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Am 21. Jänner 2014 wurde der Bericht zur Sozialen Entwicklung und Beschäftigung von Laszlo Andor, dem Kommissar für Beschäftigung und Soziales, in Brüssel vorgestellt. Der Bericht belegt die dramatischen Auswirkungen der Spar- und Kürzungspolitik auf die soziale Situation der ArbeitnehmerInnen in Europa. Kritische Worte für diese Politik fand auch der Kommissar selbst und zeigte damit, dass auch innerhalb der Europäischen Kommission nicht alle einer Meinung über den eingeschlagenen Weg sind.
Arbeitsplätze keine Garantie gegen Armut

Der Bericht der Kommission macht eines klar, die soziale Krise ist alles andere als vorbei. Während einige ökonomische Indikatoren in eine positive Richtung zeigen und die Hausse an den Finanzmärkte wieder munter weitergeht, als hätte es nie eine Krise gegeben, steigt in Europa nach wie vor die Armut. Besonders erschreckend ist dabei die Tatsache, dass auch Arbeitsplätze heute keine Garantie mehr gegen Armut sind. Die Studie belegt, dass nur knapp die Hälfte armutsgefährdeter Personen, die einen Job findet, dadurch auch der Armut entfliehen kann. Laszlo Andor begründete diesen Sachverhalt mit sinkenden Haushaltseinkommen in Europa sowie steigender Teilzeitbeschäftigung. Die nun auch in manchen südeuropäischen Ländern fallenden Arbeitslosenzahlen führen also nicht unbedingt zu einer Verbesserung der sozialen Situation.

Eine weitere beunruhigende Erkenntnis die der Bericht zu Tage fördert, sind die nach wie vor bestehenden Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern. Zwar haben sich die Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern im Zuge der Krise geringfügig geschlossen, wie der Bericht ausführt. Das ist aber nur dem traurigen Umstand zu verdanken, dass besonders männlich geprägte Branchen am stärksten von der Krise betroffen sind. Insgesamt sind die Unterschiede aber nachhaltig und nur einigen wenigen, insbesondere nordischen Ländern gelingt es, eine hohe Frauenbeschäftigungsrate mit einem wesentlich geringeren Unterschied in den Einkommen zu gewährleisten. Andor schloss daraus, dass es neben einer gleicheren Verteilung der Arbeitszeit zwischen Männern und Frauen, Anreize für eine gleichberechtigte Aufteilung unbezahlter Hausarbeit ebenso benötigt, wie arbeitsfreundliche und leistbare Kinderbetreuung.

Scharfe Kritik an Politik der „Inneren Abwertung“


Der Bericht und seine Präsentation durch Laszlo Andor kann auch als implizite Kritik an seinem Kollegen dem Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn und der vorherrschenden Wirtschaftspolitik in Europa verstanden werden. Während Rehn in sinkenden Haushaltseinkommen und der Flexibilisierung der Arbeitsmärkte einen Erfolg sieht, der euphemistisch bezeichnet durch „innere Abwertung“ die Wettbewerbsfähigkeit der Krisenländer wieder herstellt, machte der Kommissar für Soziales deutlich, dass eine solche Politik die innere Nachfrage abtötet und zugleich zu unzumutbaren sozialen Folgen führt. Andorprach er davon, dass die Politik der „inneren Abwertung“ nicht zuletzt an ihre sozialen Grenzen stößt und es europäische Instrumente brauche, um solche krisenhafte Schocks in Zukunft gemeinsam bearbeiten zu können.

Auch jenen die die Schuld für die Arbeitslosigkeit nicht in der Krise, sondern bei den Arbeitslosen suchen, nahm Andor den Wind aus den Segeln. Empirisch beweist die Studie, dass die finanzielle Unterstützung von Arbeitslosen durch die öffentliche Hand nicht nur das Einbrechen der Nachfrage abschwächt, sondern es auch wesentlich wahrscheinlicher macht, dass jemand wieder einen Job findet. Das genaue Gegenteil ist der Fall. Arbeitslose liegen nicht einfach auf der faulen Haut, wenn ihnen eine finanzielle Unterstützung zu teil wird.

So eindeutig die Erkenntnisse des Berichts sind, so wenig werden sie wohl in die konkrete Politik der Kommission einfließen, die trotz aller politischer, wie wissenschaftlicher Kritik unvermindert an ihrer Spar- und Kürzungspolitik festhält.

Weiterführende Informationen:

Bericht zur Sozialen Entwicklung und Beschäftigung (EN)