft an nötigem Spezialwissen mangle. Ähnlich Probleme habe auch das Europäische Parlament. Das neuerliche Einfrieren der Budgetmittel für die ExpertInnengruppen sei zwar kurzfristig eine Lösung, besser sei es jedoch die Kommission zur Einsicht zu bringen.

Lob an öffentlichkeitswirksamer Initiative


Der Gewerkschaftsvertreter Patrick Itschert lobte die Initiative der Europäischen Bürgerbeauftragten ausdrücklich. Bereits die Einleitung eines Verfahrens sei als Erfolg zu werten, da sie den Druck auf die Europäische Kommission aufrecht erhalte und den Einfluss von Lobbygruppen deutlich mache. Als Hauptursache für die Missstände machte Itschert die institutionelle Kultur innerhalb der Europäischen Kommission verantwortlich, die Unternehmensinteressen privilegiere. Auch der Mangel an fachspezifischem Wissen und die fehlende Diversität beruflicher Hintergründe der MitarbeiterInnen nähre die Bildung „unternehmensnaher“ ExperInnengruppen.

Funktionsweise von ExpertInnengruppen hinterfragen


Pascoe Sabido von Corporate Europe Observatory hatte neben fundierter Kritik auch konkrete Verbesserungsvorschläge. Laut Sabido sollten ExpertInnengruppen dramatisch verkleinert werden. Weiters sollten diese Gruppen Expertise von unabhängigen ExpertInnen einholen und dann über notwendige Konsequenzen und Maßnahmenvorschläge diskutieren. Diese Gremien müssten streng paritätisch besetzt werden, um ein ausgeglichenes Meinungsbild zu garantieren.