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Am 29. Jänner stellte der EU-Kommissar für Binnenmarkt Michel Barnier den lang erwarteten Vorschlag für ein Trennbankensystem vor. Es geht dabei darum, die riskanten Aktivitäten von Großbanken vom Kerngeschäft (Einlagen und Kreditvergabe) zu trennen. Nicht zuletzt durch intensives Lobbying der Banken wurde der Entwurf jedoch so verwässert, dass die Risiken des Bankensystems damit kaum eingegrenzt werden.
Worum es geht

Viele Banken haben in den Jahren vor der Finanzkrise das Spekulieren auf eigene Faust zu einer ihrer Hauptbeschäftigungen gemacht und dabei ihr eigentliches Geschäft, die Verwaltung von Spareinlagen und die Finanzierung von Investitionen aus dem Auge verloren. Das ging solange gut, bis die Spekulationsblase platzte und die SteuerzahlerInnen in der Finanzkrise die Rechnung für die schiefgelaufenen Casino-Wetten der Banken bezahlen mussten.

Die Kommission, die über Jahre diese Fehlentwicklung durch ihre Liberalisierung der Finanzmärkte erst möglich gemacht hat, versprach unter dem Druck der Öffentlichkeit, das zu ändern. Eine von der Kommission eingesetzte Arbeitsgruppe unter der Leitung des Präsidenten der finnischen Zentralbank Erkki Liikanen legte in einem Bericht auch weitreichende Vorschläge vor. Im Kern sah der Bericht der Arbeitsgruppe vor, dass Banken in Zukunft nicht mehr mit dem Geld ihrer KundInnen spekulieren sollten. Dazu müsste das eigentliche Bankgeschäft (Verwaltung von Spareinlagen, Kreditvergabe an die produzierende Wirtschaft) vom Casinoteil, also dem Spekulieren der Bank zur Steigerung ihres Gewinnes, strikt getrennt werden. Hat sich die Casinoabteilung verzockt und kann deshalb ihre Schulden nicht mehr zahlen, dann könnte sie einfach in die Pleite geschickt werden, ohne Schaden für die kleinen SparerInnen oder die SteuerzahlerInnen.

Der Vorschlag der Kommission


Der diese Woche vorgestellte Vorschlag der Kommission weicht aber von den Empfehlungen ihrer eigenen Arbeitsgruppe ab. Er lässt den Banken nach wie vor die Möglichkeit, „Eigenhandel“ zu betreiben, wenn er einen „Bezug“ zu aktuellen oder zukünftig zu erwartenden „Kundenaktivitäten“ hat, was auch immer das zu bedeuten hat. Wie das künftig ausgelegt und kontrolliert werden soll steht in den Sternen. Genügt es z.B., dass eine Bank einfach nur behauptet, dass die ihre spekulativen Wetten etwas mit einer zukünftigen Geschäftsbeziehung zu tun haben?
Die Aufgabe, detailliertes Regeln dazu zu erarbeiten soll der europäischen Bankenbehörde EBA übertragen werden, die weitgehend der demokratischen Beteiligung des Europäischen Parlaments entzogen ist. Ob die Regeln also Substanz haben, wird der Technokratie überlassen. Weiters muss kritisiert werden, dass die in Zukunft zwar auf dem Papier „getrennten“ Kundenbankfillialen und Spekulationsbanken trotzdem enge wirtschaftliche Beziehungen zueinander unterhalten dürfen. Somit bleibt die Gefahr, dass der Investmentbankbereich den klassischen Bereich der Bank mit in den Abgrund reisst, bestehen.

Ein weiteres zentrales Problem des Kommissionsvorschlags liegt darin, dass von den neuen Regeln nur die 29 größten Banken der EU betroffen sein sollen, was viele weitere Akteure, deren Kollaps ebenfalls dramatische Auswirkungen haben würde außen vor lässt. Auch weitere nationale Ausnahmen sollen möglich sein. Der Kommissionsvorschlag sieht nämlich vor, dass Mitgliedsstaaten, die bereits „ähnliche Regeln“ beschlossen haben, von ihrem neuen Vorschlag gar nicht betroffen sind. Wer fällt einem da sofort als Hauptnutznießer ein? Erraten: Wieder mal Großbritannien und die City of London, die behaupten, dass sie schon längst schärfere Regeln als die jetzt von der Kommission vorgeschlagenen beschlossen haben. Unklar ist, ob auch Deutschland und Frankreich von dieser Regel betroffen sein werden.

Insgesamt zeigt sich wieder mal, dass die Kommission wenige Monate vor der Wahl zum Europäischen Parlament nicht den Mut aufbringt, den Banken entschlossen entgegen zu treten und eine ernsthafte Reform des Bankensektors anzugehen. Nun liegt der Ball beim Europäischen Parlament.

Zu ähnlichen Schlussfolgerungen kommt auch Finance Watch ein zivilgesellschaftliches-gewerkschaftliches Bündnis, dass als Gegengewicht zur einseitigen Dominanz der Expertise aus der Bankenlobby gegründet wurde (s.h. weitere Informationen).

Weitere Informationen:

Vorschläge der Kommission (EN)

Finance Watch

Kritik von MEP Sven Giegold