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Die Europäische Kommission hat unter dem zuständigen Kommissar Michel Barnier der Generaldirektion Binnenmarkt und Dienstleistungen eine Mitteilung veröffentlicht, welche insbesondere bei deutschen Wirtschaftsverbänden für Unmut sorgte. Grund ist die Diskussion der Frage, bei welchen Berufen es derzeit nationale Beschränkungen bezüglich der Ausübung gibt bzw. zukünftig geben soll. Während die Kommission beteuert, es würde sich lediglich um einen Versuch handeln, erhöhte Transparenz zu schaffen, befürchten deutsche WirtschaftsvertreterInnen einen Angriff auf die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands.
Nationale Bestimmungen vs. Mobilität?

Am 2. Oktober 2013 präsentierte die Generaldirektion Binnenmarkt und Dienstleistungen der Europäischen Kommission eine neue Mitteilung hinsichtlich des Zugangs zu national reglementierten Berufen. Gemeint sind damit etwa Berufssparten wie ArchitektInnen oder ApothekerInnen, für deren Ausübung in den EU-Mitgliedstaaten derzeit eine große Bandbreite an unterschiedlichen Bestimmungen existiert. Um in derartigen Bereichen tätig sein zu dürfen, bedarf es genau definierter Qualifikationen, welche wiederum in den meisten Nationalstaaten unterschiedlich ausgeprägt sind.

Die Kommission versucht in ihrer Mitteilung zu betonen, dass diese nationalen Bestimmungen durchaus ihre prinzipielle Berechtigung haben. Sie können zum Beispiel erhebliches für den KonsumentInnenschutz leisten, indem sie eben durch den reglementierten Zugang für einen bestimmten Qualitätsstandard sorgen.

Auf Basis der Bestrebungen zur so genannten „Vollendung des Binnenmarkts“ äußert die Kommission jedoch Bedenken, ob diese nationalen Regulierungen in diesem Zusammenhang tatsächlich zielführend seien. Mehr noch ortet sie unnötig erschwerte Zugangshürden für junge ArbeitnehmerInnen in ihrem Heimatland aufgrund der von der Kommission vermuteten abschreckenden Wirkung derartiger Beschränkungen. Insbesondere die Mobilität innerhalb der Europäischen Union sei aber besonders gefährdet, da die mangelnde Kenntnis der jeweils anderen nationalen Bestimmungen für potentielle Migrationsbewegungen Europäischer BürgerInnen noch hemmender wirken würden.

Kernelemente der Mitteilung

Dezidiert erwähnt die Kommission die völlige Harmonisierung nationaler Zugangsbeschränkungen zu reglementierten Berufen nicht, jedoch fordert sie die Mitgliedstaaten auf, in einem ersten Schritt für mehr Transparenz zu sorgen. So soll für jedes Mitgliedsland eine Liste der reglementierten Berufe erstellt werden, welche wiederum von der Kommission zu einer „Europakarte der reglementierten Berufe“ zusammengeführt und diese dann veröffentlicht würde.

In einem zweiten Schritt pocht die Kommission auf eine selbstständige Evaluierung dieser Zugangsbeschränkungen durch die Mitgliedstaaten selbst. Sie sollen gemeinsam deren wirtschaftliche Sinnhaftigkeit diskutieren und etwaige Reformen anstreben. Dabei ist auch angedacht, Vertreter der betroffenen Berufsverbände einzubinden.

Kritik des deutschen Handwerks

Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zentralverbands des deutschen Handwerks, äußerte sich besorgt und kritisch gegenüber dieser Mitteilung der Kommission. Der im Kommissionspapier angesprochene Fachkräftemangel in Europa könne so nicht effizient bekämpft werden. Vielmehr würden nationale Erfolgskonzepte wie beispielsweise das duale Ausbildungsmodell Gefahr laufen, durch Harmonisierungsbestrebungen verschlechtert zu werden.

Das bisherige System hätte unter anderem zur guten Position Deutschlands in der Krise beigetragen, während die von der Kommission angedachte Reform die deutsche Wettbewerbsfähigkeit gefährden könnte. Besonders beunruhigt zeigte man sich hinsichtlich der Qualitätssicherung von Handwerksprodukten. Einheitliche Europäische Bestimmungen des Zugangs zu bisher reglementierten Berufen kämen einer Verwässerung der deutschen Qualitätsstandards gleich.

Wie weiter?

Bisher ist im Grunde noch nichts Substantielles geschehen. Die Kommission hat in diesem Bereich keine Gesetzesinitiative gestartet. In der Mitteilung findet sich keine Passage, wo eine einheitliche Regelung der nationalen Zugangsbeschränkungen reglementierter Berufe eingefordert wird. Die Besorgnis des Zentralverbands der deutschen Handwerksberufe ist aber dennoch nicht einfach aus der Luft gegriffen. Denn die geäußerten Bedenken entspringen vor allem der Unsicherheit über die genaueren Absichten der Kommission bzw. potentieller Auswirkungen derartiger Transparenz- und Evaluierungsbestrebungen.

Auch bei der Diskussion rund um die Konzessionsvergaberichtlinie beteuerte die Kommission, lediglich Transparenz schaffen zu wollen. Bei genauerer Analyse wurde aber schnell klar, dass damit das implizite Ziel „mehr Wettbewerb“ gemeint war.

Es bleibt abzuwarten, welche Diskussionsprozesse der neue Kommissionsvorschlag nach sich zieht und ob die Kommission selbst noch weitere Initiativen starten wird.

Weiterführende Informationen:

Mitteilung zur Evaluierung nationaler Beschränkungen des Zugangs reglementierten Berufen