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Der Schutz von mehr als 1,2 Millionen entsandter ArbeitnehmerInnen innerhalb Europas stand diese Woche beim Treffen der Beschäftigungs- und SozialministerInnen ganz weit oben auf der Tagesordnung. Die Mitgliedstaaten konnten sich nach zähen Verhandlungen einigen und fanden einen Kompromiss, der zukünftig garantieren soll, dass z.B. Kontrollmaßnahmen durchgeführt werden können, die in den Mitgliedstaaten zur Aufdeckung illegaler Entsendungen angewandt werden können. Auch eine Generalunternehmerhaftung wurde ausverhandelt, damit entsandte ArbeitnehmerInnen ihre ausstehenden Ansprüche, wie Löhne oder Sozialversicherungsbeiträge, nun nicht nur bei ihren direkten ArbeitgeberInnen, sondern auch bei deren AuftraggeberInnen einklagen können.
Entsandte ArbeitnehmerInnen müssen vor Ausbeutung geschützt werden

Technisch gesehen sind entsandte Arbeitskräfte Personen, die im Auftrag ihres Arbeitgebers ihre Beschäftigung für einen begrenzten Zeitraum auf dem Hoheitsgebiet eines EU-Mitgliedstaates ausüben, der nicht jener Staat ist, in dem sie für gewöhnlich arbeiten. In der EU gibt es geschätzte 1,2 Millionen entsandte Arbeitskräfte (weniger als 1 % der EU-Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter). Am häufigsten genutzt wird die Möglichkeit der Entsendung in der Baubranche (25 %), vor allem von kleinen und mittleren Unternehmen. Bis dato regelte die Entsenderichtlinie aus dem Jahre 1996 die sozialen Rechte der entsandten Personen und sollte Sozialdumping verhindern, wenn Unternehmen diese Dienstleistungsfreiheit nutzen. Da es jedoch immer wieder zu praktischen Problemen bei der Anwendung der EntsendeRL kam, schlug die Europäische Kommission im März 2012 eine Durchsetzungsrichtlinie für die Umsetzung, die Überwachung und die praktische Durchsetzung vor, damit die Entsenderichtlinie von 1996 verbessert und erleichtert werde. Mehr als eineinhalb Jahre wurde nun über diese Durchsetzungsrichtlinie verhandelt, um die entsandten ArbeitnehmerInnen vor Ausbeutung zu schützen.

Kontrollmaßnahmen der Behörden dürfen nicht eingeschränkt werden

Wichtigster Punkt der Einigung im Rat war die Regelung über jene Kontrollmaßnahmen, die in den Mitgliedstaaten zur Aufdeckung illegaler Entsendungen angewandt werden können. Damit können die Mitgliedstaaten auf neue Tricks unlauterer Unternehmen zukünftig reagieren. Eine sogenannte "geschlossene Liste" an Kontrollmaßnahmen konnte verhindert werden. Geschlossene Listen hätten die Möglichkeiten der nationalen Aufsichtsbehörden eingeschränkt. Der Rat hat nun einer Regelung zugestimmt, die es den Mitgliedstaaten ermöglicht, effektiv zu kontrollieren und zu sanktionieren. Gleichzeitig wurde aber die Rechtssicherheit der Unternehmen gewahrt, indem die Kontrollmaßnahmen von den Behörden im Vorhinein bekannt gegeben werden müssen. Damit kann auch Österreich bestehende Regelungen zur Bekämpfung von Schwarzarbeit oder Missbrauch beibehalten, im konkreten Falle das in Österreich bereits beschlossene Gesetz gegen Lohn- und Sozialdumping.

Generalunternehmerhaftung kommt

Mit der erzielten Einigung zur Generalunternehmerhaftung soll verhindert werden, dass Auftraggeber mit Hilfe windiger Subunternehmer zum BeispielSicherheitsstandards unterlaufen oder Angestellte um ihre Löhne prellen. Weiters wurde erreicht, dass entsandte ArbeitnehmerInnen ausstehende Ansprüche, wie Löhne oder Sozialversicherungsbeiträge, nun nicht nur bei ihren direkten ArbeitgeberInnen, sondern auch bei deren AuftraggeberInnen einklagen können, welche dafür haften. Die Mitgliedstaaten können dieses Prinzip nach dem Beschluss der MinisterInnen auch auf andere Branchen ausdehnen oder vergleichbare Regelungen zum Schutz von ArbeitnehmerInnen finden. Österreich hat bereits seit längerem eine Generalunternehmerhaftung eingeführt.

Rat und EU-Parlament müssen sich nun einigen

Nach der Abstimmung im Ausschuss des Europaparlaments im Juni und der Einigung im Rat werden nun die Verhandlungen zwischen Parlament und Rat starten. Eine baldige Einigung ist zu erwarten.

Weiterführende Information:

Presseaussendung der litauischen Präsidentschaft zur Einigung bei der Durchsetzungsrichtlinie zur Entsenderichtlinie (nur auf Englisch)