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Die Europäische Kommission hat am 25.11.2013 einen Vorschlag zur Überarbeitung der Richtlinie über das gemeinsame Steuersystem von Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener EU-Mitgliedsstaaten vorgestellt. Laut dem zuständigen Kommissar Algirdas Šemeta soll so systematischer Steuervermeidung durch multinational agierende Unternehmen ein Riegel vorgeschoben werden. Prinzipielles Ziel der Richtlinie ist es, dass innerhalb der EU erwirtschaftete Gewinne nicht durch künstliche Verschiebungen zwischen den Mitgliedsstaaten unbesteuert bleiben.
Bedarf für neue Regulierung

Im Jahre 2011 hat die Europäische Kommission die so genannte „Richtlinie über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedsstaaten“ erlassen.

In der Zwischenzeit hat sich aber herausgestellt, dass diese Richtlinie von 2011 erhebliche Probleme mit sich bringt und transnational agierenden Unternehmen die Möglichkeit gibt, ihre Gewinne großflächig der Besteuerung zu entziehen.

Globaler Kontext des Vorschlags

Kommissar Šemeta wies mehrmals darauf hin, dass der Vorschlag der Kommission im Kontext globaler Initiativen gegen Steuerbetrug, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung steht. Inhaltlich sei er an das „BEPS“-Konzept der OECD angelehnt, welches in vorherigen Newsletter-Artikel bereits behandelt wurde.

Auch auf den jüngsten Treffen der G8 und G20 war diese Thematik nicht nur auf der Tagesordnung, sondern ist durchaus in die Abschlusserklärungen miteingeflossen. So haben sich beispielsweise die Staats- und Regierungschefs der G8 im Juni 2013 auf ein gemeinsames Vorgehen gegen die Aushöhlung der Bemessungsgrundlagen für die Unternehmensbesteuerung ausgesprochen.

Wie funktioniert Steuervermeidung?

Die Online-Versandbörse „Amazon“ bedient sich beispielsweise geschickt bestimmter rechtlicher Schlupflöcher. So werden rund 8,7 Milliarden Euro des in der Tochtergesellschaft in Deutschland erwirtschafteten Umsatzes an die Muttergesellschaft nach Luxembourg verschoben. Der Grund dafür ist einfach: Konzernintern selbst verlangt die Mutter- von der Tochtergesellschaft Lizenzgebühren. Diese werden vom Umsatz in Deutschland abgezogen, was die dortige Steuerlast erheblich verringert und dann direkt nach Luxembourg überwiesen, wo Lizenzgebühren nicht steuerpflichtig sind. Daraus entsteht das Phänomen der so genannten „doppelten Nichtbesteuerung“. Der deutsche Fiskus bekommt lediglich 3,2 Millionen Euro an Steuern, weil Amazon geschickt Schlupflöcher zwischen den europäischen Steuersystemen durch aggressive Steuerplanung ausnützt.

Mit diesen durchwegs legalen Strategien verringern Großkonzerne ihre Steuerabgaben enorm, während die Steuerlast für breite Teile der Gesellschaft immer dramatischer ansteigt.

Was wird geändert?

Die Kommission möchte unter Algirdas Šemeta nun zwei zentrale Änderungen vornehmen.
Erstens darf die in der „Mutter-Tochter-Richtlinie“ von 2011 inkludierte Steuerbefreiung nicht für Gewinne gelten, welche bereits im Quellenmitgliedsstaat abzugsfähig waren. Zweitens pocht die Kommission auf die Einführung einer europäisch einheitlichen Missbrauchsbekämpfungsklausel. Diese wurde schon im Aktionsplan der Kommission im Dezember 2012 angekündigt und soll nun für die „Mutter-Tochter-Richtlinie“ neu adaptiert werden, um aggressiver Steuerplanung von Unternehmen entgegenzutreten. Die konkrete Ausgestaltung dieser Missbrauchsbekämpfungsregel bleibt aber im Kommissionsvorschlag noch aus.

Bezüglich der Folgeabschätzungen für die angestrebten Änderungen liegen noch keine seriösen Daten vor. Es ist also derzeit nicht gänzlich klar, wie viel an Mehreinnahmen sich die EU-Mitgliedsstaaten erwarten dürfen.

Nur ein kleiner Schritt

Der Vorschlag der Kommission ist grundsätzlich als positiv zu beachten, da er auf die Schließung von Schlupflöchern zwischen den nationalen Steuersystemen abzielt, welche von Unternehmen systematisch ausgenützt werden, um ihre Gewinne großteilig unversteuert einfahren zu können.

Leider geht die Kommission unter Algirdas Šemeta nicht weit genug mit ihrer neuen Richtlinie. So hat das Europaparlament bereits eine Mindestbesteuerung von 16 % auf ausgeschüttete Gewinne eingefordert, was bisher in der Kommission noch kein Gehör gefunden hat. Nicht zuletzt bedarf es europaweit einheitlicher Mindeststeuersätze für Unternehmensgewinne, um den Steuerwettlauf unterhalb der EU-Mitgliedsstaaten besser bekämpfen zu können.

Es wird sich auch zeigen, ob Länder wie Luxembourg, die Niederlande oder Irland den Vorschlag Šemetas tatsächlichen billigen werden, da sie doch durch die enorm niedrigen Unternehmenssteuern den Steuerwettlauf am stärksten fördern und gleichzeitig auch die größten Vorteile daraus ziehen.

Weitere Informationen:


Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission